Der Supramonte di Baunei ist landschaftlich traumhaft, und gehört zu den schwarzschafigen Lieblingsplätzen. Trekking, Klettern, Kayaken, alles was das Herz begehrt – er ist ein wahres Outdoor-El-Dorado! Gleichzeitig lockt er Strandurlauber mit idyllischen Buchten und Türkisträumen im südlichen Golfo di Orosei. Er verspricht Freiheit, Abenteuer, Natur und Wildheit.
Seit April 2019 gibt es von der Gemeinde Baunei nun ein neues Regelwerk für den Supramonte, bzw. für alle, die sich im Supramonte di Baunei bewegen. Mit diesen Regularien entsteht auch administrativer Aufwand, der zum Teil von den Besuchern in Form von kostenpflichtigen Tickets und Vouchern kompensiert wird. Konsequenterweise gibt es auch Strafen für diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten. Mittelfristig steht zu erwarten, dass andere Regionen auf Sardinien diesem Beispiel folgen.
Das schwarze Schaf war zunächst ein bisschen angegnörzt, weil ja bekanntlich ein Freigeist und Verfechter unregulierter Naturerlebnisse.
Aber ich kann absolut verstehen, wenn die Gemeinde irgendwie versucht, der steigenden Zahl an Touristen Herr zu werden und außerdem für Sicherheit in einem Gebiet zu sorgen, das durch seine Wildheit eigentlich nur bedingt für den St(r)andard-Touristen geeignet ist. Der Ansatz von Baunei ist insofern grundsätzlich in Ordnung. Ich sehe allerdings auch großes, gedankliches Optimierungspotenzial. Mehr dazu weiter unten im schwarzschafigen Kommentar.
Für den Moment ist es so, wie es ist. Und darum macht das schwarze Schaf das Regularium hier auch rein sachlich zugänglich, damit sich jede/-r korrekt verhalten und Strafen vermeiden kann.
Hier und da sind eigene Gedanken und Erfahrungen des schwarzen Schafs im Supramonte ergänzt. Beginnend mit dem Thema Sicherheit.
Ein wesentlicher Grund für die neuen Regularien ist das Thema Sicherheit. Und das ist im Supramonte gar nicht so ohne. Tatsächlich gibt es wahnsinnig viele Leute (speziell Nordeuropäer), die den Supramonte unterschätzen und aus misslichen Situationen befreit werden müssen.
Die wesentlichen Fehler und falschen Vorstellungen:
Nicht genug Wasserproviant / keine Kopfbedeckung – Folge » Dehydrierung. Sogar Leute, die eigentlich erfahrene Wanderer sind, tappen in diese Falle. Es ist eben doch keine Wanderung in Schweden, wo du bei Sonnenschein sorglos durch die Gegend stapfen kannst und zur Not am nächsten See Wasser findest. Wasserstellen gibt es im Supramonte so gut wie keine, und wenn, sind sie gut versteckt. Kopfbedeckung und Sunblocker haben durchaus auch in der Randsaison Sinn, die Sonne ist hier deutlich näher.
Unbefestigte Wege / fehlende Markierungen: Viele erwarten, die Trekkingpfade im Supramonte seien befestigt und ständig markiert. Mööööp! Sind sie nicht. Du gehst buchstäblich über Stock und Stein, auch loses Geröll, dazu die wilden und engen Täler, das ständige Auf und Ab – das bringt viele an ihre Grenzen. Schon den halbwegs fitten und geübte Normalwanderer stresst der ständige Blick auf den Untergrund und macht deutlich müder als auf einem evidenten, meterbreiten Pfad.
»Auf Google Maps sieht das ganz einfach aus« – Nein, nein, nein: Google Maps ist kein Guide, ist keine Wanderkarte und ersetzt auch keine topografische Detailkarte! Eine Strecke, die im Satellitenbild einfach aussieht, ist vielleicht in der Realität gar nicht mehr da (Erdrutsche, Veränderungen in der Vegetation, …). Oder du erkennst die Höhenmeter nicht und findest dich vor einer zugewucherten Felswand wieder und weißt nicht, wie es weiter geht. Manche Wege sehen machbar aus, sind aber eigentlich Wildschweinpfade und enden im Nichts. Oder es ging bergab noch ganz leicht und dann kommst du doch nicht wieder hinauf.
