Der traditionelle Karneval auf Sardinien ist in jedem Jahr an einem anderen Datum – das üblicherweise in den Februar oder März fällt. Man kann das ganz verlässlich ausrechnen: Nach dem letzte Tag des Karnevals beginnt die Fastenzeit – 40 Tage vor Ostern.

Save the date – nächster Karnevalstermin:

19. – 21. Februar 2023 (Karnevalssonntag bis Martedi Grasso)

Aber wann ist wo ist was los? Was ist der sardische Karneval überhaupt? Hier ein paar Hintergründe, Tipps und Ideen für die tollen Tage auf Sardinien!

Traditioneller Karneval

Die nächsten Termine zum Karneval auf Sardinien:

  • Quasi die „Vorgeschichte“, der eigentliche Beginn des traditionellen Karnevals ist in der Barbagia mit den Feuern von Sant’Antonio am 16./17. Januar (Datum in jedem Jahr gleich)
  • Der eigentliche Karneval beginnt mit dem Giovedì Grasso / „fetter Donnerstag“ (Donnerstag VOR Karnevalssonntag, s.o.). Einige Orte sind auch schon früher dran – der beste Tipp ist Bosa, hier wird quasi wochenlang gefeiert.
  • Das Highlight ist üblicherweise der Karnevalssonntag
  • Der letzte Tag: Martedi grasso / „fetter Dienstag“, an dem es auch bunt wird: Carri allegorici / fröhliche Wagen mit Musik ziehen durch die Orte. Gefeiert wird bis in den frühen Morgen auf ganz unterschiedliche Weise.
  • Am darauf folgenden Aschermittwoch / Mercoledi delle cenere ist der Karneval auch hier offiziell vorbei. Aber eigentlich doch nicht 😉
  • Dörfer die nicht mit den großen Festen konkurrieren wollen, wählen für ihres oft auch ein Wochenende vor oder nach Karneval – dann kommen viele verschiedene Masken und Karnevalsgruppen in den Ort für einen Umzug / sfilata durch den gastgebenden Ort.
  • Die beste Übersicht aller inselweiten Termine findest du auf sardegnainblog.it (am besten ab Ende Januar immer mal wieder reinschauen, die Übersicht wird ständig aktualisiert).

Und nun auf ins wilde Treiben!

Was ist der sardische Karneval?

Es wird laut, es wird zottelig, es wird urig!

Du wirst schnell merken: Speziell in der Barbagia hebt sich der Karneval sehr deutlich von seinen Festland-Brüdern ab. Kurz: Er hat wenig bis gar nichts mit Luftschlangen und Büttenreden zu tun (was zumindest das schwarze Schaf sehr angenehm findet).

Hier geht es um archaische Riten, urige Masken und wilde Bräuche, zurückzuführen auf antike, heidnische Feste im Mittelmeerraum, die sich in der hiesigen Hirtenkultur weiter entwickelt haben.

Eine kulturelle Einführung findest du in diesem Artikel: Carrasegare! Erlebe den sardischen Karneval!

Schwarze Gesichter, antike Riten: der traditionelle sardische Karneval hat wenig mit Kamelle und Büttenreden zu tun.

Das Ganze hat eine gewisse Ernsthaftigkeit. Niemand „verkleidet“ sich zum Beispiel „einfach so“ als Mamuthone oder einer anderen traditionellen Maske.

Eine gewisse Ernsthaftigkeit ist dem sardischen Karneval eigen
Eine gewisse Ernsthaftigkeit ist dem sardischen Karneval eigen

Das heißt nicht, dass der Karneval auf Sardinien nicht lustig wäre oder bunt sein könnte. Speziell am Martedi Grasso wird es oft sehr ausgelassen. Und Sardinien kennt auch „bunte“ Formen des Karnevals – mit Verkleidungen, bunten Wagen, Mottogruppen, lauter Musik, Luftschlangen und Konfetti

Der sardische Karneval kann auch lustig sein!
Der sardische Karneval kann auch sehr lustig sein!

Zu den Hochburgen gehört Tempio Pausania – wo auch eine ganze Woche lang gefeiert wird und am Ende geht der König „Re Giorgio“ in Flammen auf. Das Ganze hat eine lokal-politische Komponente (wer allerdings nicht in Tempio lebt und kein Galluresisch versteht, ist aufgeschmissen).

