Ja, es gibt sie. Wüstenwanderer, die bei 40 Grad Hitze durch die Sahara dackeln, mit der Karawane auf der Suche nach der Oase. Beim Trekking im Sommer auf Sardinien komme ich mir oft auch wie ein Beduine vor. Vor allem in diesem Jahr: der Juni, sonst noch prima für Treks, ist deutlich heißer als sonst, mit Temperaturen wie sonst nur im Juli / August.
Als ich vor einigen Tagen am Pass Genna Silana eine kleine Wandergruppe von der Gola Su Gorropu heraufkommen sah, erkannte ich auf den ersten Blick: Das sind auch keine Beduinen. Dehydrierte Gestalten, die sich mit Mühe zur Bar Silana schleppten. Ihnen stand ihnen jeder einzelne Höhenmeter des Wiederaufstiegs und jedes der 35 Grad Tagestemperatur ins Gesicht geschrieben. Hochrote Köpfe, verbrannte Schultern, schwitzige Körper, jammernde Töne.
Seltsamerweise kann sich der Nord- und Mitteleuropäer irgendwie nicht vorstellen, dass Hitze und Trekking zwei Dinge sind, die auf Sardinien im Sommer unvereinbar sind. Da steht die Gorropu im Reiseführer – dann will man die auch sehen. Nützt nix. Dabei gibt es wahrlich bessere Zeiten für einen Aktivurlaub auf Sardinien.
Und das ist der wichtigste Schwarzschaf-Tipp:
Mache deinen Aktivurlaub auf Sardinien im Frühling, Herbst und Winter! Du hast etwa acht* perfekte Monate zur Auswahl 🙂
* alles außer Juni-September, die beiden „Randmonate“ werden gefühlt und gemessen immer heißer
Wenn es denn unbedingt im Sommer sein muss (weil man sonst keine Ferien hat, weil man sich generell gern bewegen mag, weil man dem Touritrubel entfliehen möchte) gibt es genau drei Strategien, die ein Trekking ermöglichen, ohne den Körper allzu sehr zu strapazieren.
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Und am Ende gibt es noch zwei „Life Hacks“ in Sachen Wasser.
Bevor wir uns das näher anschauen, hier noch allgemeine Tipps, basierend auf meiner eigenen Trekkingerfahrung auf der Insel.
Neben dem gut gemeinten Rat, eine Wetter-App zu konsultieren, ob sich nicht in der weiteren Urlaubszeit ein Zeitfenster mit angenehmeren Temperaturen und leichter Bewölkung findet, hier ein paar praktische Tipps für das Trekking im Sommer auf Sardinien:
Ein Trekking im Sommer ist machbar, wenn du aufmerksam und gut vorbereitet bist.
Gewusst, WANN. Denn auch, wenn man denken könnte, dass es sich tagsüber ja aufheizt, ist der Abend trotzdem der bessere Zeitpunkt als der frühe Morgen. Zwar ist zwischen 6 und 9 Uhr Joggen oder Radfahren auf der Kurzstrecke noch okay, aber dann wird es schlagartig zu heiß. Speziell bergauf (oft reicht schon „hügelauf“) ist es zumindest für mich nicht mehr angenehm.
Und: Für ein Trekking brauchst du Zeit – allein, um im Zielgebiet anzukommen. Bevor du also mitten in der Nacht aufstehst, bleib lieber liegen 🙂 Kühle tagsüber in aller Ruhe Getränke und Obst, kaufe noch was ein, geh an den Strand, oder schlafe unterm Sonnenschirm oder im klimatisierten Zimmer vor.
Sonnenuntergang:
Danach wird es dunkel. Wenn du aber so gegen 18, 19 Uhr im Trekkinggebiet bist, reicht das immer noch für ein paar Stunden schöne Wanderung. Und im Zweifel hast du ja auch die gesamte Nacht zur Verfügung.