Verletzungen / Notfälle – Die wenigsten haben eine Notfall-Ausrüstung oder Verbandszeug dabei. Hat man sich verletzt oder findet nicht mehr zurück, das nächste Problem: Handyempfang? Hilfe rufen? Vergiss es. Und dann: Wo bin ich? Achte wenigstens auf genügend Akku, dass du zur Not per GPS-Signal gefunden werden kannst.
Falsche Ausrüstung / Kleidung – Sowohl Trekkingsandalen (die heißen nur so, sind aber fürs Trekking auf Sardinien generell Schwachsinn) und kurze Hosen (au, das piekt!) sind komplett ungeeignet. Es soll sogar Leute geben, die sich in Flipflops auf den Wanderweg zur Cala Luna gemacht haben. Dümmer geht es fast nicht.
Dunkelheit – Die meisten unterschätzen, was die Wildnis, die intensive Dunkelheit, die Geräusche, die Präsenz der frei laufenden Tiere und die kalten Nächte des Supramonte vor allem psychisch mit ihnen machen.
Die Rettung von Touristen wird jährlich mehr. Allein aus diesem Grund haben gewisse Regeln im Supramonte durchaus ihre Berechtigung.
Für Exkursionen und Treks im Supramonte gilt „zum Schutz der natürlichen, historischen und kulturellen Ressourcen“ das, was eigentlich für jeden, der sich in einer fremden Umgebung bewegt, selbstverständlich sein sollte.
So ist verboten …
Die Routen und Wege sollten von den Wanderern und Hikern im Supramonte vor allem passend zu ihren physischen Fähigkeiten, ihrem Können, ihrer Kondition und der technischen Erfahrung ausgewählt werden.
Für schwierigere Pfade wird ein Guide empfohlen. Schwierig sind für unbewegliche und ungeübte (ich denke da an Bürohengste, digitale Nomaden, Projektmanager und sonstige Stubenhocker und Schreibtischtäter) fast alle im Supramonte. Wenn du einer davon bist und öfter Hiken gehst, vielleicht auch in anderen Ländern – prima, dann kannst du es auf einigen Wegen wagen.
Wer das Terrain aber gar nicht kennt, sollte die ersten Wanderungen im Supramonte nicht allein unternehmen. Vor allem nicht die schwierigen ab Stufe EE – Escursionisti Esperti.
Auch das schwarze Schaf, das schon viel im Supramonte unterwegs war und ist, läuft immer noch gern mit einem ortskundigen Guide. Man sieht mehr und ist einfach sicherer unterwegs.
Die richtige Kleidung und Ausrüstung sind unbedingt notwendig, beginnend bei Trekkingschuhen und funktioneller Kleidung. Kleidung und Ausrüstung sind je nach Schwierigkeits-Level, technischen Ansprüchen und Dauer der Exkursion anzupassen.
Zur richtigen Ausrüstung gehört auch, sich auf Eventualitäten einzurichten und Wechselsachen bzw. Kleidung für Wind und Regen und ggf. eine Wärmedecke (die aus dem Auto sind super) mitzunehmen. Eine schwarzschafige Ausrüstungs- und Empfehlungsliste ist in Arbeit, Link folgt.
Für Kletterer ändert sich quasi nichts. Freizeit- und Sportklettern ist auf bereits gesetzten Routen im Supramonte weiterhin erlaubt. Auch das traditionelle und freie Klettern ohne feste Sicherung ist gestattet.
Anfängern wird natürlich empfohlen, sich erstmal in kundige Hände zu begeben. Das schwarze Schaf würde sogar sagen: Fangt bitte nicht im Supramonte an.
Wer neue Sportkletterrouten einrichten will, muss dies bei der Gemeinde Baunei begründen und beantragen (segreteria@comunedibaunei.it).
Biwaks, Wildcampen und Übernachtungen im Freien sind aus Gründen der Sicherheit und Ordnung nur nach vorheriger Genehmigung erlaubt. Das bedeutet: Mehrtägige Treks auf eigene Faust sind erstmal passé. Der Tagestourist soll genau das: tagsüber kommen und dann, wenn’s dunkel und gefährlich wird, wieder ins Hotel gehen. Und weder Kosten verursachen noch Schaden anrichten.
Eine Genehmigung erteilt die lokale Behörde allerdings ausschließlich an Bergführer und professionelle Hiking- und Kletter-Guides. Die Anfrage ist an vigiliurbani@comunedibaunei.it oder segreteria@comunedibaunei.it zu richten. Die Genehmigung wird von der lokalen Polizeibehörde ausgestellt.
