Der traditionelle Karneval auf Sardinien ist in jedem Jahr an einem anderen Datum – das üblicherweise in den Februar oder März fällt. Man kann das ganz verlässlich ausrechnen: Nach dem letzte Tag des Karnevals beginnt die Fastenzeit – 40 Tage vor Ostern.
Save the date – nächster Karnevalstermin:
19. – 21. Februar 2023 (Karnevalssonntag bis Martedi Grasso)
Aber wann ist wo ist was los? Was ist der sardische Karneval überhaupt? Hier ein paar Hintergründe, Tipps und Ideen für die tollen Tage auf Sardinien!
Die nächsten Termine zum Karneval auf Sardinien:
Und nun auf ins wilde Treiben!
Du wirst schnell merken: Speziell in der Barbagia hebt sich der Karneval sehr deutlich von seinen Festland-Brüdern ab. Kurz: Er hat wenig bis gar nichts mit Luftschlangen und Büttenreden zu tun (was zumindest das schwarze Schaf sehr angenehm findet).
Hier geht es um archaische Riten, urige Masken und wilde Bräuche, zurückzuführen auf antike, heidnische Feste im Mittelmeerraum, die sich in der hiesigen Hirtenkultur weiter entwickelt haben.
Eine kulturelle Einführung findest du in diesem Artikel: Carrasegare! Erlebe den sardischen Karneval!
Das Ganze hat eine gewisse Ernsthaftigkeit. Niemand „verkleidet“ sich zum Beispiel „einfach so“ als Mamuthone oder einer anderen traditionellen Maske.
Das heißt nicht, dass der Karneval auf Sardinien nicht lustig wäre oder bunt sein könnte. Speziell am Martedi Grasso wird es oft sehr ausgelassen. Und Sardinien kennt auch „bunte“ Formen des Karnevals – mit Verkleidungen, bunten Wagen, Mottogruppen, lauter Musik, Luftschlangen und Konfetti
Zu den Hochburgen gehört Tempio Pausania – wo auch eine ganze Woche lang gefeiert wird und am Ende geht der König „Re Giorgio“ in Flammen auf. Das Ganze hat eine lokal-politische Komponente (wer allerdings nicht in Tempio lebt und kein Galluresisch versteht, ist aufgeschmissen).
Der vielleicht schrägste und im wahrsten Wortsinn verrückteste Karneval ist der in Bosa. Er ist irre, komplex, politisch und frivol. Ganz Bosa ist im Ausnahmezustand, alles ist herrlich spontan und unorganisiert, überall triffst du auf schwarz oder weiß gekleidete Personen. Auch hier geht es um lokale Persönlichkeiten, um Feuer, um Aufreger. Impressionen aus Bosa findest du auf dem Blog „Flanieren in Sardinien“: Carrasecare Osinku in Bosa.
Macomer veranstaltet jährlich zu einem wechselnden Termin (in der Regel nicht direkt an Karneval, sondern vorher oder nachher) den sehenswerten Umzug „Carrasegare Macumeresu“ mit verschiedenen Masken aus Sardinien, aber auch Gästen vom Festland (z. B. Krampus aus Südtirol).
Wer gleich in die Vollen der Tradition der Barbagia gehen will, ist in Fonni gut aufgehoben: Die zotteligen Urthos e Buttudos streifen durch das höchstgelegene Dorf Sardiniens (Nebentipp: warm anziehen). Ihre Besonderheit: Sie sind sehr spontan und wild – und klettern auf alles, was sie trägt.
Gar nichts für schwache Nerven ist allerdings der Karneval in Lula, wenn Su Battileddu durch die Straßen zieht … Die Stichworte Ziegenmagen, Blut und Eingeweide (alles echt) mögen für den Moment reichen.
Viele Dörfer außerhalb der Barbagia feiern am Samstag und private Gruppen bauen carri allegorici – also bunte und lustige Wagen. Wo? Ach, eigentlich überall!
Speziell die Westküste ist optimal für Pferdefreunde: Besucht den Klassiker, das Reiterfest Sa Sartiglia in Oristano, mit dem Sternenritt und den akrobatischen „Pariglie“ – sowohl am Karnevalssonntag als auch am Dienstag.
Auf Pferde, traditionelle Masken und bunte Wagen gleichzeitig trefft ihr oft auch in Dorgali und in Ghilarza.
In Oniferi, Irgoli und Benetutti findet das Reiterfest „Pentolaccia a Cavallo“ statt, bei dem über einer Sandpiste hängende Blumentöpfe von Reitern im Galopp zerschlagen werden.