Der vielleicht schrägste und im wahrsten Wortsinn verrückteste Karneval ist der in Bosa. Er ist irre, komplex, politisch und frivol. Ganz Bosa ist im Ausnahmezustand, alles ist herrlich spontan und unorganisiert, überall triffst du auf schwarz oder weiß gekleidete Personen. Auch hier geht es um lokale Persönlichkeiten, um Feuer, um Aufreger. Impressionen aus Bosa findest du auf dem Blog „Flanieren in Sardinien“: Carrasecare Osinku in Bosa.

Macomer veranstaltet jährlich zu einem wechselnden Termin (in der Regel nicht direkt an Karneval, sondern vorher oder nachher) den sehenswerten Umzug „Carrasegare Macumeresu“ mit verschiedenen Masken aus Sardinien, aber auch Gästen vom Festland (z. B. Krampus aus Südtirol).

Sardischer Karneval: in die Vollen!

Wer gleich in die Vollen der Tradition der Barbagia gehen will, ist in Fonni gut aufgehoben: Die zotteligen Urthos e Buttudos streifen durch das höchstgelegene Dorf Sardiniens (Nebentipp: warm anziehen). Ihre Besonderheit: Sie sind sehr spontan und wild – und klettern auf alles, was sie trägt.

Urthos e Buttudos: fix die Hauswand hoch
Urthos e Buttudos: fix die Hauswand hoch

Gar nichts für schwache Nerven ist allerdings der Karneval in Lula, wenn Su Battileddu durch die Straßen zieht … Die Stichworte Ziegenmagen, Blut und Eingeweide (alles echt) mögen für den Moment reichen.

Live und in Farbe in Lula: die Tragödie des Su Battileddu
Live und in Farbe in Lula: die Tragödie des Su Battileddu

Viele Dörfer außerhalb der Barbagia feiern am Samstag und private Gruppen bauen carri allegorici – also bunte und lustige Wagen. Wo? Ach, eigentlich überall!

Reiterfeste

Speziell die Westküste ist optimal für Pferdefreunde: Besucht den Klassiker, das Reiterfest Sa Sartiglia in Oristano, mit dem Sternenritt und den akrobatischen „Pariglie“ – sowohl am Karnevalssonntag als auch am Dienstag.

Su Componidori - der Held der Sartiglia
Su Componidori – der Held der Sartiglia

Auf Pferde, traditionelle Masken und bunte Wagen gleichzeitig trefft ihr oft auch in Dorgali und in Ghilarza.

In Oniferi, Irgoli und Benetutti findet das Reiterfest „Pentolaccia a Cavallo“ statt, bei dem über einer Sandpiste hängende Blumentöpfe von Reitern im Galopp zerschlagen werden.

Die Pentolaccia in Benetutti

In Santu Lussurgiu erlebst du bei „Sa Carrela ‚e Nanti“ wie verkleidete Reiterpaare im gestreckten Galopp eine lange Straße im historischen Zentrum herunter donnern.

Sa Carrela e Nanti: Im Galopp durch Santu Lussurgiu
Sa Carrela e Nanti: Im Galopp durch Santu Lussurgiu    

Beim Karneval in Tempio Pausania kann man sich prächtig austoben – quasi täglich findet hier ab dem „fetten Donnerstag“ irgendein buntes Fest statt. Das Highlight ist, wenn die Pappfigur des „Re Giorgio“ in Flammen aufgeht – nach einer Rede, die mit den Politikern der Region abrechnet. Als sanfte Eingewöhnung für den Rheinländer durchaus geeignet!

Karnevalssonntag in der Barbagia

Die berühmten Klassiker der Barbagia und daher immer sehr gut besuchten Feste sind

Immer wieder würden wir uns die Mamuthones und Issohadores in Mamoiada ansehen. Wer sie schon kennt, für den ist die „Vestizione“ am frühen Nachmittag sehenswert, wenn sich die Männer „verwandeln“. Oder Ihr stimmt euch auf das Fest mit einem urtypischen Mittagessen beim Schäfer (pranzo del pastore) ein.

Mamuthone und Issohadore
Mamuthone und Issohadore in Mamoiada

Mamoiada gilt als der gastfreundlichste Ort in ganz Sardinien, das kann das schwarze Schaf nur bestätigen. Die Zimmer und Restaurantplätze in seiner Lieblings-Locanda „Sa Rosada“ sind zum Karneval zwar schnell ausgebucht, aber die Feste im Innenhof schlicht grandios!