Auch ausländische Guides * können (bei Nachweis der Kenntnis des Territoriums) eine solche Genehmigung z. B. für Aktiv-Reisegruppen anfragen. Wenn ihr eine solche mehrtägige Tour im Supramonte plant, empfiehlt sich allerdings, früh anzufragen. Oder mit lokalen Guides zusammenzuarbeiten, die die erforderlichen Genehmigungen ggf. schneller erhalten.
Auch in den alten Hirtenhütten (ovili / baraccus / cuile) sind ab sofort keine Biwaks mehr erlaubt. Ausnahmegenehmigungen wurden für Guides erteilt. Insbesondere ist verboten, in oder in der Nähe dieser Hütten Feuer zu entzünden.
Die Nutzung der Hütten oder anderer Höhlen, die Hirten nutzen, ist tagsüber – sofern sie nicht auf Privatgelände stehen und man sie pfleglich behandelt – für Pausen oder als Wetter- und Regenschutz ist weiterhin möglich.
Das Campen (sowohl tagsüber als auch zur Übernachtung) ist in dem gesamten Gemeindegebiet von Baunei streng verboten. Zelte, Campervans, Wohnmobile, Trailer, Caravans, Motorhomes dürfen nicht in freier Natur aufgestellt werden.
Ein Stellplatz mit einer Autorisierung und Camper Service findet sich zum Beispiel am Genna Silana.
Ausnahmen zum Biwaken und Zelten gelten in Gebieten, in denen der Zugang zu Toiletten und Waschräumen und in denen die Müllentsorgung gewährleistet sind, wie zum Beispiel an der Cala Luna, Cala Sisine, Golgo (Il Rifugio, Ristorante), Su Porteddu, Pedralonga. Die Übernachtung auf dem (privaten) Gelände dieser Einrichtungen (nicht in den Buchten selbst) erfolgt in Absprache mit ebendiesen Leuten.
Das Zelten und Biwaken im Rahmen des Trekking auf dem Selvaggio Blu ist gestattet, muss aber von einem Guide organisiert oder von der Gemeinde autorisiert und ein Platz reserviert werden (siehe Abschnitt weiter unten).
Die Erkundung von Höhlen und Grotten im Supramonte ist gestattet, allerdings nur nach vorheriger Genehmigung oder mit speziell ausgebildeten und registrierten Guides, die eine Genehmigung der Gemeinde Baunei haben.
Kleine Höhlen sind als Wetterschutz, aber nicht zur Übernachtung nutzbar.
Speziell in den Buchten und Stränden des Supramonte di Baunei ist zudem das Grillen und Kochen von Nahrungsmitteln verboten. Beim Konsumieren von Nahrungsmitteln ist darauf zu achten, dass Reste nicht am Strand gelassen werden.
Außerdem darf kein exzessiver Lärm gemacht werden.
In der Cala Goloritzè, Cala dei Gabbiani, Cala delle Sorgenti, Ispuligedenie und Cala Biriala ist die Zahl der gleichzeitig anwesenden Besucher limitiert. Wie dies in der Praxis umgesetzt wird, wird die anstehende Hauptsaison zeigen.
Hunde sind an den Stränden des Supramonte di Baunei aus Hygiene- und Sicherheitsgründen nicht mehr erlaubt. Wau. Der einzige Hundestrand des Gemeindegebietes befindet sich am Strand von San Giovanni in Santa Maria Navarrese, nördlich des spanischen Turms.
Update Mai 2020: Wegen der Coronavirus-Pandemie ist der Zugang auf 250 Personen gleichzeitig beschränkt. Die Kontrollen finden am Ausgangspunkt des Treks an der Hochebene Golgo, wo auch das Ticket zu 6 Euro gezahlt wird. Wenn der touristische Verkehr über Boote und über das Meer / via mare aufgenommen wird, wird das Kontingent sicher begrenzt. Du kannst dir über die App »Heart of Sardinia« (erhältlich im Apple Store und bei Google Play) einen Platz registrieren.
Die Cala Goloritzè ist eine der schönsten und spektakulärsten Buchten im Supramonte. Auch das Hinterland und die Natur entlang des hinführenden Treks (hier unser Beeehricht) haben einen enormen Wert und sind von großem öffentlichen Interesse.