In Santu Lussurgiu erlebst du bei „Sa Carrela ‚e Nanti“ wie verkleidete Reiterpaare im gestreckten Galopp eine lange Straße im historischen Zentrum herunter donnern.
Beim Karneval in Tempio Pausania kann man sich prächtig austoben – quasi täglich findet hier ab dem „fetten Donnerstag“ irgendein buntes Fest statt. Das Highlight ist, wenn die Pappfigur des „Re Giorgio“ in Flammen aufgeht – nach einer Rede, die mit den Politikern der Region abrechnet. Als sanfte Eingewöhnung für den Rheinländer durchaus geeignet!
Die berühmten Klassiker der Barbagia und daher immer sehr gut besuchten Feste sind
Immer wieder würden wir uns die Mamuthones und Issohadores in Mamoiada ansehen. Wer sie schon kennt, für den ist die „Vestizione“ am frühen Nachmittag sehenswert, wenn sich die Männer „verwandeln“. Oder Ihr stimmt euch auf das Fest mit einem urtypischen Mittagessen beim Schäfer (pranzo del pastore) ein.
Mamoiada gilt als der gastfreundlichste Ort in ganz Sardinien, das kann das schwarze Schaf nur bestätigen. Die Zimmer und Restaurantplätze in seiner Lieblings-Locanda „Sa Rosada“ sind zum Karneval zwar schnell ausgebucht, aber die Feste im Innenhof schlicht grandios!
In Ottana gibt es die vielleicht schönsten Masken Sardiniens und eine sehr sehenswerte Form des traditionellen sardischen Karnevals: die „Boes und Merdules“. Die beiden Hauptfiguren, »Su Boe« und »Su Merdùle« gehören zusammen. Sie repräsentieren einen Ochsen und seinen Herrn oder Hirten. Sie zeigen Szenen aus dem Landleben, den ständigen Kampf zwischen Mensch und Tier. Außerdem seht ihr „Sa Filonzana“, die den Lebensfaden spinnt.
Darüber hinaus gibt es in der Inselmitte quasi unendlich viele Möglichkeiten.
Ein eher privates Fest unter den Dorfbewohnern findet Ihr in Orotelli, dort heißt es „Carrasegare Oroteddesu„, und Sos Thurpos e S’Eritaju führen ihre Tradition vor.
Lustig wird es auch in Oltzai. Wo man Schweinsmasken trägt, und Männer sich Frauenpuppen umschnallen, hat man immer viel Spaß!
In Gavoi laufen die „Tamburinos“ durch die Straßen und machen mit ihren Trommeln und machen einen Heidenlärm!
Auf „Su Bundhu“ triffst du in Orani. Diese Karnevalsfiguren tragen Lumpen und eine aus Kork gefertigte Maske mit Hörnern und einem Schnauzbart.
Während Sonntag und Dienstag die Erwachsenen durchs Dorf streifen, werfen sich am Montag die Kleinen in die historischen Kostüme und sichern den Fortbestand der Tradition. So auch in Ottana – dort seht ihr die Boes e Merdules in „Miniaturform“.
Auch in Oristano reiten am Montag die Kinder und Teens. Der Sternenritt ist mit Ponys wirklich niedlich!
Ansonsten ruhen sich am Montag die meisten Erwachsenen für den nächsten Tag aus. Denn es fließt nicht wenig Wein und Alkoholisches. Vor der Fastenzeit lässt man es durchaus extra krachen.
Wein hilft ja bekanntlich auch beim Überwinden von zwischenmenschlicher Scheu oder Sprach- und Kulturbarrieren – sowie beim Tanzen und Singen! Übt doch am „freien Tag“ den Karnevals-Klassiker „Carrasegare“ – z. b. von der sardischen Band Tazenda (hier eine Version mit dem sardischen Text).
Der „Martedi grasso“ ist in fast allen karnevalistischen Orten der zentrale Tag.
In Mamoiada lohnt es sich übrigens auch noch am Abend einzutreffen, wenn die Mamuthones und Issohadores ihren Umzug schon beendet haben und es dunkel ist. Das ganze Dorf beweint dann symbolisch das Ende des Karnevals in Gestalt des Juvanne Martis Sero.
Zum Karneval, vor allem am fetten Dienstag, werden auch die „Fritelle“ gebacken – in Öl und Fett gebackene Teigringe. Historisch gesehen ist dies der letzte Tag vor der Fastenzeit – also geht man in die Vollen! Und einmal im Jahr muss der Körper das aushalten 😉
Optimaler Ausklang: das öffentliche (und meist kostenfreie) Verteilen von Bohnen und Speck / fave e lardo. Übrigens nimmt man wegen des Favismo (einer im Mittelmeerraum und speziell auf Sardinien verbreiteten, erblichen Unverträglichkeit von Bohnen) in vielen Orten statt der Bohnen auch Kichererbsen.
