Cagliari. Der perfekte Ort für eine entspannte Städtereise. Die Stadt im Süden Sardiniens ist alles: ein bisschen Sardinien, ein bisschen Italien, ein bisschen Nordafrika. Urban, städtisch, weltoffen. Gleichzeitig ein Paradies für Naturfreunde. Eine Stadt zum Verlieben und für Verliebte.
Für das schwarze Schaf ist Cagliari die schönste Inselhauptstadt der Welt (egal, wenn es die anderen noch nicht alle kennt).
In Cagliari (das spricht sich in etwa Kall’jarie, betont wird die erste Silbe) kannst du gut essen, feiern, leben. Für alle Geschmäcker und jedes Alter findet sich etwas zur Tages- und Abendbeschäftigung.
Das schwarze Schaf gibt hier Tipps, wann und wie du dich am besten in der »Città di Caralis« – die einer Legende nach vom Sohn Apollos und einer Nymphe gegründet worden sein soll – bewegst.
Außerdem verrät es ein paar seiner Lieblingsplätze. Aber wirklich nur ein paar. Denn die besten Dinge erlebt und findet man wie überall auf Sardinien immer noch selbst, planlos und der Nase nach 🙂
Der (für mich) beste Monat für die Stadt ist der Juni, oft auch der Mai. Das Dolce Vita wabert durch die Straßen, ein Hauch von Afrika umgibt dich. Du sitzt im T-Shirt draußen an der alten Stadtmauer im Castello-Viertel und frühstückst in einer der netten Bars, gehst Shoppen in den kleinen Läden im Marina-Viertel oder rund um die Via Dante, in der die Jacaranda-Bäume blühen. Du trinkst abends einen Aperitivo in der Via Roma oder auf der Piazza San Domenico im gemütlichen Viertel Villanova … Einfach alles fühlt sich an wie Urlaub. Mehr geht nicht.
Im frühen Frühling ist es in Cagliari oft wärmer und trockener als im Rest der Insel – eine Wohltat, die Stadt zu Fuß zu erkunden und quasi nur Locals zu treffen. Kaum ein Tourist oder gar eine Ladung Kreuzfahrtschiffpassagiere stört den Lauf der Dinge. Das Leben geht seinen ganz normalen Gang – wie überall auf Sardinien zurückgeschaltet und langsamer als in Städten auf dem Festland oder gar den Metropolen Nordeuropas. Die ersten Straßenkonzerte werden gespielt. Am Lungomare Poetto bricht der Fitnesswahn aus: Jogger & Biker so weit das Auge reicht.
Im Sommer ist Cagliari hingegen ein Backofen – zum Glück gesegnet mit allerei Bäumen, engen schattigen Gassen im Marina- und Castello-Viertel. Und last but not least einem acht Kilometer langen Stadtstrand, dem Poetto.
Der Herbst ist in der Stadt oft angenehm warm und ein verlängerter Sommer – während im Norden der Insel schon die ersten Herbststürme durchziehen. In der Museumszitadelle und unterhalb von Castello in den Giardini Pubblici kannst du Regentage überbrücken: Cagliari beherbergt die wichtigsten Museen für Archäologie und Kunst der Insel, z. B. die Galleria Comunale d’Arte.
In der kühlen Jahreszeit und im tiefsten Winter ist Cagliari ein Refugium. Inselweit ist hier dann am meisten los. In der Stadt findest du immer ein Zimmer und ein gutes Restaurant (Tipps vom schwarzen Schaf weiter unten).
Der vielleicht wichtigste Tipp für Cagliari: Lass das Auto stehen. Oder bring es gar nicht erst mit. Die Stadt ist voll mit Autos, der Verkehr ist eine Katastrophe, die Straßen voll mit Schlaglöchern und brüchigem Teer. Das Zentrum ist gefühlt eine einzige ZTL – Zona Traffico Limitata / verkehrsberuhigte Zone mit noch mehr Fußgängerzonen und Einbahnstraßen.
Gerade wenn du ein Hotel oder B&B im Zentrum hast, ist die Karre überflüssig. In allen anderen Stadtteilen ist die Parkplatzsituation desolat und du verbringst einen Großteil der Zeit damit, dich durch den dichten Verkehr zu wühlen und mit Anwohnern um den nächsten freien Parkplatz zu kloppen.
Aber: Wer hier nicht fahren muss, stört sich auch nicht an den Unzulänglichkeiten – altes Relax-Verkehrsgesetz 🙂
Mit dem Fahrrad bist du in der Regel genauso schnell unterwegs wie die Autos. Auch die Busse fahren in einer guten Frequenz durch die Stadt – an der Touristeninformation bei der Stazione Marittima bekommst du Tipps für die wichtigsten Routen. Die Linie 7 fährt mit einem Kleinbus quasi eine kleine Stadtrundfahrt.
