Staun, staun: Sardinien ist eine Insel. Wenn das Blau des Himmels auf das des Meeres trifft, steht man davor und staunt über soviel Schönheit. Als alte norddeutsche Segelratte kann das schwarze Schaf gar nicht anders, als in das Meer verliebt zu sein.
Heute mag es ein wenig auf die Vielfalt hinweisen, die die Küste um Sardinien für dich bereit hält. Denn in einschlägigen Foren geistert immer wieder die unsäglich merkwürdige Frage: Welcher Strand ist am schönsten?
Auf die kann es beim besten Wollen und vor allem 1.800 km langer Küste gar keine richtige Antwort geben. Aber es zumindest versuchen. Und da liegt eine Adresse direkt auf der Hand:
Fast ein Zehntel der erwähnten Küstenlinie Sardiniens, etwa 180 km, gehört zu den rund 60 kleinen zerklüfteten Inselchen (von denen einige zugegeben einfach nur wie sehr, sehr große Felsen aussehen), des Maddalena-Archipels, und das mit insgesamt gut 20.000 Hektar Landfläche.
Es ist ein Naturschutzgebiet, bzw. genauer gesagt, eines der Meeresschutzgebiete auf Sardinien. Bewege dich gern vorsichtig dort.
Die Hauptinseln sind La Maddalena und Caprera, auf die du mit der Fähre von Palau gelangst. Dein Auto kannst du theoretisch mitnehmen, es ist nur ziemlich teuer (vor allem in der Hauptsaison). Wenn du nur einen Stadtausflug nach La Maddalena (sehr hübsches Städtchen mit Flair) machen und am Hafen spazieren möchtest, dann bist du zu Fuß bestens ausgerüstet. Westlich der Stadt findest du auch Möglichkeiten zum Baden und in der Saison eine Beachbar.
Für Ausflüge nach Caprera nimm den Inselbus bis zum Garibaldi-Museum, der Rest ist je nach Fitnessgrad zu Fuß machbar. Caprera ist ein wundervolles Trekkinggebiet. Alternativ schließe dich vor Ort einer Gruppe für einen Ausritt an, z. B. im Centro Equituristico Cavalla Marsala. Einen ganzen Reiturlaub mit deutschsprachiger Untertützung bietet Wontanna an (www.wontanna.com).
Die Insel Santo Stefano ist ehemalige Nato-Station, hier lagen einst U-Boote, bis heute ist der östliche Teil Sperrgebiet. Im Westen gibt es aber eine Ferienanlage und in einer Bucht im Süden eine nette Beach Bar, die ihr mit einem Schlauchboot ganz locker ansteuern könnt.
Der absolute Hit sind allerdings Santa Maria, Budelli, Razzoli und Spargi.
Das schwarze Schaf meint: Ein Urlaub im Norden Sardiniens ist nicht vollständig ohne einen Besuch dieser kleinen Inselchen.
Die ersten, die sich in diesem kleinen Paradies niederließen, war eine Gruppe Benediktiner-Mönche. Sie erwählten Santa Maria als ihre Heimat, eine kleine Insel, auf der sie in aller Abgeschiedenheit ihre Gelübde erfüllen konnten. Heute ist ihr kleines Klostergebäude die Bleibe des einzigen Schäfers der Insel, der sich auch gleichzeitig durch die vorsichtige, natürliche Bewirtschaftung mit Schafen um den Schutz der besonders fragilen Landschaft kümmert.
Auf der Insel Budelli (in den Siebzigern berühmt geworden durch den rosa Strand, die spiaggia rosa). Leider haben die Touristen den Strand abgetragen und als Souvenir flaschenweise mitgenommen. So ist heute nicht mehr so rasend viel Rosa zu sehen.
Das Ankern vor der Insel und das Betreten sind streng verboten – auf die Einhaltung achtet Mauro, eine Art Hausmeister, der seit 25 Jahren auf dem kleinen Eiland lebt, sich um Budelli kümmert, den angeschwemmten Müll der Touristensaison beseitigt und darauf achtet, dass die Natur sich erholen kann.
Nach Veränderungen in den Besitzverhältnissen ist zwar nicht die Insel, aber sein Job einmal mehr in Gefahr. Wer möchte, kann sich an der Unterschriftenaktion beteiligen (in italienischer Sprache). Mehr über die Hintergründe erfahrt ihr z. B. im Sardinienforum.
Seit 1994 ist das gesamte Arcipelago ein Naturschutzgebiet (Website: www.lamaddalenapark.it). Zusammen mit Korsika wurde außerdem die Meerenge zwischen den beiden großen Inseln, die Bocche di Bonifacio, als gemeinsames, internationales marines Schutzgebiet ernannt, der „Parco Internazionale delle Bocche di Bonifacio“ (Website: www.bocchedibonifacio.org).
Nun wäre das Archipel gern auch Weltnaturerbe der Unesco, und hätte es verdient.
Doch leider macht die 35-jährige Historie eines US-Marine-Stützpunktes auf Santo Stefano den Verantwortlichen einen Strich durch die Rechnung. Diese endete zwar vor drei Jahren, doch weiterhin hinderlich an der Anerkennung als Welterbe sind zum Beispiel die große Aushöhlung mit Waffenlager unterhalb Santo Stefanos sowie ein nicht vollends geklärter Störfall auf einem atombetriebenen U-Boot. Heute gehört dieses Gebiet immer noch dem italienischen Militär.
Dinge, die der Reisende heute kaum mehr wahrnimmt. Der Nationalpark hat eine Menge zu tun, Spuren zu beseitigen und gute Nachrichten zu schreiben – aber genau das gelingt ihm langsam, aber sicher. Das Archipel entwickelt sich wieder zu der wahren Perle im Mittelmeer, die es mal war.
