Spannende Geschichten und Konzepte für nachhaltigen Tourismus, speziell auf Sardinien, beschäftigen mich ja schon seit Jahren. Mit Freude nehme ich wahr, dass sich einige Dinge zum Besseren wandeln das Bewusstsein unter uns Reisenden größer wird. Ganz allgemein scheint, dass wir mehr auf Details achten, uns informieren und Wert auf Echtheit und Landeskultur sowie Qualität statt Quantität legen.

Und auch in diesem Jahr möchte ich allen Reisenden, die sich als Gäste verstehen und die Insel noch besser kennenlernen möchten, eine schöne Alternative oder Ergänzung zum Badeurlaub geben: die Sardinien-Etappe des italienweiten IT.A.CÀ.-Festivals 2023.

Festival IT.A.CÀ. 2023 – Etappe Ogliastra
8. – 17. September 2023
Arzana – Lanusei – Villagrande Strisaili

Alle Etappen in Italien (vielleicht auch interessant für die An- oder Abreise) findet ihr auf: festivalitaca.net
IT.A.CÀ. Festival für nachhaltigen Tourismus – auf Sardinien und in ganz Italien

Das mehrtägige Programm hat sich einem nachhaltigen, behutsamen und doch erlebnisreichen Urlaub verschrieben, der die Natur und die Menschen, die auf Sardinien leben, respektiert.

Hier in italienischer Sprache; online einsehbar ist es z. B. auf der facebook-Seite des Events.

Programm IT.A.CÀ – 08.-12.09.2023
Programm IT.A.CÀ – 13.-17.09.23
Anmeldung via Eventbrite.it

Einige Ausstellungen und Programmpunkte sind frei zugänglich, andere (wie z. B. Verkostungen, Mittagessen oder Ausflüge mit E-Bike oder Kanu) sind kostenpflichtig. Zu diesen könnt ihr euch über den abgebildeten QR-Code anmelden.

Am Festival IT.A.CÀ. 2023 findet ihr viele Gelegenheiten, euren ganz normal geplanten Sardinien-Urlaub durch nachhaltige Erlebnisse in etwas ganz Besonderes zu verwandeln.

Die Etappe des Festivals in der Ogliastra möchte mit den Gemeinden Arzana, Lanusei und Villagrande den Menschen und dem Alltag in ihrer Heimat einen speziellen Wert verleihen.

Reisende erleben diese Orte und ihnen werden Türen und Horizonte eröffnet – zu Hirten-Traditionen, enogastronomischen Spezialitäten wie Wein und Honig, archäologischen Stätten wie Is Forros und zu Gigantengräbern; geboten werden auch natürliche und kulturelle Touren zu Seen und Bergen.

Das Itaca-Festival gibt außerdem den Geschichten der Menschen Raum.

Die Itaca-Reise-Philosophie: ein Zuhause im Urlaub

Im Urlaub vom eigenen Zuhause in ein temporäres Zuhause zu reisen. Der Name des Festivals stammt einerseits von ît a cà – das bedeutet Du bist zuhause in dem in Bologna gesprochenen Dialekt, wo die Idee ihren Anfang nahm. Gleichzeitig ist auch die griechische Insel „Ithaca“ gemeint – in Homers Epen die Heimatinsel des Odysseus, der sein Zuhause erst nach einer langen Irrfahrt als Spielball Poseidons im Mittelmeer erreichte.

Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Und – huch! – da wir sind direkt bei dem diesjährigen Motto des Itaca-Festivals gelandet!

TUTTA UN’ALTRA STORIA – LE COMUNITÀ RACCONTANO I TERRITORI

Ungefähr kann man das übersetzen mit: Eine ganz andere Geschichte – Die Menschen der Gemeinden erzählen von ihrem Lebensraum.

Die Leute, die hier leben, erzählen von ihrem Zuhause, von ihrem Dorf, von der Umgebung, von dem, was sie kennen und lieben – und das wir als Reisende bei unserem Besuch vorfinden. Sie lassen uns ganz nah an ihr wirklich wahres Leben, an ihre Traditionen und Lebensart, an ihre historischen und immateriellen Schätze.

Und sie zeigen uns das, was ihnen wichtig ist.

