Sardinien im Dezember. Ein echter Wollfühlmonat auf der Insel. Meistens fällt oder liegt kein Schnee, sondern die Sonne scheint eher wundervoll auf die bunten Weinhänge. Die Dörfer der Barbagia feiern daher auch noch weiter den Autunno / Herbst mit schönen Festen, und allein die Fahrt dorthin kann wunderschön sein.

Traumhaft: Die Sonne beleuchtet die bunten Weinhänge vor einem Regenhimmel, hier in Mamoiada.
Traumhaft: Die Sonne beleuchtet die bunten Weinhänge vor einem Regenhimmel, hier in Mamoiada.

Das Thermometer hängt so zwischen 12 und 18 Grad – und wenn die Sonne scheint, auch darüber.

Man hat nicht zwingend das Gefühl, im Dezember zu sein. Wobei, man friert schon oft, das liegt an der hohen Luftfeuchtigkeit. Wer sich noch nicht akklimatisiert hat, hat es leichter: Schätze, hartgesottene Dänen und Finnen gehen auf Sardinien im Dezember auch noch im Meer baden. Ich nicht.

Schneit es doch manchmal, dann so ab 600-700 Metern aufwärts (Achtung, in den Bergen ist auch auf Sardinien Winterreifenpflicht!). Und weil primär nördliche Winde wehen (Tramontana, Grecale), wird es dann auch kalt. Manchmal, aber oft nur ein, zwei Tage in Folge, regnet es. Das ist durchaus aushaltbar.

Ansonsten ist der Dezember ein kleines Träumchen, für alle, die einen Gang zurückschalten möchten.

Eine ganz wunderbare Stimmung liegt über der Insel, oft ganz ganz ruhig. Im Dezember ist Sardinien auch ideal für alle, die Tourismus so gar nicht mögen. Wer die Costa Smeralda im Sommer zwar schön findet, aber nicht bereit ist, für das Disneyland drumherum exorbitante Preise zu zahlen, der/die kann jetzt echte VIP-Momente und wahre Exklusivität und eine der schönsten Küsten Sardiniens in all ihrer Natürlichkeit erleben.

Einige Hotels und Restaurants sind auch in den Küstenregionen noch offen, selbst wenn alles andere eingemottet ist. Das ist dann der harte Kern und die Häuser von Sarden, die Gastgeber aus Leidenschaft sind, geführt.

Im Logudurese nennt man den Dezember übrigens mese de ìdas, was auf das indo-europäische Wort “idh” oder “edhas” für Brennholz zurückgeführt werden könnte, und somit auf die Feuer hindeutet, die im Winter allenorts in den Häusern entzündet werden, um Wärme und Licht zu spenden.

Und aus dem Restholz bastelt man ein lustiges Rentier, gesehen in Siniscola ;)
Und aus dem Restholz bastelt man ein lustiges Rentier, gesehen in Siniscola 😉

Der Dezember ist super für alle, die nicht erwarten, dass alles sonnig und strandtauglich ist. Und die sich vielleicht mit dem Gedanken tragen, hier leben zu wollen.

Aundi has fattu s’jerru fai s’istadi.

Dort, wo du den Winter verbracht hast,
kannst du auch den Sommer verbringen.

— Sardisches Sprichwort

Und eben nicht anders herum.

Denn ganz speziell ist Sardinien im Dezember gut für alle, die sich das Aussteigerleben bislang mit Sonne und Palmen vorstellen, und im Sommer in Verzückung geraten. Denn die müssen einmal einen ganzen Winter hier sein. Dann, und wirklich erst dann, wissen sie, wie weit ihre grenzenlose Liebe zur Insel geht (noch mehr in die Tiefe geht der Februar, lies gern auch diesen Artikel).

„Weihnachten light“

Perfekt ist Sardinien auch für Menschen im Weihnachts-Overload. Für alle, die bei »Last Christmas« ab dem 1. Advent in Endlosschleife schnappatmen (ich hab’s hier auf Sardinien tatsächlich nur ganz ganz selten gehört) ist es hier eine Wohltat! Und weiter kannst du in Europa auch nicht vom Nordpol entfernt sein. Mir fehlt das Weihnachtsgedöhns mittlerweile ein bisschen, aber ich kenne aus meinem „alten Leben“ das Gefühl, wenn es zu viel ist.

Beliebt in südlichen Gefilden: die Weihnachtspalme ...
Beliebt in südlichen Gefilden: die Weihnachtspalme …

Also: Weihnachts-Jahresurlaub auf Sardinien!

Reiseplanung im Dezember

Auf den ersten Blick schwierig: Anreise und Unterkunft.

Das Mittel der Wahl für alle, die im Winter nicht scheuen, ist die Fähre. Flüge sind im Winter tatsächlich extrem übersichtlich – und gefühlt wird es immer schlimmer: In Cagliari (CAG / Flughafen Elmas) landet z. B. Ryanair. Alternativ fliege über Mailand; oder nimm eben die Fähre nach Olbia). Hin so um den 20. Dezember, und wenn du kannst, zurück so spät wie möglich: 20. Januar (Warum? Wegen der Feste von Sant’Antonio, bitte hier entlang). 