Wer immer noch nicht genug hat, fährt am Mercoledi delle Ceneri / Aschermittwoch nach Ovodda, um zu erfahren, was es mit Don Conte auf sich hat.
Fast jedes Dorf hat in den letzten Jahren irgendeine uralte, oft sogar längst vergessene Tradition wieder ausgegraben und wieder belebt.
Zum Beispiel in Escalaplano, wo junge Dorfbewohner in den Archiven der Stadt Hinweise auf eine alten Brauch gefunden und wiederbelebt haben. Infos auf der facebook-Seite der „Bois e Fui janna morti“.
Kritiker sagen, man will gern vom Karnevalskuchen etwas abhaben und das ginge hier und da zu Lasten der Authenzität.
Das will das schwarze Schaf hier nicht beurteilen, sondern sich einfach an dem, was da ist und was noch kommt, freuen. Alles ist gut, um den Winter auf Sardinien zu beleben.
Einige Dörfer haben außerdem ihren ganz eigenen Kalender … wie zum Beispiel Sinnai im Süden der Insel. Hier findet eine Art antiker Hirschjagd statt, immer am 21./22. Februar.
Mal ganz was anderes: der Höhepunkt des Carnevale Iglesiente in Iglesias ist meistens am auf die Hauptfesttage folgenden Samstag mit einem großen Fest im historischen Zentrum.
In vielen Orten, z. B. Laconi (hier geht’s zu unseren Impressionen) oder Neoneli tritt man nicht in Konkurrenz zu den Hauptfesten – und feiert der Einfachheit halber ein bisschen später, und dann auch gern mal mit vielen Gruppen zusammen. Hier trefft Ihr wieder auf viele Masken aus der Barbagia, darunter auch viele unbekannte.
Das wird in jedem Jahr neu organisiert – insofern, sei einfach spontan und lass dich überraschen!
Last but not least ist die Inselhauptstadt Cagliari ein optimales Ziel, für eine Mischung aus Karneval und Urbanität. Bunte Umzüge gibt es auch hier, und dazu den ganzen Zauber der Stadt, Infrastruktur und Leben auch im Winter.
Und: Cagliari ist quasi erste Wahl für den Anflug vom Kontinent. Dazu jetzt mehr.
Das ist zugegeben in der tiefen Nebensaison nicht ganz einfach. Naja, eigentlich doch, denn so viele Möglichkeiten gibt es nicht. Frage ist nur, ob dir eine davon gefällt.
Im aktuellen Winterflugplan sind die verfügbaren Strecken sehr übersichtlich, schau einfach in diesem Artikel, ob für dich ein Flughafen in der Nähe dabei ist.
Immer und täglich geht Auto und Fähre, z. B. ab Livorno. Vielleicht keine Option, wenn du in Kiel wohnst, aber für alle in Süddeutschland, Schweiz und Österreich geht’s mit Winterreifen und in einem guten Wetterfenster bestens. Alternativ kannst du auch mit dem Zug zum Fährhafen reisen.
Das kann man ja auch spontan entscheiden, wenn einem das Winterwetter nicht geheuer ist.
Das schwarze Schaf lehnt sich mal aus dem Fenster und behauptet: Fährtickets im Winter sind immer verfügbar, du kannst sie sogar direkt am Reisetag im Hafen kaufen. Wer eine Kabine will, bucht zur Sicherheit vielleicht so 1-2 Wochen im Voraus (aber aus eigener Erfahrung muss auch das nicht sein). Ohne Gewähr natürlich, dass das klappt 😉
Jedenfalls wünscht das schwarze Schaf dir viel Spass!
Ich bin Nicole, auch bekannt als »das schwarze Schaf auf Sardinien« (italienisch: pecora nera) und Gründerin dieses Blogs. Hier berichte ich von meinen Streifzügen im ganzen Jahr auf, durch und rund Sardinien. Im »richtigen Leben« bin ich Beraterin für Kommunikation und Tourismus sowie Content Creator.
Ich bin Nicole und mein alter Ego ist ein schwarzes Schaf (ital.: pecora nera). Wir bloggen und blöken aus Sardinien im ganzen Jahr über alles, was uns gefällt und bewegt :)
Das schwarze Schaf hat übrigens noch ein Buch geschrieben, über seine „alte“ Heimat:
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