Noch besser aufgehoben bist du in der Ape Calessino von »Cagliari Touring«. Wundervoll, mit dem Gefährt von anno dazumal durch die engen Gassen und Straßen zu fahren! Claudio bringt dich mit einem beschwingten Sound aus den Lautsprechern überall dort hin, wo du gern möchtest und erzählt dir über die Stadt, was er weiß. Und das ist ne Menge.
Schaut man alte Stadtfotos an, stellt man fest: Hier hat sich im Laufe der Zeiten nicht so rasend viel geändert. Cagliari sieht vor allem in den Vierteln Marina und Castello immer noch so aus wie vor hundert Jahren. Trotz manch unvermeidlicher Bausünde ist sie immer noch so schön wie früher. Mit dem Vorteil des modernen Lebens. Du hast hunderte Möglichkeiten, den Tag zu gestalten und wirst auf der Bastione di St. Remy eben nicht mehr abgemeuchelt … 😉
Wenn du Cagliari kennenlernen willst, gib doch jedem Stadtviertel einen oder wenigstens einen halben Tag Zeit. Spannend sind die Unterschiede allemal:
Marina » Hier kommst du an, ob mit der Fähre oder am Bahnhof, ja sogar mit dem Auto willst du als erstes hier anhalten. Maritimes Flair, Shopping in einem Mix aus kleinen lokalen Geschäften und (inter)nationalen Marken – oder im Rinascente, dem altehrwürdigen italienischen Kaufhaus. Auch, wenn hier der Tourismus eine seiner Hochburgen hat: Marina ist gut für ein gemütliches Abendessen und wenn du in ganz kurzer Zeit so viel wie möglich von der Stadt aufschnappen willst. Hoch zum Castello-Viertel kommst du über zwei nicht gerade vertrauenserweckend aussehende, aber seit Jahren funktionierende Aufzüge oder über ermüdende Treppen, z. B. hinter der Piazza Yenne oder durch die Porta dei Due Leoni, ein Stadttor.
Castello » Das erhöhte Viertel mit seinen dicken Stadtmauern existiert so ähnlich schon seit dem frühen Mittelalter. Genauer seit 1216, von den Pisanern als Castel di Castro erbaut. eine Burg oder ein Schloss sucht man allerdings vergeblich – alles zwischen Torre dell’Elefante (erbaut 1304) und Torre di San Pancrazio (erbaut 1305) ist quasi die Burganlage; am ehesten erkennbar an der Museumszitadelle (sie beherbergt z. B. das Archäologische Museum und die Pinacoteca Nazionale). Von der Stadtmauer hast du einen genialen Blick über Stadt, Hafen und Meer. Sowohl die abendliche Kleinkunst auf den Treppen als auch das Ghetto degli Ebrei (ehemaliges Judenviertel) sind wichtige, kulturelle Elemente des Stadtlebens – vor allem im Sommer. In den hohen Palazzi der engen Gassen wohnen immer noch die Cagliaritaner, die ihre Wäsche vor den französischen Balkonen, dem Fenster oder einer zum Nachbarn gegenüber gespannten Leine trocknen. Ein ruhiges Viertel, ideal für den Aperitivo, den Absacker oder um eine laue Sommernacht draußen zu verbringen.
Villanova » Wandelbarkeit – das ist Villanova. Ursprünglich betrieb man hier unterhalb der Burg Ackerbau. Bauern aus dem Umland nutzten die Nähe zum Hafen und handelten ihre Waren mit »Übersee«. Einige wurden hier unfassbar reich und zogen dann irgendwann zurück ins Medio Campidano. Als die Stadt wuchs, wandelte sich Villanova zum Arbeiterviertel – man wohnte hier mit bis zu acht Leuten in kleinen, einstöckigen Häusern mit maximal zwei Zimmern. Zuerst sardische und italienische Familien, später Arbeiter aus afrikanischen und anderen Ländern. Heute gehört das Viertel zum Großteil Investoren – was den Wohnraum furchtbar teuer macht. Tut der Schönheit aber keinen Abbruch: Villanova ist quasi komplette Fußgängerzone und eine kleine Oase in der bewegten Stadt. Man merkt die ländliche Vergangenheit immer noch: Vor vielen Häusern stehen Blumenkübel als Ersatz für den Garten. Kulinarisch findest du in Villanova kleine Perlen und hier gibts auch noch vereinzelte kleine Geschäfte. Die Via Saturnino setzt mit ihren Graffitti einen interessanten Kontrapunkt.