Bei einem Glas Wein werden auf Sardinien Geschichten erzählt. Hier im Agriturismo Nuraghe Murtarba bei Tortolì
Bei einem Glas Wein werden auf Sardinien Geschichten erzählt. Hier im Agriturismo Nuraghe Murtarba bei Tortolì

Das diesjährige Motto setzt also einen Fokus auf lokale Gemeinden.

Stellvertretend für viele kleine, lebens- und liebenswerte Dörfer auf der Insel führt das Programm uns wie bereits im letzten Jahr nach Villagrande Strisaili, Lanusei und Arzana – in drei Dörfer der Ogliastra an der mittleren Ostküste Sardiniens.

Die Lage ist nicht zufällig, denn die Ogliastra verbindet auf wunderbare Weise die Reisenden, die sich zum Großteil nah am Meer aufhalten, und die Sarden, die eher im Inselinneren und in den bergnahen Regionen leben, an den Flanken des Gennargentu (wo sie bekannterweise auch besonders alt werden).

Geschichten vom temporären Zuhause – quasi um die Ecke

Die Wege sind auf einer Insel grundsätzlich übersichtlich. In den Bergen ja, da dauert es manchmal länger, bis man ankommt. Aber das ist der Vorteil von Lanusei und Umgebung: Hier ist die Anreise nicht wirklich weit. Das Meer ist in Lanusei sogar noch in Sichtweite und von Tortoli nach Villagrande dauert es nur rund eine halbe Stunde.

Von der Schnellstraße 131 geht es über die fast schnurgerade Landstraße SS 389 von Nuoro flugs bis Villagrande. Dann nur noch ein paar Kurven und du findest dich in den Wäldern am Dach der Insel bei Lanusei und Arzana wieder. Auch bis dahin ist es rund eine halbe Stunde.

Unterm Strich bräuchte man also sogar ab Olbia (je nach Zahl der Baustellen und ernst genommenen Geschwindigkeitsbegrenzungen) nur rund 2-2,5 Stunden.

Und dann bleibe einfach ein Weilchen. Halte dich ruhig so 1-2-3 Tage hier auf. Es lohnt sich wirklich – und allein Lanusei hat so viel zu erzählen (hier mein Bericht über das wuselige Bergstädtchen mit Meerblick).

Lanusei – das Städtchen mit Meerblick

Jeder der drei Orte berichtet auf eigene Weise von den Traditionen des Ortes, der Geschichte, den Menschen, der lokalen Lebensart, der Geschichte und den Lebensräumen rundherum.

Und lädt uns ein, eigene Geschichten zu erleben.

Wir blicken bewusst hinter die Fassade aus Sommer, Sonne und Strand. Wir verlassen das übliche Sardinien-Bild, das nur an der Oberfläche kratzt und trauen uns nah an das, was die Insel in ihrem Kern ausmacht: ihre Menschen.

Und Menschen erzählen eben Geschichten. Jeder Mensch anders und jeder eine andere.

„Das ist eine ganz andere Geschichte“

Wie oft hören wir das? Oft wird es dahingesagt. Und oft beendet der Satz auch den Diskurs. Vielleicht, weil man keine Zeit oder Lust hat, zu erzählen oder zuzuhören.

Aber manchmal halten wir auch inne. Denn der Satz ist ein Signal an uns, dass wir an der Oberfläche kratzen. „Wie war es denn genau?“ fragen wir dann nach.

Sei neugierig wie eine Ziege 🙂

Und genau da setzt das Itaca-Festival an. Denn wie es genau war, können wirklich nur die Leute erzählen, die in einem Ort leben, ihn erleben, die wissen, was wann wo geschehen ist – und deren eigene Geschichte damit zusammenhängt.

Die Geschichten, die wir hören oder die wir selbst erzählen, geben unserem Leben, unserem Dasein und den Orten, an denen wir leben, einen Sinn.

Was hat das mit Nachhaltigkeit und nachhaltigem Tourismus auf Sardinien zu tun?

Geschichten vertiefen unser Verständnis – zum Beispiel eben für einen Urlaubsort. Wir treten aus dem Konsumenten-Dasein heraus und in das Zuhause-Sein hinein. Damit schonen wir automatisch die Umwelt, weil es uns näher und mehr wert ist. Und das auch beim nächsten Besuch.

