Eine tragische Liebesgeschichte während der Transhumanz / transumanza (der Hirtenwanderung vom Berg zum Meer) soll sich vor langer Zeit in Austis abgespielt haben.

Ein Schäfer aus dem Bergdorf Austis war mit seiner Herde in die Ebene, hinunter in die Gegend um Cabras gewandert, da es dort grünes Weideland und deutlich milderes Winterklima gab.

Dort traf er ein Mädchen aus Cabras und versprach ihr, sie in sein Dorf zu holen und zu heiraten, wenn er seine Schafe zurückgebracht hatte. Geschenke wurden als Zeichen des Versprechens gegeben. Eltern und Pfarrer gaben ihren Segen. Alles gut.

Der junge Mann ging im Frühling zurück in sein Dorf. Dort vergaß er allerdings recht schnell seine Absichten. Nicht nur das: Er verliebte sich in eine andere und heiratete die. War vielleicht auch einfacher …

Unterdessen wartete das Mädchen in Cabras, immer noch schwer verliebt. Da ihr Hirte nicht zurückkam, ward sie immer unglücklicher und die Familie beschloss schließlich, dass sie die beschwerliche und schwierige Reise in Richtung Barbagia unternehmen sollte, um ihre Ehre zu verteidigen.

Sie ging fast 80 Kilometer zu Fuß, über Schotterwege und felsige, distelige Weiden, durch die Wälder der südlichen Barbagia. Tatsächlich erreichte das Mädchen Austis irgendwann – aber dort? Sie fand ihren Liebsten mit der anderen verheiratet vor!

Furchtbar enttäuscht, lief sie schnell aus dem Dorf hinaus, über den Monte Borta Melone. Dort blickte noch einmal zurück, auf die zerstörte Liebe, die verlorene Zukunft und das ihr ungnädige Schicksal.

Die heimatliche Ebene voraus, doch der Blick zurück lässt das Mädchen zu Stein erstarren.
Die heimatliche Ebene voraus, doch der Blick zurück zur verlorenen Liebe lässt das Mädchen zu Stein erstarren.

Und in ihrem immensen, hoffnungslosen Schmerz erstarrte sie zu Stein. Bisschen übertrieben vielleicht, so als Reaktion. Gibt ja noch andere Schäfer. Aber nun gut. Wenn es so war, dann war es so.

Varianten der Legende

Die zweite Version der Legende sieht das oben beschriebene genau anders herum: Der zukünftige Ehemann soll von einem anderen Hirten erfahren haben, dass seine Liebste aus Cabras ihn während der langen Wartezeit betrogen habe.

Als die sündige Frau dann zur Hochzeit nach Austis kam, soll sie zur Strafe versteinert worden sein. Wie auch immer er das angestellt hat. Aber generell ist das mit der Versteinerung ja so eine Sache. Man weiß heute einfach nicht mehr, wie das geht.

Noch eine andere Version spricht davon, dass eine Frau (vermutlich auch die aus Cabras) einen Krug Milch auf dem Kopf trug (vielleicht als Proviant für ihre lange Reise). Als sie an einem hungrigen Hirten vorbeiging, fragte der sie, was sie da trage. Sie antwortete „Steine“ – wohl aus Enttäuschung über den treulosen Schäfer.

Der zweite Hirte wusste, dass das nicht stimmte und verfluchte sie für ihre Lüge: Sie solle augenblicklich zu Stein werden.

Vielleicht geschah das. Oder von allem ein bisschen oder gar nichts davon.

Möglich auch, dass der Fels einfach nur von Wind und Wetter so gezaubert wurde. Im Inneren des Granitgesteins sollen chemische Prozesse stattfinden, die zusammen mit sehr, sehr viel Zeit und Wetter die wundersamsten Formen schaffen können.

Was von all dem wahr ist, weiß das schwarze Schaf nicht. Aber dass es ein wahrhaft schöner Weg ist, den du gehst, um Sa Crabarissa aus der Nähe zu sehen (wobei sie aus der Ferne besser erkennbar ist), das ist wahr.