Vergiss alles, was du aus dem Sommerurlaub über Hotels und Sardinien weißt. Ist für die Katz’. 90 Prozent der üblichen verdächtigen Hotels an der Küste haben in der Nicht-Saison zwei Kardinalfehler: 1. geschlossen, 2. nicht buchbar.

Sämtliche Suchmaschinen scheren sich aber einen Dreck um deine Reisezeit und werfen sie trotzdem aus. Wo tutto l’anno / ganzjährig draufsteht, ist, wenn’s ernst wird, nix drin. Zuuufällig ausgebucht. Zuuufällig kostet das Zimmer 8.000 Euro, damit keiner bucht. Ja, ja. Schon klar. Ihr mich auch! 

Aber natürlich gibt es Hotels und Zimmer. Sogar richtig gute, die dich den Himmel der sardischen Gastfreundschaft spüren lassen. Das sind halt nur nicht die, die von den landläufigen Incoming-Agenturen und in Suchmaschinen gepusht werden.

Aber man wär ja kein schwarzes Schaf, wenn man sich davon beeindrucken ließe! Denn natürlich haben viele einheimische Gastgeber geöffnet.

Du kannst sogar auch gar nichts buchen und vor Ort die Schnüffelnase bemühen – das klappt bestimmt!

Trick 17 für Sardinien im Dezember: Cagliari

La rinascente in Cagliari
La rinascente in Cagliari

Die schönste Inselhauptstadt der Welt hat immer, wirklich IMMER ein warmes Bett. Und wenn du Glück hast, sogar ein schönes. Das Schaf fand seins spontan über ein einschlägiges »Gastgebersuchportal«, das tatsächlich inselweit funktioniert.

Und jetzt die beste Nachricht: In Cagliari gibt es alles! Immer, zu jeder Jahreszeit. Eine echte Stadt! Und: Cagliari hat sogar einen Weihnachtsmarkt! Gut, die paar Hütten an der Piazza Yenne sind zwar nicht in Ansätzen vergleichbar mit Lübeck oder Nürnberg oder Einsiedeln, aber egal!

Meist ist im Dezember eh noch Herbst. Bei 20 Grad und Sonn kommt auch erstmal keine weihnachtliche Stimmung auf. Da war der Prosecco-Stand genauso gut. Aber: Nach vier davon singst du trotzdem Schingelbells! 😉

Tagsüber sitzt du tatsächlich oft bei Sonne in mediterranem Flair mit einem Vino auf der Piazza oder zockelst durch den botanischen Garten oder machst einen langen Strandspaziergang. Wenns abends kalt wird, gehst du in eine nette Trattoria oder eine Bar.

Auch ein schöner Platz Welt für den Jahreswechsel ist übrigens Alghero – mega entspannt und mit einem tollen Programm zum Cap D’Any.

Die Honky Tonk Jazz Band an der Stadtmauer von Alghero

Bist du im »Wintermodus« angekommen, wage den nächsten Schritt:

Eine Sardinien-Rundreise! 

Gleich vorab: Jaaaa, auch im Landesinneren hat das schwarze Schaf immer ein Zimmer gefunden, oft sogar in ganz kleinen, gewachsenen Orten und im »Notfall« über die Umkreissuche der Buchungs-App.

Einzig die Feuchtigkeit in manch alten Häusern ist ein echtes Problem und mühsam. Du brauchst warme Klamotten, einen Schlafsack und »musst« dich vermutlich hier und da auch mit Hochprozentigem am Kaminfeuer wärmen. Hach, wie furchtbar … 😉 (Hier geht es übrigens zur schwarzschafigen Packliste für das ganze Jahr).

Feste feiern im Landesinneren

Der Vorteil, wenn du durch das Hinterland fährst: Die reduzierte Zurück-zu-den-Wurzeln-Stimmung sorgt ganz sicher für beeehsinnliche Momente. Ich – eigentlich echt nicht religiös – hatte mal ein wundervolles Weihnachten in einer urigen kleinen Landkirche, nachdenkend über den Sinn des Lebens und von allem … die Antwort war trotzdem 42, aber egal, ich hab drüber nachgedacht!

An einem Feuer, am besten noch in Gesellschaft netter und zufriedener Menschen ist das Inselinnere natürlich noch besser. Ach, das sind alles schon ziemlich gute Erlebnisse.

Aber das Hinterland ist nicht nur Stille und Rumsitzen und Cannonau trinken: Erstens kannst du hier ganz großartige Trekkingtouren in genialem Klima unternehmen. Geführte Exkursionen meistens nur an den Wochenenden, und tendenziell eher Sonntags, da die Guides unter der Woche oft einer anderen Arbeit nachgehen.

Zweitens ist mitten in der Insel der Geheimtipp für Kunstinteressierte zu finden: Das MAN Museo d‘Arte Provincia di Nuoro ist für seine tollen Ausstellungen im Winter bekannt. Winteröffnungszeiten: 10-13, 15-19 Uhr (im Sommer durchgehend), montags Ruhetag.