Genau so geht Nachhaltigkeit.

Ein kleiner Paradigmenwechsel zum Normalo-Konsum-Tourismus, bei dem Menschen ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen wollen. Eine Reise nach Hause ist emotional – und allein darum etwas ganz anderes.

Die Idee ist, schönere, interessantere und eben nachhaltigere Ferien zu verbringen, statt einfach nur an einem bestimmten Ort zu sein, „an dem man mal gewesen sein muss“ oder einen Urlaub, in dem man den Superlativen hinterher jagt, um Social Media zu füttern oder Arbeitskollegen neidisch zu machen.

Und welche Geschichten erzählen wir von unserem diesjährigen Sardinien-Urlaub?

Heute, in einer schnellebigen Zeit, in der oft nur Titelzeilen und einzelne Fotos und Videos konsumiert werden, können die Geschichten, die wir unseren Freunden und Kollegen nach unserem Urlaub gegenseitig erzählen, eine neue Tiefe vermitteln.

Wenn sie denn nicht nur von dem schönsten Strand oder einem Ichnusa oder Aperol Spritz in der Beach Bar handeln, sondern auch von menschlichen, kulturellen, naturnahen – eben nachhaltigen – Erlebnissen auf der Insel.

Vielleicht von einem Eseltrekking in Verbindung mit einer Weinernte oder -verkostung (z. B. mit Sardaigne en Liberté) oder von einer Baumpflanz-Aktion – wie ich hier in meiner eigenen Geschichte aus dem letzten Jahr erzähle. Oder von einer Trekkingtour im Gennargentu (schön schattig im Bosco Selene bei Lanusei) oder einer Führung durch die archäologische Stätte Is Forros.

Alles, was unser Verständnis für die Natur und die Kultur fördert, ist wichtig für Sardinien und für uns selbst.

Highlight unter meinen persönlichen Geschichten: Ich habe einen Baum gepflanzt!
Highlight unter meinen persönlichen Geschichten: Ich habe einen Baum gepflanzt!

Sardinien kann uns ein Vorbild sein – denn viele Dinge machen die Menschen hier richtig und vielleicht sogar besser als wir.

Zum Beispiel, was die kulturell verankerte Gastfreundschaft gegenüber Fremden, die Liebe zur Natur, ihrer terra sarda, sowie die Wertschätzung für die kleinen, persönlichen, nachbarschaftlichen und regionalen Dinge angeht.

Eine ganz andere Geschichte ist aber unser Zuhören, unsere eigene Fürsorge, unser kollektives Nachdenken und die Fähigkeit, das Erlernte in die Tat umzusetzen und unser eigenes Sein zu hinterfragen.

Wie können wir im Urlaub nachhaltig handeln?

Unsere Handlungen, auch wenn sie nur für uns sind, machen einen Unterschied:

  • Wie können wir Solidarität mit den Einwohnern der Insel zeigen?
  • Wie gehen wir verantwortungsvoll mit unserem temporären Zuhaue Sardinien und unserem eigenen Zuhause in Deutschland, Österreich, der Schweiz und auf diesem Planeten um?
  • Was können wir aus Sardinien für unser tägliches Leben mitnehmen – in eine Realität auf einem Planeten, der zunehmend verwüstet erscheint und unter uns Menschen leidet?
  • Haben wir in unseren Ferien etwas gelernt und versuchen, Nachhaltigkeit wirklich in die Tat umzusetzen?

Das Motto unterstreicht also den besonderen Wert, den es für Reisende haben kann, von den Menschen, die in einem Ort leben (und gelebt haben), direkt informiert zu werden. Und das …

… an Orten, „die in der Lage sind, eine radikale Perspektive zu bieten, von der aus man Alternativen und neue Welten betrachten, schaffen und sich vorstellen kann. Dies ist keine mystische Vorstellung von Marginalität. Es ist das Ergebnis gelebter Erfahrung.“

Bell Hooks (Teaching to transgress – Education as the practice of freedom. 2020)

Zehn Tage voll mit tollen Erlebnissen warten auf euch!

Also, auf in die Ogliastra – nach Villagrande Strisaili, Lanusei und Arzana!

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