Apropos erkennbar: Viele sehen in dem Felsen ja gar kein Mädchen. Genauso wenig wie sie im Bärenfelsen bei Palau einen Bären erkennen. Auch das schwarze Schaf ist eher geneigt, „große Gottesanbeterin“ zu sagen.

Aber direkt in Austis gibt es ein kleines Geschäft mit Kunsthandwerk, das kolorierte „Crabarissas“ hat – Farbe macht die Dame tatsächlich sichtbar.

Austis: Ausflugsziel für wahre Natur- und Sardinienfreunde

Austis selbst ist den langen Weg wert – ein hübsches, sardisches Dorf mitten in Sardinien, mit supernetten Menschen.

Rundhaus in Austis
Hübsches Rundhaus in Austis, im historischen Zentrum

Die Barbagia ist in der Subregion Mandrolisai ein echter Hingucker: Weinhänge wechseln sich mit Feldern und Wäldern ab, ab und zu begegnen dir Schafherden.

Und welche Reisezeit empfiehlt das schwarze Schaf? Im Prinzip ganzjährig.

  • Im Spätsommer (Ende August / Anfang September) ist Weinernte in der Mandrolisai und du findest rund um die wenigen Dörfer vielleicht sogar ein kleines Fest.
  • Im Herbst sind die leuchtenden Farben der Weinhänge auf den weiten Hügeln eine echte Pracht. Ende September ist zudem das Herbstfest Impressionen aus Austis findest du in unserem Artikel zum Autunno in Barbagia.
  • Im Frühling ist der Mandrolisai zauberhaft und ein kleines Paradies. Und wenn du in erster Linie wandern und die Natur entdecken willst, ist der Frühling schöner, speziell wenn es ein bisschen geregnet hat, findest du saisonale Flussläufe, Seen und Wasserfällchen. Wo, verraten dir die Einheimischen.
  • Sehr schön ist Austis auch im Winter und zum sardischen Karneval (ca. Februar/März), wobei das vielleicht etwas mehr Vorbereitung braucht. Austis hat kein Hotel und B&B bzw. Agriturismi sind zwar da, aber öffnen ggf. nur auf Voranmeldung. Und man spricht sicher kein Deutsch. Im Winter achte darauf, dass dein Auto / Mietwagen auch Winterreifen und ausreichend Profil hat.
Unterschätzte Weinregion mit vielen kleinen Produzenten: Barbagia Mandrolisai (besonders schön im Herbst zur / nach der Weinernte)
Unterschätzte Weinregion mit vielen kleinen Produzenten: Barbagia Mandrolisai (besonders schön im Herbst zur / nach der Weinernte)

Am Monte Borta Melone als auch am Monte Santa Vittoria sowie in Richtung der Dörfer Nughedu Santa Vittoria bis Sorradile findest du viele Trekking-, Bike- und Reitmöglichkeiten. Gehe da entweder der Nase nach, folge kleinen, ggf. auch selbstgemalten Schildern. Oder frage vor Ort. Auch, was ggf. das Mittag- oder Abendessen oder eine Übernachtung betrifft. Hier bist du so weit weg von allem Tourismus, dass du nirgendwo auf die Nase fallen wirst.

Mehrere Wanderpfade sind in der Nähe der Crabarissa ausgeschildert und alle relativ gut begehbar. Hier findest du eine Karte der Region als PDF.

Ein langer, aber einfacher Pfad (fast 7 Kilometer, aber nur 200 Höhenmeter) ist der T 511 (hier die Beschreibung auf sardegnaambiente.it in italienischer Sprache). Er führt durch die Oasi naturalistica di Assai, ein ausgedehnter Wald aus Steineichen und wild wachsendem Buschwerk, in dem sich viele Tierarten angesiedelt haben, darunter die Wildkatze, der Marder, der sardische Hirsch, Damwild und Wildschweine. Und last but not least können am Himmel oder auf den Felsen Habichte, Steinadler und Geier gesichtet werden. Sa Crabarissa ist quasi das Highlight fast am Ende des Pfades.

Austis und die Barbagia Mandrolisai sind wärmstens zu empfehlen für den nächsten Sardinien-Urlaub. Und wenn du schonmal da bist, fahr doch auch gleich noch nach Teti, ein archäologisch und kulturgeschichtlich hoch interessantes Dorf.

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