Sardinien feiert den traditionellen sardischen Karneval in einer unglaublichen Vielfalt mit vielen Festen, quasi überall.

In den fünf Tagen dal giovedi grasso al martedi grasso / vom fetten Donnerstag bis zum fetten Dienstag, erreicht der traditionelle Karneval seinen Höhepunkt. Das ist ein Event, das du nicht verpassen solltest – da non perdere! 

Nächster Termin: 19. bis 21. Februar 2023
(Karnevalssonntag bis Martedì Grasso)

Manche Dörfer beginnen schon früher oder dehnen die Karnevals- über die Fastenzeit aus und feiern ungerührt weiter: Ideen und Termine findest du hier. In der Barbagia beginnt die Karnevalszeit bereits mit den Feuern von Sant’Antonio (16./17. Januar) – auch das ein toller Zeitpunkt, um nach Sardinien zu reisen.

Hier gibt es Tipps zu den vielen verschiedenen Festen des sardischen Karnevals – Viel Spaß!

Karnevalsmasken "Su Boe" aus Ottana
Karnevalsmasken „Su Boe“ aus Ottana

Vielfalt im sardischen Karneval

Die Vielfalt ist toll, führt aber dazu, dass das schwarze Schaf jedes Jahr aufs Neue komplett überfordert ist und die Qual der Karne-Wahl hat.

Szenerie mit Mamuthones

Als altes Deichschaf interessiert es sich weniger für bunt und laut, sondern für die archaischen Masken und düsteren Figuren, die durch die Straßen der Orte ziehen. Was nicht heißt, dass das nicht lustig würde: Man singt, tanzt und feiert ausgelassen mit seinen Nachbarn und Dorfgenossen – so ist Sardinien am authentischsten.

Carasegare! Elemente des traditionellen sardischen Karnevals

Mamuthone und Issohadore
Mamuthone und Issohadore in Mamoiada

Viele Traditionen ähneln sich auf den ersten Blick, sind aber im Grund doch sehr verschieden. Alles lässt sich unter dem Begriff „Carrasegare!“ zusammenfassen, was „Karneval“ in der sardischen Sprache (speziell im Sprachgebrauch der Inselmitte) bedeutet.

Das schwarze Schaf versucht mal, die Gemeinsamkeiten darzustellen:

Bei dem traditionellen Karneval in der Barbagia wird mit urigen, tierähnlichen und hier und da schaurig anmutenden Masken und Kostümen das traditionelle Landleben dargestellt – als glückliche oder unglückliche Interaktion zwischen Mensch und Tier. Bekanntestes Beispiel sind die „Boes e Merdules“ in Ottana und die „Mamuthones e Issohadores“ in Mamoiada.

Carnevale di Ottana
Carnevale di Ottana

Ein wichtiger Teil ist immer die Zeit vor den Umzügen. Denn die Masken und Figuren sind keine einfachen Verkleidungen. Die Protagonisten werden eins mit ihrer Figur. Einen Eindruck von der Ernsthaftigkeit der rituellen „Vestizione“ bekommst du in diesem Artikel aus Mamoiada: La Vestizione ~ Wenn aus dem Mann ein Mamuthone wird.

Urthos e Buttudos aus Fonni, hier im Kampf

Nicht minder beeindruckend sind „Urthos e Buttudos“ in Fonni oder „Sos Thurpos e S’Eritaju“ in Orotelli. Sehr eigen und nichts für zarte Gemüter ist Su Battileddu in Lula, wo antike Fruchtbarkeitsrituale und buchstäblich blutige Szenen zu beobachten sind.

In der Nacht des Martedi Grasso wird z. B. in Mamoiada die Figur Juanne Martis Sero, der das Ende des Karnevals symbolisiert, auf einem Eselkarren durch das Dorf gefahren und lautstark besungen und beweint.

Wein gehört immer dazu!

Das Wehklagen und rituelle Begraben oder Verjagen des Winters ist ebenfalls ein Bestandteil im Karneval, wobei das im Westen und Norden der Insel ausgeprägter ist. Die zentrale Figur dafür (ganz grob gesagt, das unterscheidet sich von Dorf zu Dorf) ein Regent oder eine Regentin, die von Witwen beweint wird, aber schließlich aus dem Ort vertrieben oder verbrannt wird – oder anderweitig verschwindet, z. B. „Re Giorgio“ in Tempio Pausania. Der Schwerpunkt dieser Karnevalstradition sind der Westen und Norden Sardiniens bzw. die Küstenregionen, wie mit den „Maimones“ in der Ogliastra oder „Cancioffali“ in Cagliari.

Bunte Wagen am Karnevalsdienstag

Auf ganz eigene Weise zeigt das der „Carrasecare Osinku“ in Bosa, hier ist „Gioldzi“ die zentrale Figur. Bosa feiert tatsächlich eine ganze Woche und länger – und hat dabei unendlich viele Ideen sich zu präsentieren. Die gesamte Stadt macht mit – einen Eindruck gibt dieses wunderbar gefilmte Video des Carrasecare Osincu auf Youtube.