Leider ist die Cala Goloritzè bereits massiv geschädigt – und die Ursache ist leider im Tourismus zu suchen. Der unlimitierte, freie Zugang zur Bucht, nicht autorisierte Biwaks, Feuer in der freien Natur, die Zufahrt mit Autos weit in das Territorium hinein (auf Sandstraßen, die eigentlich nur für Forstarbeiter und die Hirten des Supramonte angelegt wurden), aber vor allem das unachtsame Verhalten der meisten Touristen (speziell das Hinterlassen von Müll und der Raub von Steinen und Strandsand) haben zu den Schäden geführt.
Also hat man diese Bucht und das gesamte Gebiet unter besonderen Schutz gestellt. Womit das schwarze Schaf mehr als einverstanden ist!
Hier die Regeln und Restriktionen speziell für die Cala Goloritzè:
Der Ausgangspunkt für den Tagestrek zur Cala Goloritzè ist auf der Hochebene Golgo (erreichbar via Baunei). Der dortige Parkplatz und das Ticket für den Zugang zur Cala Goloritzè kosten aktuell 6 Euro / Tag. Die Gebühr gab es bereits im letzten Jahr und ärgerte viele Besucher.
Auf einem Bewertungsportal liest man gar Beschwerden, dass man für die Anstrengung zu Fuß zu gehen auch noch zahlen soll und dann unten nicht mal Sand vorfindet … Ja, das ist so. Komm klar.
Noch ein paar Worte zum Selvaggio Blu. Er gilt als der schwierigste Trek Italiens und führt sieben Tage (sechs Nächte) entlang einer der schönsten und wildesten Küsten des Mittelmeers.
Der Selvaggio Blu sollte nur mit einem versierten Guide gegangen werden. Denn neben der technischen Schwierigkeit des Treks (inklusiver mehrerer Kletterabschnitte, die besser gemeinsam zu bewältigen sind) müssen Proviantstellen eingerichtet, Ausrüstung transportiert und Rückholstrategien überlegt werden.
Bisher ging das ohne große Einschränkungen, da sowohl die Guides als auch diejenigen, die auf diesem Trek ging, ein hohes Maß an Können und Erfahrung und nicht zuletzt Umweltbewusstsein mitbrachten.
Die steigende Zahl von ungeübten, autonomen Wanderern auf diesem Trek allerdings hat für einige Schwierigkeiten gesorgt, speziell was die Biwaks und den dort entstandenen Müll betrifft. Daher fand die Gemeinde Baunei, dass eine Form von Limitierung notwendig ist, eine Beteiligung an den Kosten der Reinigung etc.
Die Zahl der Personen auf dem Trek ist künftig auf 40 Personen / pro Tag / Etappenabschnitt beschränkt. Die Kosten betragen für jede Person auf dem Trek 30 Euro. Der Preis ist aus meiner Sicht geradezu lächerlich – denn ein siebentägiger Trek mit Guide und Logistik kostet eh eine stattliche Summe.
Ziel der Maßnahmen ist, den menschlichen Einfluss auf diesen wunderschönen, naturbelassenen Trek zu minimieren und den „wilden“ Aspekt zu bewahren.
Du darfst den Selvaggio Blu allein gehen, wenn du dazu körperlich in der Lage bist und den Trek kennst – musst aber vorher bei der Gemeinde Baunei einen Voucher beantragen.
Die Biwakplätze („Macro areas“) sind an folgenden Orten eingerichtet, maximal 10 Personen dürfen in einer „Macro area“ übernachten:
Die Planung der Tour, die logistische Organisation und die Reservierung der Biwakplätze übernehmen diverse Anbieter und Guides; aber auch die Gemeinde Baunei bietet nun entsprechende Services, die auch noch das Reinigen der Biwakplätze, Müllentsorgung, Ausgabe von Toilettenkits etc. beinhalten.
Zentraler Kontakt ist das Selvaggio Blu Office: Telefon 3495462583, e-mail infopointbaunei@tiscali.it
Viele langjährige Guides auf dem Selvaggio Blu sind mit den neuen Restriktionen nicht einverstanden, da die Natur des Treks an sich nicht berücksichtigt würde. Auch die Verantwortung des Einzelnen für sich selbst und seine Umwelt werde auf diese Weise untergraben. Vor allem aber hindere es die Guides, ihre Arbeit so wie immer, bewusst und im Einklang mit der Natur und den Traditionen, aber auch unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten zu machen. Auch die flexible Gestaltung oder das Abweichen von Etappen sei nicht mehr wie zuvor möglich.
Das alles mache den Trek für viele uninteressant und sei letztlich eine Regulierung der Wildnis – und damit ein Widerspruch in sich.