Ich komme ja gleich noch dazu, WO. Aber vorab: Ziele, die tagsüber im Sommer nur eingeschränkt machbar sind, weil baumlos, schattenlos oder schlicht zu anstrengend wegen vieler Höhenmeter, sind oft nachts prima. Vor allem in klaren Mondnächten.
Für ein Trekking im Sommer eignen sich abends fast alle einschlägigen Trekkingziele, auch Küstenwanderungen. Ein paar sachdienliche Hinweise hätte das schwarze Schaf dazu noch:
Echte Nachtwanderungen sind für mich im Sommer das Nonplusultra (hier ein Bericht von der Punta Lamarmora, das hat mich nachhaltig beeindruckt).
Ein Trekking durch die Nacht macht man natürlich nicht oft. Aber ein, zweimal ist das schon drin, wenn du zu den Bewegungshungrigen gehörst. Und egal, ob allein, zu zweit oder mit Freunden: Das können ganz wundervolle Abende und Nächte werden.
Nimm eine Taschen- oder Kopflampe, Reservebatterien (Solarbetrieb ist nachts mittelschlau), eine Powerbank und eine Funktionsjacke gegen die Luftfeuchtigkeit und ggf. nächtliche Kälteeinbrüche mit.
Optimale Ziele für ein Trekking im Sommer finden sich in Wäldern. Wälder, Wälder und noch mal Wälder. Vielleicht auch in Wäldern. Ganz toll sind auch Wälder. 🙂
Nun hat Sardinien das Problem, relativ baumlos oder nur von niedriger bis mittelhoher Vegetation bewachsen zu sein. Mirtobüsche, Wolfsmilch und Zistosen reichen meist so bis zum Bauch und bieten keinen Schatten. Und selbst, wenn da ein paar wehrlose, einzelne Bäume stehen, sind sie meist abseits des Pfades. Der Großteil der Landschaften auf Sardinien, insbesondere auf den höheren Bergen, sind der Sonne voll ausgesetzt. Kilometerweit laufen und steigen und dabei warme Luft wie aus einem Fön zu atmen, ist schon ab 30 Grad für schwarze Schafe überhaupt kein Spaß.
Daher mal ein paar Tipps für wirklich „coole“ Wanderungen mit ausgedehnten Waldgebieten und Trekkingpfaden:
Generell meide ich Trekkingziele mit hohen Steigungen im Sommer (wie z. B. Sa Stiddiosa, Gola Su Gorropu ab/bis Genna Silana). Rechne auch damit, dass viele Berggipfel auf Sardinien baumlos oder niedrig bewachsen sind.
In Wäldern ist es auch nicht unbedingt kühl, wenn überall 35 Grad sind. Und oft gibt es auch Wegstücke in der Sonne oder die Bäume – wie Stein- oder Korkeichen – sind eher niedrig und reichen nicht über den Wanderpfad. Speziell wenn die Sonne im Zenit steht, brauchst du geschlossene Baumwipfel – also hohe Bäume, dichte Wälder. Davon gibt es auf Sardinien nicht so irre viel. Die Tipps zu Kopfbedeckung und Sonnenschutz gelten also grundsätzlich.
Aber die massive, dauernde Sonneneinstrahlung fällt in vielen Waldgebieten weg und man hat immer eine Möglichkeit, sich in den Schatten zu stellen / setzen. Das reicht für mich schonmal aus, um einigermaßen entspannt zu laufen.
Ich plane außerdem Pausen ein. Zu Beginn des Sommers gibt es mancherorts auch noch natürliche Teiche und Wasserstellen in Flussläufen, in denen man baden kann. Die meisten trocknen aber mit fortschreitendem Sommer aus.
Apropos Wasser …
Zum Beduinen wirst du wie oben schon erwähnt: mit langen Klamotten. Da lohnt ein Blick auf die übliche Klamotte des Wüstenwanderers: leicht, aus Naturmaterialien und lang.
Eingehüllt von Kopf bis Fuß zu sein, ist extrem praktisch. Die Haut ist unser größtes Organ. Ist sie aufgehitzt und strahlt die Sonne direkt darauf, hat der Körper ordentlich zu tun – und verbraucht einen Großteil seiner Energie zum Kühlen.
Leichter, natürlicher Stoff auf der Haut sorgt dafür, dass die Haut selbst kühler bleibt und du mehr Kraft zum Laufen hast. Mal abgesehen davon, dass Sonne ziemlich viel Schaden anrichten kann. Aber Stoffe gibt es sogar mit UV-Schutz, auch Funktionshemden sind nicht verkehrt im Sommer. Auch Sprays für die Klamotten helfen (manche auch gleichzeitig gegen Mücken). Ich finde Stoff auf der Haut jedenfalls angenehmer als brennende Sonne.
Natürlich gibt es Tage, da laufe auch ich in kurzer Hose los – irgendwie meint man manchmal trotzdem, es sei angenehmer. Die Haut an den Beinen ist auch der Sonne etwas weniger ausgesetzt und robuster als die in Gesicht, Schultern und Decolleté.
Allerdings helfen lange Hosen auch gegen das Pieken der mediterranen Macchia. Sardiniens Vegetation ist ziemlich stachlig und die Wege sind selten so breit oder geputzt, dass man den Kontakt ganz vermeiden kann.
Zum Kamel werden ist naturgemäß etwas schwieriger – wenngleich ich mich beim Wasserschleppen manchmal wie eins fühle. Und wenn die Haut langsam und vorsichtig hellbraun wird, passt das auch optisch.
Aber Wasser hilft enorm. Wasserschleppen ist leider das A&O beim Trekking im Sommer. Daran kommst du nicht vorbei. Kleiner Trost: Wasserflaschen sind aber ja auch nur am Anfang schwer – du nimmst sie ja mit, um zu trinken. Trinke auch schon am Start einen halben Liter, damit du nicht dehydrierst. Jemand sagte mir mal: Wenn du Durst verspürst, läufst du eigentlich schon auf Reserve. Denke bitte auch daran, die leeren Flaschen und allen Müll wieder mitzunehmen.
Zum Schluss habe ich darum noch zwei Extra-Tipps zum kühlen Nass:
Als alter Trekking-Hase auf Sardinien schätze ich diese „erfrischenden Erfindungen“ ganz besonders. Sie verbrauchen nicht zu viel Wasser und halten ein Trekking durch.
1 – Dusche to go: eine recycelte, selbstgemachte Dusche. Fülle eine Plastikflasche (an denen du auf Sardinien eh schwer vorbei kommst) mit Leitungs- oder Quellwasser. Dann bohre mit dem Korkenzieher ein paar Löcher in den Deckel. Flasche aufrecht in den Tagesrucksack stellen und bei Bedarf damit die Haut kühlen und waschen. Ich war ehrlich erstaunt, als ich herausfand, dass ein Liter Wasser sogar reicht, um Staub und Schweiß loszuwerden und einigermaßen „restauranttauglich“ zu werden.
2 – Klamotten wässern: Ich hab ein, zwei Leinenhemden, die schon einiges mitgemacht haben. Die wässere ich bereits vor der Abfahrt und packe sie feucht ein. Geht aber natürlich auch an einer Quelle oder mit Flusswasser. Das hält nicht ewig, aber erfrischt und du läufst so 15-20 Minuten damit um einiges agiler. Bei Bedarf z. B. mit der obigen Dusche nachwässern. Geht übrigens auch sehr gut mit Stoffhüten, Kopftüchern oder großen Tüchern, die man sich umlegt.
Das soll für heute reichen. Ich wünsche euch trotz Hitze viel Freude dabei, Sardinien zu entdecken und wiederhole gern nochmal den Tipp von oben:
Trekking auf Sardinien ist am besten in der Nebensaison 😉
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Bettina Holbe
12. Juni 2022 at 12:06Wieder super geschrieben, liebe Nicole!
Danke für die Tips!
pecora nera
12. Juni 2022 at 17:07Danke für die Blumen 🙂