Stampace » Auf den ersten Blick das hässliche Entlein unter den Stadtvierteln, selbst die große Piazza del Carmine wirkt irgendwie schmuddlig. Aber: Hier musst du einfach genauer hingucken und auch mal ein, zwei Straßenzüge weiter gehen. Von der Mediateca del Mediterraneo über den Orto Botanico di Cagliari, einem Garten mit über 2.000 Pflanzen bis zum römischen Amphitheater gibt es einiges zu entdecken. Auch das junge Cagliari treibt sich hier herum. In den Bistros und Pizzerien finden sich die Studenten ein, und nachts gibt es in dunklen, zwielichten Bars Karaoke. Für Liebhaber von Antiquitäten könnte Stampace der Geheimtipp sein: In den Antiquitätenläden und auf dem Mercatino all’aperto di antiquariato (Sonntag, 8-14 Uhr) an der Via Trieste / Piazza Carmine ist so manches Schnäppchen zu haben.
Sant’Elia » Dass in einer Grotte in Sant’Elia uralte Spuren menschlicher Besiedelung gefunden wurden, nämlich datierend auf 6000-4000 vor Christus, sieht man dem Viertel heute nicht mehr an. Es steckt seit Jahren irgendwo zwischen Problemstadtteil und Gentrifizierung fest. Top: Der Fischmarkt Mercatino di Sant‚Elia in der Via dei Navigatori an jedem Sonntag Vormittag. Ausflugsziel in Sant’Elia ist das Kunst- und Kulturzentrum Lazzaretto. Die Ausstellungen variieren in der Qualität und Dauer stark, Museum und Cafe sind unregelmäßig geöffnet. Aber selbst wenn es geschlossen ist, geh ruhig rein, manchmal öffnet man neugierigen Schafen kleinere Ausstellungen oder lädt zu einem Kaffee ein. Unübersehbar das Fußballstadion Sardegna Arena. Toll ist das Museum von Cagliari Calcio 1920. Gut, von Camp Nou ist das alles einigermaßen weit entfernt, aber der sympathische Verein ist der Stolz vieler Sarden, spielt aktuell (2018) in der ersten Liga und hofft, dass das so bleibt …
Und dann gibt es na klar noch mehr Stadtteile, die durchaus interessant sind – Sant’Avendrace zum Beispiel mit der großen Nekropole Tuvixeddu oder dem Kunstwerk »Sotto la citta« vom Street Artist Tellas. Oder das Viertel, in dem der berühmte Mercato di San Benedetto ist (Via Francesco Cocco Ortu), der mittlerweile zwar auch Großmarktware anbietet, aber trotzdem eine erlebenswerte Institution ist.
Und und und … die Stadt ist letztlich doch ziemlich groß, obwohl sie klein zu sein scheint!
Des Schafes erster Lieblingsplatz ist der Parco Molentargius Saline. Cagliari gönnt sich ein Naturschutzgebiet, das mit 1.600 Hektar über ein Zehntel des Stadtgebiets einnimmt. Hier lebt die größte dauerhafte Flamingokolonie der Insel. Der fenicottero rosa nistet hier im Frühling, in den letzten Jahren stieg die Zahl der „Gastnister“ – über 25.000 Tiere wurden gezählt; rosagefiederte Ganzjahresgäste sind es so um die 5.000. Um kleine Flamingos zu sehen, ist der Mai am besten (am nächsten kommst du ihnen mit einer geführten Tour des Parco). Und hier gibts tolle Fotos von einem National Geographic-Fotografen. Darüber hinaus gibt es unzählige weitere Tierarten: Vögel, Amphibien, Reptilien und kleine Säugetiere. Der Park ist durchzogen von Wanderwegen. Wirklich eine tolle Oase zwischen Stadt und Strand gelegen.
Apropos Strand: Der Poetto ist auf acht Kilometern der Inbegriff der Vielseitigkeit: Wassersport von SUP bis Segeln, Strandbars und Restaurants, Konzerte oder einfach nur, um im Sand sitzend den Sonnenuntergang zu genießen. Das neu gestaltete Lungomare ist zu jeder Jahreszeit hoch im Kurs. Aber: Aperitivo und Abendessen sind hier etwas teurer als im Rest der Stadt, weshalb Einheimische hier eher nicht essen gehen. Tipp: An den Fressständen bei den Parchi Giochi, einer Art Jahrmarkt etwa in Höhe des Lido, bekommst du Panini in guter Qualität für kleines Geld. Im Sommer findest du in den diversen Badeanstalten / Stabilimenti Balneari auch ein bisschen Italien-Flair wie an den Stränden des Festlands. Typisch sardisch ist das nicht, aber das macht ausnahmsweise nichts.