Bei vielen Festen gehört in der letzten Nacht des Karnevals, am Martedi Grasso, auch das (häufig kostenlose) Verteilen von Bohnen und Speck („fave e lardo“) dazu. Gern isst man an allen Tagen Frittiertes („zeppole“) und trinkt natürlich Wein; außerdem finden sich zu jeder passenden Gelegenheit, wenn irgendwo Musik ertönt, die Sarden zu traditionellen Tänzen, dem „ballu tundu“ oder „ballo sardo“.

Sa Sartiglia - Su Componidori in Oristano
Sa Sartiglia – Su Componidori in Oristano

Spektakuläre Reiterfeste

  • Der Karneval mit Pferd und Reiter ist ebenfalls im Westen der Insel ausgeprägt. Die Feste stammen aus der Zeit der Feudalherrscher, allen voran die Spanier bzw. Katalanen, die den Westen wie kein anderes Besatzervolk prägten.
  • Vermutlich, weil auch die Sarden von heute ein Reitervolk sind, haben sich die bunten und spektakulären Reiterfeste gehalten. So gibt es in Oristano zu „Sa Sartiglia“ an drei Tagen hintereinander einen Sternenritt und mit den „Pariglie“ waghalsige Figuren auf dem Pferderücken zu sehen.
  • Noch wilder geht es  z. B. bei „Sa carrela ‘e nanti“ in Santu Lussurgiu sowie beim rasanten Pferderennen „Pentolaccia A Cavallo Benetuttese“ in Benetutti zu.
  • Pferde sind auch ein zentraler Teil der Prozession „Sa corsa a sa pudda“ in Ghilarza.
Fröhlich feiern können die Sarden natürlich auch
Fröhlich feiern können die Sarden natürlich auch

Bunt und ausgelassen

Bunt und ausgelassen feiert man in den größeren Städten: Cagliari, Alghero, Nuoro, Tempio, Macomer – und lädt sehr gern Karnevalsmasken aus anderen Regionen Sardiniens, Italiens und manchmal auch Europas ein.

Is Cerbus und Is Canaxus
Is Cerbus und Is Canaxus

Ganz eigen und weniger karnevalesk sind „Is Cerbus“ in Sinnai. Auf den Straßen und Plätzen wird die antike Hirschjagd nachgestellt. In der Regel liegt dieser Termin auch etwas außerhalb der rituellen Festtage.

In einigen Orten – insbesondere solchen, die keine alten Riten oder Karnevalstraditionen haben, oder weil es junge, touristisch oder von Einwanderern geprägte Orte an den Küsten sind – feiert man „nur“ mit geschmückten selbstgebauten Wagen, lauter Musik und buntem Treiben und Festen auf den Dorfplätzen und in den Bars.

Bunte Wagen und traditionelle Kostüme
Vielfalt pur: Bunte Wagen und traditionelle Kostüme

Ganz normale Orte, wie Siniscola oder Arzachena organisieren private Umzüge und bunte Prozessionen mit regionalen Aufregern oder Motiven bis zu dramatischen, ortstypischen oder historischen Theaterszenen, dargestellt von Straßenkünstlern oder traditionellen Gruppen.

Bei einem Umzug begegnete dem schwarzen Schaf gar ein Wagen, auf dem ein deutsches Militärflugzeug aus Pappmaché gebaut war – thematisiert wurde der Abzug der Nato-Truppen aus Decimomannu.

All das gibt einen tollen Einblick in die sardische Lebensweise und das, was die Menschen in ihrem Alltag bewegt.

Viele Orte nutzen auch die Tatsache, dass die meisten traditionellen Feste am Sonntag und Dienstag sind – und feiern am Samstag oder Montag bunte Feste für alle, die nicht wissen, was sie an diesem Tag tun sollen. Auch werden Gruppen aus anderen Orten eingeladen, hier einige Impressionen vom Karneval mit verschiedenen Gruppen in Laconi.

Erlebe die Vielfalt!

Die Liste der Orte, in denen du feiern und in das echte Sardinien eintauchen kannst, ist quasi so lang wie die Zahl der Dörfer in der Barbagia oder gar der Insel.

Mittendrin statt nur dabei!

Wer einen Eindruck von der Vielfalt des sardischen Karnevals bekommen möchte, kann darauf spekulieren, dass an den Prozessionen in den größeren Orten (z. B. in Nuoro) auch Masken aus der Barbagia teilnehmen – die lokalen Kulturvereine sind sehr bemüht, ihre Traditionen bekannt zu machen.

Wenn du dich zur Karnevalszeit auf den Weg machst, um diese schönen Traditionen mit den Sarden zu feiern, wirst du auf jeden Fall mit einem schönen Fest und vielen, horizonterweiternden Eindrücken belohnt.

Viel Spaß!

Weitere Informationen: 

Ich bin Nicole, auch bekannt als »das schwarze Schaf auf Sardinien« (italienisch: pecora nera) und Gründerin dieses Blogs. Hier berichte ich von meinen Streifzügen im ganzen Jahr auf, durch und rund Sardinien. Im »richtigen Leben« bin ich Beraterin für Kommunikation und Tourismus sowie Content Creator.

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