Was noch dahinter steckt, erklärt zum Beispiel die bekannteste Seite zum Trek, www.selvaggioblu.it und der Beitrag eines unserer Freunde, Riky vom Lemonhouse zu dem Thema (beide Artikel in italienischer Sprache).
Mir als schwarzem Schaf geht eine Regulierung grundsätzlich erstmal gegen den Strich. Abenteurer und Outdoor-Freunde sind außerdem in der Regel bewusste Reisende, die sich um Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit sorgen. Wir sind vorsichtige Wanderer und Kletterer. Wir lieben die Natur und konsumieren sie nicht.
Und die anderen 90% der Sardinien-Urlauber, die mit Hiken gar nichts am Hut haben, sondern nur in die tolle Bucht wollen? Das ist tatsächlich ein Problem. In vielen landläufigen Reiseführern und auf Werbeplakaten wird ja so getan, als sei der Supramonte super easy und ein Ausflugsziel wie ein Ponyhof. Du bist aber in unberechenbarer Natur. Auch und gerade am Meer.
Und so kommt der zivilisationsverwöhnte Stadtmensch hier in völliger Unkenntnis, was der Supramonte eigentlich ist, an und erwartet, alles schön erschlossen und organisiert vorzufinden.
Aber Wildnis ist Wildnis. Wer sich da nicht auskennt, soll wegbleiben. Punkt.
Die Regulierung an sich finde ich darum auch nicht furchtbar schlimm (außer vielleicht für die Guides auf dem Selvaggio Blu) und sicher nachvollziehbar. Wenn es Umweltprobleme und zuviel Tourismus gibt, dann muss man dem irgendwie begegnen. Einverstanden.
Aber warum ist es eigentlich so wie es ist? Sind wir nicht alle groß und erwachsen genug, uns in der freien Natur ordentlich zu benehmen?
Die Antwort ist kurz und schmerzhaft: Nein, sind wir nicht. Nicht der Mensch an sich, und auch nicht der Tourist an sich. Wir sind nicht per se nachhaltig und umweltbewusst. Uns ist vielmehr eigen, uns nicht um die Folgen unseres Lebensstils, unseres Handelns zu kümmern. Wir übernehmen keine Verantwortung, sondern erwarten, dass sich jemand um unseren Mist kümmert. Dafür zahlen wir ja auch schließlich.
Und genau aus diesem Grund ist auch falsch, Geld zu kassieren – ob nun 6 Euro für die Cala Goloritzè oder 30 Euro für den Selvaggio Blu. Es ist verständlich, weil Kosten entstehen, die gedeckt werden müssen. Aber falsch.
Zumindest der Gedanke dahinter geht aus meiner Sicht nach hinten los: Denn die Vollpfosten – alle, die ihren Müll in der Natur lassen, die sich ohne Guide bewegen, die ihr Können falsch einschätzen, die sich nicht informieren, die sich verlaufen und umständlich gerettet werden müssen – kommen nicht nur ungeschoren davon. Sie lernen zu allem Übel auch noch, dass das Problem durch das Zahlen von ein paar Euro einfach auf andere abgewälzt wird und sie nicht selbst die Verantwortung übernehmen müssen.
Und im Umkehrschluss heißt das, dass vielmehr diejenigen zahlen, die bereits verantwortungsbewusst, aufmerksam und sorgsam mit der Natur umgehen. Das ist schlicht unfair und auch nicht wirklich schlau: Denn diejenigen, die die Gemeinde eigentlich in ihrem Territorium haben will, verschreckt sie.
Dass sozusagen die „Profis“ für die „Amateure“ zahlen, ist zwar durchaus eine Möglichkeit der Finanzierung. Aber sie „bestraft“ die Falschen. Nämlich die, die sich richtig verhalten. Und da ist was falsch im System.
Das schwarze Schaf meint: Wenn die Touristen Teil des Konzepts im Supramonte sind, dann soll die Gemeinde auch selbst zahlen. Und wenn, dann gezielt die Verursacher zur Kasse bitten: die Touristen. Oder die, die Touristen ohne Rücksicht auf Verluste anschleppen.
Nun ist das Problem auch noch, dass die meisten Sommertouristen zum Beispiel in Cala Gonone wohnen (das zu Dorgali gehört) und nicht etwa in Baunei (zu dessen Gemeindegebiet der Supramonte di Baunei gehört). Von Cala Gonone aus kacheln sie mit endlos vielen Booten in die Buchten des Supramonte di Baunei kacheln.