Aber viele Museen haben im Winter geöffnet, z. B. auch die stazione dell’arte in Ulassai oder das Museo Nivola in Orani (Ruhetag Mittwoch).

Buon Natale!

Sardinien im Dezember heißt dann irgendwann natürlich: Weihnachten / Natale. Das kannst du je nach Stimmung entweder allein oder mit deiner eigenen, mitgebrachten Familie oder in einem persönlich geführten Agriturismo oder B&B mit Familienanschluss feiern. Vielleicht lernst du unter den Sarden auch bei deiner Rundreise Leute kennen, die dich einladen. Lass es auf dich zukommen!

Weihnachtsbaum am Lungomare in Olbia

Dann gehe noch ein bisschen wandern oder klettern und feiere ausgiebig Silvester. Das wird alles sehr gelöst und stimmungsvoll!

Wundere dich aber nicht, wenn das trotzdem etwas schmaler ausfällt als du es gewohnt bist. Weihnachten ist auf Sardinien nicht so ultra wichtig. Den 25. Dezember nennt man Pas’a ’e Nadale / pasqua di Natale / das Ostern der Weihnachtszeit. Denn: Ostern das weitaus wichtigere religiöse Fest auf Sardinien (Seite 67). Weihnachten gibt es eigentlich nur für die Kinder.

Aber in den letzten Jahren hat sich da einiges getan – auch wenn immer noch Palmen und Olivenbäume beleuchtet werden und das tatsächlich oft etwas määäährkwürdig aussieht.

Einer roter Teppich aus Corbezzolo auf den Trekkingpfaden im Dezember
Einer weihnachtlicher, roter Teppich aus Corbezzolo auf den Trekkingpfaden im Dezember

Hübsche Krippen, oft lebensgroß, sind vor vielen Dorfkirchen und in kleinen Dörfern im Landesinneren zu sehen, z. B. in Fonni oder Gadoni. Oder dort, wo sonst gerade rein gar nichts los ist: Eine besonders schöne Krippe gibt es jährlich in Porto Cervo an der schönen Kirche Stella Maris. Dort gibt es für die wenigen Ganzjahresbewohner auch einen stimmungsvollen Gottesdienst.

Die Weihnachtstage selbst verbringen die Sarden im Kreis ihrer Familie, 25., 26., sind die Straßen wie leergefegt, auch Geschäfte und Supermärkte schließen, teils sogar die Restaurants. Aber die ein oder andere Bar für einen guten Cannonau findet man sicher.

Gegen einen weihnachtlichen Cannonau ist grad mal gar nix einzuwenden :)
Gegen einen weihnachtlichen Cannonau ist grad mal gar nix einzuwenden 🙂

Aber keine Sorge, zu Silvester / Capodanno öffnen alle wieder, und dann wird gefeiert!

Schwarzschafiger Jahreswechsel

Und da kommen wir zu einem der wenigen Dinge, um die du dich besser im voraus kümmerst: Reserviere dir einen Platz für das große Silvester-Abendessen / Cenone di Capodanno in einem der wenigen geöffneten Restaurants. Im großen Kreis zu feiern ist bei Sarden und Italienern extrem beliebt und die guten Restaurants sind quasi sofort ausgebucht, wenn das Menü bekannt gegeben wird (die facebook-Seiten der Restaurants sind da übrigens die besten Adressen, um an die Infos zu kommen).  

Wird das nichts mit der Reservierung, ist die Alternative auch nicht schlecht: Zu Silvester / Capodanno werden in den größeren Städten freie Live-Konzerte von sardischen, italienischen und manchmal auch internationalen Stars organisiert.

Die beliebtesten Orte auf Sardinien für Silvester mit den Tipps für den Jahreswechsel 2019/2020:

  • Alghero – Cap D’Any ist das größte und vielleicht schönste Silvesterfest. Die Stadt ist schön geschmückt (manchmal etwas too much) und hier gibt es im Dezember einen Weihnachtsmarkt. — Zimmersuche in Alghero
  • Cagliari – Auf der Piazza Yenne beginnt immer so gegen 22:30 ein Konzert, für alle, die sich entscheiden, zuhause zu essen. An anderen Stellen gibt es auch Konzerte, die nach dem Cenone im Restaurant beginnen. — Zimmersuche in Cagliari
  • Olbia – erwartet zum Jahresbeginn meist italiensiche Künstler/-innen auf der Bühne, die an der zentralen Molo Brin aufgebaut wird. Das Riesenrad ist auch im Betrieb, die Stadt hat sich gemausert. — Zimmersuche in Olbia
  • Castelsardo – Die Stadt im Norden ist zum Jahreswechsel immer toll geschmückt und sehenswert. Und auch hier gibt es konzerte. — Zimmersuche in Castelsardo

Nicht wenige Sarden organisieren zuvor ein Abendessen mit Freunden, dann nimmt man ne Flasche Champagner unter den Arm und dackelt zu einem der Live-Konzerte (direkt vor die Bühne darfst du Flaschen natürlich nicht mit nehmen, aber so am Rand ist alles gut).

Tja, und dann heißt es: Buon Anno! oder auch

Felice Anno Nuovo! Happy New Year!

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