In Ottana gibt es die vielleicht schönsten Masken Sardiniens und eine sehr sehenswerte Form des traditionellen sardischen Karnevals: die „Boes und Merdules“. Die beiden Hauptfiguren, »Su Boe« und »Su Merdùle« gehören zusammen. Sie repräsentieren einen Ochsen und seinen Herrn oder Hirten. Sie zeigen Szenen aus dem Landleben, den ständigen Kampf zwischen Mensch und Tier. Außerdem seht ihr „Sa Filonzana“, die den Lebensfaden spinnt.

Maske Su Boe aus Ottana
Wunderschönes Kunsthandwerk: Maske Su Boe aus Ottana

Darüber hinaus gibt es in der Inselmitte quasi unendlich viele Möglichkeiten.

Ein eher privates Fest unter den Dorfbewohnern findet Ihr in Orotelli, dort heißt es „Carrasegare Oroteddesu„, und Sos Thurpos e S’Eritaju führen ihre Tradition vor.

Sos Thurpos in Orotelli, hier feiern groß und klein zusammen
Sos Thurpos in Orotelli, hier feiern groß und klein zusammen

Lustig wird es auch in Oltzai. Wo man Schweinsmasken trägt, und Männer sich Frauenpuppen umschnallen, hat man immer viel Spaß!

In Gavoi laufen die „Tamburinos“ durch die Straßen und machen mit ihren Trommeln und machen einen Heidenlärm!

Auf „Su Bundhu“ triffst du in Orani. Diese Karnevalsfiguren tragen Lumpen und eine aus Kork gefertigte Maske mit Hörnern und einem Schnauzbart.

Su Bundhu in Orani auf einem Eselskarren
Su Bundhu in Orani auf einem Eselskarren

Montag: für die Kleinen

Während Sonntag und Dienstag die Erwachsenen durchs Dorf streifen, werfen sich am Montag die Kleinen in die historischen Kostüme und sichern den Fortbestand der Tradition. So auch in Ottana – dort seht ihr die Boes  e Merdules in „Miniaturform“.

Auch in Oristano reiten am Montag die Kinder und Teens. Der Sternenritt ist mit Ponys wirklich niedlich!

Ein künftiger Cavaliere!

Ansonsten ruhen sich am Montag die meisten Erwachsenen für den nächsten Tag aus. Denn es fließt nicht wenig Wein und Alkoholisches. Vor der Fastenzeit lässt man es durchaus extra krachen.

Der Wein fließt, soviel ist sicher. Zwischendurch ein Tag Ruhe ist nicht so schlecht 😉

Wein hilft ja bekanntlich auch beim Überwinden von zwischenmenschlicher Scheu oder Sprach- und Kulturbarrieren – sowie beim Tanzen und Singen! Übt doch am „freien Tag“ den Karnevals-Klassiker „Carrasegare“ – z. b. von der sardischen Band Tazenda (hier eine Version mit dem sardischen Text).

Fetter Dienstag – Martedi grasso

Der „Martedi grasso“ ist in fast allen karnevalistischen Orten der zentrale Tag.

In Mamoiada lohnt es sich übrigens auch noch am Abend einzutreffen, wenn die Mamuthones und Issohadores ihren Umzug schon beendet haben und es dunkel ist. Das ganze Dorf beweint dann symbolisch das Ende des Karnevals in Gestalt des Juvanne Martis Sero.

Zum Karneval, vor allem am fetten Dienstag, werden auch die „Fritelle“ gebacken – in Öl und Fett gebackene Teigringe. Historisch gesehen ist dies der letzte Tag vor der Fastenzeit – also geht man in die Vollen! Und einmal im Jahr muss der Körper das aushalten 😉

Boe in Ottana - die »Fritelle« hängen als Proviant über den Hörnern
Boe in Ottana – die »Fritelle« hängen als Proviant über den Hörnern

Optimaler Ausklang: das öffentliche (und meist kostenfreie) Verteilen von Bohnen und Speck / fave e lardo. Übrigens nimmt man wegen des Favismo (einer im Mittelmeerraum und speziell auf Sardinien verbreiteten, erblichen Unverträglichkeit von Bohnen) in vielen Orten statt der Bohnen auch Kichererbsen.

Wer immer noch nicht genug hat, fährt am Mercoledi delle Ceneri / Aschermittwoch nach Ovodda, um zu erfahren, was es mit Don Conte auf sich hat.