Die Gemeinde Dorgali erhebt eine Kurtaxe in den Hotels: 1,50 pro Nase / Tag. Damit könnte man ne Menge Müll beseitigen, der im Supramonte anfällt. Wäre es denn der eigene Zuständigkeitsbereich und würde das Geld entsprechend über Gemeindegrenzen hinaus eingesetzt werden. Das würde bedeuten, dass man über den eigenen Tellerrand hinaus schauen müsste. Auf kommunaler Ebene wiehert der italienische Amtsschimmelt manchmal genauso schräg wie der deutsche.
Diese „Kurtaxe“ übrigens finde ich mehr als korrekt. Damit zahlen immerhin die Touristen, die Schäden, Müll etc. verursachen.
Noch besser wäre aber, sich ein Konzept überlegen, mit dem die Vollpfosten aufgeklärt und zum richtigen Handeln animiert werden. Das kostet sicher mehr als so ein fröhliches Regelwerk. Ist aber langfristig deutlich besser angelegtes Geld.
Aktuell, im Jahr 2019, werden die verantwortungsbewussten Reisenden in Sippenhaft mit den gedankenlosen genommen. Daran lässt sich gerade wenig ändern.
Die schwarzschafige Weisheit zum Wochenende ist daher: Gehen wir vorsichtig mit dem Supramonte um. Und nicht nur mit ihm: Kümmern wir uns noch mehr und noch liebevoller um unseren ganzen Planeten. Fühlen wir uns verantwortlich für den Platz, an dem wir gerade sind. Helfen wir denjenigen, die kein Bewusstsein dafür haben. Entsorgen wir den Müll – den buchstäblichen und den (Rest-)Müll in unseren Köpfen.
Hinterlassen wir keine Spuren, außer unsere Fußabdrücke im Sand 🙂
Falls ihr aus dem Ausland mit einer Reisegruppe anreist und vor Ort in Absprache mit der Gemeinde Unterstützung brauchen könnt, ist das schwarze Schaf sehr gern Euer „Beeehrater“, vermittelt entsprechende Kontakte, hilft bei der Kommunikation mit den lokalen Behörden, bei der Reisevorbereitung und -organisation. Das gilt nicht nur für den Supramonte, sondern inselweit und im ganzen Jahr. Ich würde ein kleines Honorar für seine Beeehmühungen in Rechnung stellen. Schickt mir gern eine Mail an nicole@sardinien-incentive.de
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Giorgittu
24. Mai 2019 at 16:17eigentlich wäre doch wohl die regione in der Pflicht … und die Führer der Gruppen könnten auch aufpassen, dass sich niemand wie ein Vollpfosten benimmt und Dreck liegen lässt. Ich habe es schon erlebt, dass ein Führer Damen zurückgewiesen hat, die in Straßenschuhen mitgehen wollten und nur ein süßes kleines Wasserfläschchen dabei hatten – auch eine Möglichkeit
pecora nera
24. Mai 2019 at 20:05Ja, der Guide von dem du erzählst, hat das gut gemacht! So geht’s. Jeder Guide muss seine Leute richtig briefen.
Das Thema insgesamt von der Region inselweit zu regeln wäre sicher auch ein Ansatz, wenngleich noch schwieriger umzusetzen (Bürokratie lässt grüssen, dann die unterschiedlichen Bedürfnisse der unterschiedlichen Regionen und Landschaften). Und da müsste man dann auch das Problem an der Wurzel packen und ein Stückweit den Tourismus (heilige Kuh) angreifen.
Ein großes Problem sind aber tatsächlich Leute, die ohne Guide durch die Gegend wuseln, und sowohl ihre Ordnung als auch manchmal das Hirn zu Hause lassen, wenn sie sich in einem so schwierigen Gelände bewegen. Dann die Touristen, die als Summer Event mit einem gemieteten Schlauchboot ohne Führerschein wilde Sau an den Buchten spielen. Oder solche, die ihre Autos und Camper mitten in der Natur parken, ohne Rücksicht was da gerade unter den Rädern ist. Gibt doch tatsächlich auch Wanderer, die nicht nur reihenweise Schilder erwarten, sondern auch, dass im Supramonte Mülleimer stehen … man fasst sich manchmal an den Kopf.
Alles, was man in die Natur hineinträgt, trägt man auch wieder hinaus. Und geht sorgsam mit dem, was da ist, um. Eigentlich ganz einfach 🙂