Hä? What?! Doch, doch. Du hast richtig gelesen. Sardinien = Strandurlaub? Mööööp! Oder eher: Määääähp! Viel zu kurz gesprungen! Wie? Du hast Fakten? Sardinien liegt im Mittelmeer, hat ausschließlich Wasser drumrum, über 1.800 km Küstenlinie und endlos viele schöne Strände?

Ok, ok. Faktisch ist Sardinien eine Insel. Das ist aber auch schon alles. Die Essenz, was Sardinien wirklich ist, hat ganz wenig mit dem Meer zu tun. Und wer landestypisch urlauben will, muss sich genau von dieser Vorstellung verabschieden. Klingt komisch, ist aber so.

„Sommer, Sonne, Strand“ ist nur ein Bruchteil dessen, was dich auf Sardinien erwartet.

Das schwarze Schaf reist und guckt und entdeckt tausend und mehr Alternativen …

Sardinien – der endlose Kontinent und eine Insel für Landratten

„Kleiner Kontinent“ – tausendmal gelesen, und immer noch richtig. Wenn’s denn nur jeder verstehen würde. Kontinente bestehen hauptsächlich aus Land. Nicht aus Meer.

Der Slogan der autonomen Region Sardinien meint aktuell: Endless Island – Unendliche Insel. Das schwarze Schaf – um starrköpfig in seinem Bild der Nicht-Insel zu bleiben – meint sogar: Endloser Kontinent – und wähnt sich damit inhaltlich auf der goldrichtigen Spur.

Sardinien ist so gesehen nämlich ein klein bisschen wie Australien: Die beliebtesten und bekanntesten Orte sind an der Küste. Aber wer das Land kennenlernen will, kommt nicht umhin, einmal mitten durch zu gondeln und entdeckt landschaftlich und kulturell deutlich beeindruckenere Perlen.

Hier gibt es Landschaften, in denen du stunden- und tagelang abtauchen kannst, ohne Wasser auch nur zu erahnen.

Bevor du jetzt Schnappatmung bekommst: Nur zwei winzige Orte auf Sardinien sind weiter als 50 Kilometer Luftlinie vom nächsten Meer entfernt: Bultei ist der „binnenlandigste“ Punkt; Anela liegt nur einen Katzensprung entfernt und ist den meisten so unbekannt wie nur irgendwas.

Für den gesamten Rest der Insel bedeutet das: In 1-2 Stunden bist du am Meer. Manchmal über ne Schnellstraße, manchmal über endlos lange Serpentinen. Touristen scheuen deswegen eine Unterkunft im Hinterland. Falsch, fälscher, am fälschesten.

Garantiert untouristisch: die historische Region Goceano

Gerade im Inselinneren wohnt es sich mega entspannt. Wer das einmal ausprobiert hat, kann sich nur schwer wieder in den Trubel der Küste stürzen (zumindest gilt das für die Hauptsaison).

Bleiben wir kurz in der historischen Region Goceano, rund um den erwähnten Ort Bultei.

Wer garantiert untouristische Ausflugsziele sucht, ist hier richtig: Bono, Benetutti, Bultei, Anela, Nule, Esporlatu, Illorai, Burgos, Bottidda. Kennt keine Sau, sind aber schön und es gibt sogar was zu sehen. In Benetutti zum Beispiel eine Nekropole mit prähistorischen Graffiti, ein Reiterfest und open-air-Wellness.

Prähistorisches Graffiti im domus de jana bei Benetutti

Burgos ist auch ziemlich toll, die Burg zwischen Berg und Tal ist eine der wichtigsten in ganz Sardinien und von allen Seiten sehr pittoresk. Dem Schaf ist einigermaßen schleierhaft, dass über viele Jahrhunderte alle das Hinterland super fanden – bloß heute die Touristen nicht.

Vorteil des Goceano zudem: Verkehrsgünstig gelegen. Von hier aus erreichst du nicht nur das Meer in kurzer Zeit, sondern auch die Schnellstraße SS 131 und über diese kannst du sternförmig in die ganze Insel ausschwärmen. Da gibt es unendlich viel zu entdecken:

Super unterschätzt: der Sarrabus. Eine Reise wert.

Fahr ruhig mal 20, 30, 100 Kilometer. Folge Schildern am Straßenrand und wohne bei Einheimischen. Mit einer ausgedehnten Fahrt durchs Hinterland kann man echt nur wenig verkehrt machen. Erstens führt dich das meistens durch grandios schöne Landschaften. Zweitens ist es deutlich abwechslungsreicher als der zehnte Tag in Folge am Strand.

Und du lernst die ungekünstelte, ehrliche Gastfreundschaft der Sarden kennen. Da kann (fast) jedes Sternehotel an der Costa einpacken.

Möglicherweise landest du in einem Ort wie Ulassai, in dem du nicht das vorfindest, was du erwartest. Oder du findest in Urzulei ein Pferd an der Bar vor, obwohl da gerade ein internationales Festival stattfindet. Oder die Straße, die Google empfiehlt, ist gesperrt und du landest auf Umwegen in Orgosolo mit seinen tollen Murales.

Sardinien … soooo viel zu sehen!

Das gehört so. Es tut gar nicht weh, sich andere Lebenskonzepte, Gebräuchlichkeiten und Kulturen näher anzuschauen. Das kann durchaus den eigenen, von der Eigentümlichkeit der Heimat beschränkten Horizont erweitern.

Das sardische Volk ist jedenfalls so „uninselig“ wie glaube ich kein zweites auf dieser Welt. Sarden lieben das Land, den Boden, die Erde. Wer das versteht, dem öffnen sich Türen und manchmal auch Herzen. Vielleicht bin ich deswegen auch im zehnten Jahr immer noch hier. Auch wenn ich geborenes Küstenkind bin, stehe ich immer mit einem Bein fest auf der Erde. Sardinien ist genau deswegen eine ideale zweite Heimat für mich.

Wer aber nur des Meeres wegen gar nach Sardinien auswandern will, ist (wenn er nicht gerade altersschwach ist und die Lebensjahre vom Haus aufs Meer gucken möchte) aus des Schafes bescheidener Sicht falsch gewickelt.

Stellen wir fest: Sardinien ist määähr als Meer! Und wer nur am Strand schimmelt und sich an der Küste aufhält, verpasst mehr als die Hälfte.

Also, ab durch die Mitte!

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