Der Sella del Diavolo (»Sattel des Teufels«) dominiert den Poetto und ist der Hausberg der Stadt. Seine markante Silhouette erinnert wirklich an einen Sattel. Die Nase des Berges ist allerdings irgendwann abgebrochen und auch der Rest ist nicht ganz so fest wie der Stein der älteren Gebirge. Erstens, weil durchlöchert von unterirdischen Militäreinrichtungen, zweitens weil aus erdgeschichtlich sehr jungem Kalkstein. Auf dem fragilen Material allerdings befinden sich einige wunderschöne Strände und Trekkingpfade, z.B. Cala Moresca und Cala Fighera. Toller Platz, Natur direkt an der Stadt.
Den besten Blick auf diese Orte und auch auf die Altstadt hast du vom Monte Urpinu. Der Berg ist nachts Treffpunkt der halbstarken Cagliaritaner. Tagsüber hält immer wieder ein Reisebus und spuckt 50 Touristen aus, die Fotos und Selfies machen und nach zwei Minuten wieder abhauen. Das schwarze Schaf hingegen kauft sich gern an dem Imbisswagen ein Ichnusa und macht es sich damit zum Sonnenuntergang auf der Parkbank gemütlich und bleibt ein gutes Stündchen. Nicht selten fliegen dann Flamingos über seinen Kopf hinweg.
Cagliari ist nach einer Neuordnung der sardischen Provinzen im Februar 2016 eine der 14 italienischen Metropolitanstädte. Zum Stadtgebiet gehören seither auch so unterschiedliche Vororte wie Elmas (mit dem gleichnamigen Flughafen), Decimomannu (früherer Nato-/Bundeswehrstützpunkt), Pula (Ferienort an der Costa del Sud), Sinnai (ein Ort mit langer Geschichte und interessanten Traditionen) und last but not least die 70.000-Einwohner-Stadt Quartu Sant’Elena (unübersichtlich, chaotisch, multikulti und eine Überraschung in Sachen Abendgestaltung).
So leben in und um Cagliari insgesamt rund eine halbe Million Menschen. Eine sichere Bank, um zu jeder Tages-, Nacht- und Jahreszeit eine Beeehschäftigung zu finden.
Dass eine große Stadt sich gegenüber den kleineren Orten der Insel kulinarisch hervorhebt, liegt ein bisschen auf der Hand. Die Vielfalt und Qualität der Restaurants ist nicht zuletzt darin begründet, dass in Cagliari Sarden aus verschiedenen Regionen der Insel ihr Glück suchen.
Zum Glück ist der Cagliaritaner selbst einer, der gern essen geht. Das allerdings spät: So richtig lebendig wird es in den Restaurants erst ab 21 Uhr. Dafür findest du auch nachts immer noch irgendwo einen Gastgeber.
Die Städter haben zudem – wie alle Sarden – einen verwöhnten Gaumen. Das bedeutet: Du kannst fast nichts verkehrt machen – selbst in den touristischen Vierteln und Monaten.
Die Futterqualität ist also grundsätzlich gut, zuweilen auch herausragend:
Außerdem ist Cagliari eine multikulturelle Einwanderer-Stadt – was die Vielfalt positiv beeinflusst:
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Jh
19. Oktober 2018 at 11:08Kurzer Tipp, wir befinden uns gerade in Cagliari mit Baby und man kann super am Bahnhof von Cagliari parken. Dort gibt es einen , durch Schranken gesicherten Parkplatz, der pro Stunde einen Euro kostet und man ist in 2 Gehminuten in der Stadt.
Also für alle die mit dem Auto kommen wollen, dort lässt es sich problemlos und günstig parken.
Lg
pecora nera
19. Oktober 2018 at 11:15Perfekt, Danke!
Ralf Klanke
21. März 2019 at 22:18Genau da parken wir auch immer! Ist perfekt!
Ralf Klanke
21. März 2019 at 22:17Wunderbarer Artikel! EIn paar zusätzliche Tipps von uns:
– Unser Abend fängt immer an mit einem Aperitivo oben im Castello beim Caffé Libarium Nostrum, auf den kleinen Bänken direkt am Mäuerchen, und dann den perfekten Sonnenuntergang genießen
– Ammentos: Tolle, familiäre Barbagia-Küche in Stampace, leider inzwischen sehr von Touristen belagert
– Ci pensa Cannas: Einfache, sehr günstige, superleckere Trattoria in der Marina, bisher noch kaum von Touristen entdeckt (im Gegensatz zum Lillicu, das in allen Reiseführern steht)
Unser Lieblingsort ist die Piazzetta Savoia.
Liebe Grüße
Ralf
pecora nera
22. März 2019 at 10:30Super, danke!