Neue-alte Karnevals-Traditionen

Fast jedes Dorf hat in den letzten Jahren irgendeine uralte, oft sogar längst vergessene Tradition wieder ausgegraben und wieder belebt.

Zum Beispiel in Escalaplano, wo junge Dorfbewohner in den Archiven der Stadt Hinweise auf eine alten Brauch gefunden und wiederbelebt haben. Infos auf der facebook-Seite der „Bois e Fui janna morti“.

Unterm Stierkopf: die Figur des "Bois" aus Escalaplano ist eine aus alten Zeiten wiederbelebte Figur
Unterm Stierkopf: die Figur des „Bois“ aus Escalaplano ist eine aus alten Zeiten wiederbelebte Figur

Kritiker sagen, man will gern vom Karnevalskuchen etwas abhaben und das ginge hier und da zu Lasten der Authenzität.

Das will das schwarze Schaf hier nicht beurteilen, sondern sich einfach an dem, was da ist und was noch kommt, freuen. Alles ist gut, um den Winter auf Sardinien zu beleben.

Traditioneller Karneval auf Sardinien: da ist noch so viel määähr …  

Einige Dörfer haben außerdem ihren ganz eigenen Kalender … wie zum Beispiel Sinnai im Süden der Insel. Hier findet eine Art antiker Hirschjagd statt, immer am 21./22. Februar.

Sinnai: Is Cerbus
Sinnai: Is Cerbus

Mal ganz was anderes: der Höhepunkt des Carnevale Iglesiente in Iglesias ist meistens am auf die Hauptfesttage folgenden Samstag mit einem großen Fest im historischen Zentrum.

In vielen Orten, z. B. Laconi (hier geht’s zu unseren Impressionen) oder Neoneli tritt man nicht in Konkurrenz zu den Hauptfesten – und feiert der Einfachheit halber ein bisschen später, und dann auch gern mal mit vielen Gruppen zusammen. Hier trefft Ihr wieder auf viele Masken aus der Barbagia, darunter auch viele unbekannte.

Beeindruckender Ziegenbock aus Busachi: Su Maschinganna

Das wird in jedem Jahr neu organisiert – insofern, sei einfach spontan und lass dich überraschen!

Last but not least ist die Inselhauptstadt Cagliari ein optimales Ziel, für eine Mischung aus Karneval und Urbanität. Bunte Umzüge gibt es auch hier, und dazu den ganzen Zauber der Stadt, Infrastruktur und Leben auch im Winter.

Und: Cagliari ist quasi erste Wahl für den Anflug vom Kontinent. Dazu jetzt mehr.

Wie komme ich auf die Insel?

Das ist zugegeben in der tiefen Nebensaison nicht ganz einfach. Naja, eigentlich doch, denn so viele Möglichkeiten gibt es nicht. Frage ist nur, ob dir eine davon gefällt.

Im aktuellen Winterflugplan sind die verfügbaren Strecken sehr übersichtlich, schau einfach in diesem Artikel, ob für dich ein Flughafen in der Nähe dabei ist.

Immer und täglich geht Auto und Fähre, z. B. ab Livorno. Vielleicht keine Option, wenn du in Kiel wohnst, aber für alle in Süddeutschland, Schweiz und Österreich geht’s mit Winterreifen und in einem guten Wetterfenster bestens. Alternativ kannst du auch mit dem Zug zum Fährhafen reisen.

Das kann man ja auch spontan entscheiden, wenn einem das Winterwetter nicht geheuer ist.

Das schwarze Schaf lehnt sich mal aus dem Fenster und behauptet: Fährtickets im Winter sind immer verfügbar, du kannst sie sogar direkt am Reisetag im Hafen kaufen. Wer eine Kabine will, bucht zur Sicherheit vielleicht so 1-2 Wochen im Voraus (aber aus eigener Erfahrung muss auch das nicht sein). Ohne Gewähr natürlich, dass das klappt 😉

Jedenfalls wünscht das schwarze Schaf dir viel Spass!

Carrasegare!

Achtung, es fließt viel Wein!
Immer rein ins Vergnügen!

Ich bin Nicole, auch bekannt als »das schwarze Schaf auf Sardinien« (italienisch: pecora nera) und Gründerin dieses Blogs. Hier berichte ich von meinen Streifzügen im ganzen Jahr auf, durch und rund Sardinien. Im »richtigen Leben« bin ich Beraterin für Kommunikation und Tourismus sowie Content Creator.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert