»Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehn« ... der Klassiker der 50er Jahre sorgt für Sehnsucht nach Meer. Spontanhilfe in der Nebensaison, während Nord- und Ostsee noch konsequent in Schietwetter baden: Sardiniens Segelreviere!
Sardiniens Seeseite erleben zu wollen, ist vielleicht nicht die billigste, so aber doch eine der besten Ideen, die du für deinen Urlaub haben kannst.
Oder soll es gar eine kleine oder große Auszeit auf dem Boot sein? Ja bitte gerne, am liebsten hier auf Sardinien! Und am liebsten jetzt, im Mai!
Capo Teulada: am südlichsten Punkt Sardiniens, nur 100 Seemeilen bis Tunesien!
Das Meer ist im allerbesten Wortsinn horizonterweiternd. Sobald du auf einem Boot sitzt, sieht sowohl das die Land, auf dem du eben noch standest, als auch die ganze Welt anders aus. Die ist nämlich schon 10 Meter vom Ufer entfernt ganz weit weg. Klingt komisch, ist aber so. Alles Unwichtige ist vergessen
Egal ob als Tagesausflug mit Skipper oder als Segeltour mit Freunden: Sardiniens Segelreviere sind der Hit. Und für alle Nicht-Segler ist die Küste mit dem gemieteten Gummiboot oder Kajak genauso traumhaft und blickwinkelverändernd.
Nebensaison-Traum: Ankerbucht vor der Isola Ogliastra an der Ostküste
Dieser veränderte Blickwinkel schenkt dir eine Reihe neuer Eindrücke und Erlebnisse. Echt schwarzschafig nämlich: weg vom Standard-Touristenmotiv, hin zum direkten Kontakt mit den Elementen.
Freiheit, Tiefenentspannung und atemberaubende Natur: Sag, was willst du määähr?!
Die Nebensaison ist beste Segelzeit auf Sardinien: Während Nordeuropa nur bescheiden was von „Winterlager“ murmelt, ist rund um Sardinien ganzjähriges Segeln möglich.
Der Wind ist generell moderat bis kräftig und erlaubt sportliches Segeln, es gibt mehr Tage mit Wind als ohne. Das ist vielleicht nichts für Anfänger, wohl aber für alle Seebären. Das Wasser ist kühler, aber wer sonst vor Fehmarn oder Marstal segelt, dem ist das ziemlich egal.
Viel Wind? Reff rein, auf geht’s!
Die Liegegebühren in den Häfen sind in der Nebensaison moderat, im Winter sehr niedrig und der Verkehr an den Hotspots (ja, die gibts auch auf dem Wasser) ist überschaubar. Im Sommer wird das um einiges mühsamer.
Speziell der Mai ist der perfekte Monat, um Sardiniens Seeseite zu erleben: viele sonnige und windig-sportliche Segeltage sind zu erwarten. Die ungemütlichen, im Winter vorherrschenden Winde der beiden nördlichen Quadranten fallen bereits etwas schwächer aus. Und manchmal spielt der Mai schon Sommer. Die Charterer haben ihre Boote frisch hergerichtet, die Skipper sind motiviert, die Häfen sind freundlich, einiges an Infrastruktur ist geöffnet.
Sardiniens Segelreviere: sportlich segeln leicht gemacht
Wenn du Sardinien umrunden willst, dauert das eine Weile. Mit einem sehr schnellen Boot und mit wenigen Stopps schaffst du die ca. 480 Seemeilen in ein paar Tagen.
Wenn du die Insel auch noch kennenlernen willst, brauchst du deutlich mehr Zeit. Aus den Häfen einen Ausflug ins Hinterland / entroterra zu starten, ist die nächste gute Idee, die du haben kannst.
Zwei, besser noch drei Wochen, wenn nicht sogar vier. Sardinien ist nämlich richtig groß und hat eine »irdene«, eher mit dem Land verbundene Kultur. Wenn du es an Land geschafft hast, kann passieren dass du dort dein Herz verlierst.
Sardinien hat 1.800 Kilometer zerklüftete Küste. Dem schwarzen Schaf ist völlig schleierhaft, warum sich alles nur im Norden vor der Costa Smeralda knubbelt. Der Löwenanteil dessen, was Sardinien an Segelrevieren zu bieten hat – nicht minder karibisch und schön – wartet auf dich!
Hier kommen die schwarzschafigen Reviere, in denen du deinen Segeltraum erleben kannst:
Schlicht fantastisch. Cala Mariolu vom Meer aus gesehen
Die Kombination aus hohen Felswänden und türkisfarbenem bis azurblauem Meer ist unschlagbar. Die Küste des Supramonte schlicht fantastisch. Es ist eines der erklärten Lieblingsreviere des schwarzen Schafs – an Land und zur See.
Schwieriger, steiler Trek von und zur Cala Biriala
In der Hochsaison nerven die Touristendampfer ein bisschen, aber so schnell wie sie kommen, fahren sie meist auch wieder ab. Vor 10 Uhr (ein Sonnenaufgang im orangenen Licht ist irre schön!) und nach 18 Uhr hast du auf jeden Fall deine Ruhe. Und in den zehn Monaten außerhalb Juli/August sowieso. Von einer der Buchten ins Landesinnere zu wandern und sich abends nach der Anstrengung auf dem Boot mit Wein und einem Topf Pasta zu belohnen ist einfach nur genial.
Über den besten Hafen der mittleren Ostküste herrschte zwischen Skipper und Schaf Uneinigkeit: Er meint, Arbatax. Schaf meint, Santa Maria Navarrese. Was meinst du?
Super Ausgangspunkt für Küsten- und Bergtreks: Hafen Santa Maria Navarrese
Das Insel-Archipel im Südwesten Sardiniens ist für viele Sardinien-Reisende, vor allem für Segler, noch eine große Unbekannte. Wer vor Sardinien segelt, tut das in der Regel nicht im Südwesten, es sei denn er ist Einheimischer oder umrundet die Insel.
Für einige, die auf größerer Fahrt im westlichen Mittelmeer sind, ist der wunderschöne Hafen von Carloforte erste Anlaufstelle (Tipp: Transitkai für Kurzlieger, am besten mit hohen Bordwänden) – die Balearen liegen 300 Seemeilen in ziemlich genau westlicher Richtung.
Isola Vacca e Isolotto Vitello, hinten Isola Toro
Die Westküste Carlofortes ist mit einigen hübschen Grotten und kleinen Lagunen gesegnet, Sant’Antioco hingegen hat die komfortableren und geschützteren Ankerbuchten, z. B. am Capo Sperone. Beide Inseln verdienen mindestens einen Tag Aufenthalt. Die Inseln Vacca, Vittello und Toro sind Nistgebiete von Seevögeln (bitte umsichtig fahren und nicht stören) und traumhafte Tauch- und Schnorchelgebiete.
Klar, klarer, am klarsten: Türkiswasser vor Sant’Antioco
Uns ist völlig unbegreiflich, warum das Revier nicht viel stärker in der Gunst der aktiven, sportlichen Segler steht – vor allem im Sommer. Das schwarze Schaf segelte im August, fand wirklich viel und immer Platz und aufgrund der Lage immer guter Brise Wind vor (deswegen ist die Region auch beliebt bei Kitesurfern).
Aber, das Sulcis-Archipel darf gern ein Geheimtipp bleiben – so geheim wie es sein kann, wenn man selbst drüber bloggt … seufz … 😉
Das Naturschutzgebiet meint es ernst. In der Area Marina Protetta (AMP) Isola dell’Asinara darfst du nicht alles tun und musst dich extrem vorsichtig bewegen. Und das ist auch der feine und richtige Unterschied zu den anderen Meeresschutzgebieten auf Sardinien, die manchmal den Tourismus an erste Stelle setzen.
Farbenpracht in den Buchten der Isola Asinara – Achtung, Ankerverbot!!!
Die Schutzzonen und Korridore sind streng einzuhalten, du darfst quasi nirgends ankern, nur nach Reservierung über Nacht an der Boje liegen und gewisse Gebiete darfst du nur durchfahren. Sonst kann’s teuer werden.
Hältst du dich aber an die sinnvollen Regeln, ist die Isola dell’Asinara gerade im Mai mit ihrer bunten Farbenpracht (quasi alles blüht, allen voran die Euphorbia) der helle Wahnsinn! An Land gibt es einige der schönsten Trekkingpfade Sardiniens.
Die unschlagbaren Vorteile der Westküste: Platz. Ruhe. Freiheit. Natur. Segeln pur. Nur du, dein Boot und das, was du an Kontakt zulässt. Und das vielerorts sogar in der Hauptsaison.
Sie hat nur ein „Problem“: ganz wenige Häfen und Ankerbuchten, die du bei den vorherrschenden Westwinden ansteuern kannst. Mancherorts erschweren Wellengang und Unterwasserklippen die Annäherung. Speziell der Nebensaison ist das Segeln hier absolut etwas für Fortgeschrittene. Und gerade das – zusammen mit dem aufkommenden Blauwasser-Feeling, je weiter du dich von der Küste entfernst – macht diese Inselseite so interessant.
Langweilig? Wir finden’s superschön!
Manche meinen, der Westen sei im Vergleich mit anderen Revieren langweilig. Die sind vermutlich bloß vorbeigesegelt. Wage dich dort wo es geht (elektronische Seekarte vorher updaten!) nah heran und du entdeckst superschöne Strände und bizarre Landschaften.
Das Capo Caccia – an Land und in der riesigen Neptungsgrotte schon ab Ostern ziemlich frequentiert – zeigt nur vom Wasser aus seine ganze Wild- und Schönheit: hohe, unzugängliche Felswände, die im Licht der Abendsonne herrlich leuchten. Alghero ist ein Traumhafen, der mit rund 800 Plätzen nie voll wird, auch nicht im Sommer. Bosa ist eines der schönsten Hafenstädtchen Sardiniens und die Küste südlich davon erinnert an die Cliffs of Moher in Irland – spektakulär an Tagen mit Westwind. Im Frühling fällt am Capo Nieddu ein Wasserfall direkt ins Meer! Die wunderschöne Sinis-Halbinsel bietet am Capo San Marco im Golfo di Oristano Schutz vor Wellen aus West und an Land sehr viel Kultur.
Cliffs of Moher? Nein, die Westküste südlich von Bosa!
Die Costa Smeralda ist im Sommer übervoll und überbewertet, in der Nebensaison im Wasser traumhaft natürlich. Ein wunderschönes Segelrevier, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Nur im Hochsommer: Ankern neben der Al Mirqab
Im Mai allerdings hat sie Charme. Hier und da öffnet schon ein Restaurant oder eine Bar, der Liegeplatz ist selbst in Porto Rotondo und Porto Cervo für relativ kleines Geld zu haben. Zwar ankerst du dann in der Cala di Volpe nicht neben der Al Mirqab des Emirs von Qatar, aber du erlebst die Costa ganz entspannt und wie sie (für das schwarze Schaf) am schönsten ist. An Land sind sogar einige hübsche Treks möglich.
Der Hafenbetrieb in Portisco, Porto Rotondo, Porto Cervo (der ganze Ort, sogar der berühmte Yachtclub, der im Sommer aus allen Nähten platzt, ist dick eingemottet) & Co. ist ziemlich eingeschränkt. Im Juli / August starten sie dann von Null auf Hundert und sprengen schlicht jede Bordkasse.
Nebensaison: schön wenig los im Türkiswasser des Grande Pevero
Grandioser und klarer ist das smaragdfarbene Wasser des Grande Pevero oder der Cala di Volpe in der Nebensaison ohne schwimmende Hochhäuser und wellenproduzierende, donnernde Jetskis und Tendermotorboote allemal!
Zugegeben: Das Arcipelago di La Maddalena ist DAS Traumziel für Türkiswasserfans schlechthin. Allerdings ist hier im Sommer ein irrer Verkehr, der für das fragile Naturschutzgebiet gar nicht mal so gut ist. Lösung: Nebensaison.
Türkistraum im Frühling: im Sommer ist das voller Boote und Menschen
In den Randmonaten des Jahres ist das Maddalena-Archipel wegen seiner Lage im Naturpark und Starkwindgebiet Bocche di Bonifacio kein ganz einfaches Segelrevier. Möglich, dass du bei einem Ausflug nach Bonifacio (super schönes Städtchen auf Korsika) zwar über die Meerenge kommst, aber dann ein paar Tage nicht mehr zurück.
Im Mai allerdings ziehen Stürme meistens schnell durch und die stillen Tage sind im Arcipelago di La Maddalena ohne den Tourismus-Ansturm ganz wunderbar. Dennoch: das Revier ist immer mit Vorsicht zu genießen und hat seine Tücken.
Nebensaison: abendliche Stille im Maddalena-Archipel
La Maddalena als echtes gewachsenes Städtchen mit seiner eigenen Inselkultur ist immer einen Landgang wert. Im Stadthafen Cala Gavetta findest du im Mai immer einen Platz und liegst beim ruppigen Nordwestwind Mistral / Maestrale am besten und auch mit gutem Schutz vor dem Schwell der Fähren zwischen Palau und Maddalena. Familiärer Alternativhafen, nur etwas ab vom Schuss, aber direkt am Trekkingparadies Caprera und mit dem Garibaldi-Museum in der Nachbarschaft: Marina del Ponte zwischen Maddalena und Caprera.
Hafentag bei Maestrale in Palau: nur die Fähren von und nach Maddalena kämpfen
Sardinien als Segelrevier ist eine kleine Wundertüte. Sowohl was das Wetter als auch die Besonderheiten mancher Häfen betrifft. Bereite dich gut auf deinen Törn vor. Hier gibt es schwarzschafige Unterstützung:
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Rainer
24. Juli 2017 at 12:35Das letzte Foto mit den kämpfenden Fähren ist wirklich sehr beeindruckend. Zum Segeln auf Sardinien braucht man schon ausreichend Erfahrung. Aber in der Nebensaison ist es dort absolut traumhaft!