Im Frühling entfaltet es langsam seine Pracht, erwacht aus dem Winterschlaf. Verführerisch die vielen Nuancen von Blau und Grün im Wasser. Man glaubt bald, zu wissen, wie ein strahlendes Azzurro aussieht – um dann doch an dem nächsten Farbspiel zu scheitern. Türkis, Smaragdfarben, Azur – aber letztlich ist auch egal, wie das Ganze heißt, wenn es so großartig aussieht!
Im April und Mai wehen oft ein kräftige warme Frühlingswind durch das Archipel – ideal, um schonmal mit dem Segelboot hinauszufahren. Der Hafen von Palau ist ein idealer Ausgangspunkt, um durch das Archipel zu schippern. Ob mit oder ohne Skipper: Eine gute Auswahl an Schiffen ist da und jetzt muss man sich noch nicht um die Plätze auf den Booten – und später in den Buchten – streiten.
Wenn du selbst segelst und über das nötige Kleingeld für ein Charterboot verfügst, dann mach das unbedingt! Das Arcipelago di La Maddalena ist eines der schönsten Segelreviere in ganz Europa, und kann mit so mancher karibischen Insel absolut mithalten. Sonnenauf- und untergänge zwischen den Inselchen sind ein Träumchen.
Nur eine Bitte: Sei vorsichtig und werfe den Anker nie in ein Posidoniafeld (leicht erkennbar am dunklen Untergrund – über Türkis zu ankern ist eh viel schöner). Das schwarze Schaf hilft dir auch gern bei der Törnplanung, wenn du ganz um Sardinien segeln möchtest. Tipps für Häfen und Ankerbuchten hat es hier gesammelt.
Tu dir selbst einen Gefallen: Nimm bloß nicht einen der lauten brüllenden Motor-Touristenbomber, die ab Palau oder Maddalena fahren und dich in einer Massenveranstaltung mit 50 bis 100 anderen ins Wasser lassen. Die Boote sind nicht gut für das fragile Naturschutzgebiet. Das schwarze Schaf fragt sich jedes Jahr aufs Neue, warum der Verkehr nicht deutlich beschränkt wird.
Mitsegeln oder sich vom Skipper schippern lassen, geht natürlich auch: Mehrere Segelboote fahren ab Palau und La Maddalena, die in aller Ruhe, in gemächlichem Tempo hinüber fahren und auch in kleinere Buchten erreichen. Mit zehn, maximal zwölf Leuten auf einer stillen Segelyacht (wenn denn Segelwind ist) ist nicht nur das Ankommen, sondern auch der Weg schon erholsam.
Das schwarze Schaf empfiehlt wärmstens die Fahrten mit Tiziana und Vanni auf der Rumbera ab Palau (www.rumberacharter.com, hier unser Artikel auf pecora-nera), sagt gern liebe Grüße vom schwarzen Schaf (cari saluti dalla pecora nera). Ein schöner Tag am Meer ist quasi garantiert. Ja, die Preise sind einen Tick höher als in den Motorbooten, aber jeden Euro wert.
Für andere Reviere hätten wir auch noch ein paar Tipps:
Zu zweit oder mit ein paar Freunden könnt ihr auf eigene Faust mit einem gemieteten Schlauchboot (“Noleggio Gommone“) extrem viel Spaß haben. Quasi jeder Hafen bietet etwas an. Kleiner Tipp: Unbedingt selbst wieder volltanken. Wenn ihr das Boot so abgebt, wird’s richtig teuer, ähnlich wie beim Mietwagen.
In der Nebensaison ist es hier so, wie es sein sollte: Genug Platz für Mensch und Tier, wir stören einander nicht. Alle haben Ruhe, Sonne und am Bootsrumpf klingt das beruhigende „schwapp schwapp“. Mit Glück kann man sogar Wale oder Delfine sehen. Die Füße baumeln im Wasser und beim Landgang ist es wirklich Zufall, wenn man anderen Menschen über den Weg läuft.
In der Hauptsaison sieht das schon anders aus. Dicht an dicht liegen die Segler und Motorboote in den flachen Buchten. Von weitem sieht das noch schön aus, aber sobald das eigene Boot dazwischen ankert, ist es mit der Privatsphäre für Mensch und Natur vorbei.
Fünf Meter Schwimmen bis zum nächsten Boot – nein, Danke. Spätestens, wenn sich die brüllenden, hässlichen 50-bis-100-Personen-Touristen-Bomber dazwischen drängen und selbige zum Schwimmen und Planschen schicken, während die Crew schlechte Pasta kocht, wird es ungemütlich. Schön ist das nicht.
Wir fragen uns, ob nicht schon zuviele Menschen diesen Platz entdeckt haben und ob er nicht eigentlich noch stärker geschützt werden muss. Ist das Archipel nicht viel zu wunderbar für den Tourismus?
Daher begleitet diesen Artikel die dringliche Bitte, dem schönen sardischen Meer mit großer Vorsicht und dem notwendigen Respekt vor der Natur zu begegnen und es in aller Ruhe zu genießen. Lasst die Natur in Ruhe und nehmt Euren Müll auf jeden Fall wieder mit.
Wenn wir schon dabei sind, würden wir auch gern die Sarden ein wenig mit ihrem Meer versöhnen. Wenn das denn notwendig ist. Wir erinnern uns an ein sardisches Sprichwort: „Furat chie venit da’e su mare“ – „Wer übers Meer kommt, ist ein Dieb“, häufig auch falsch übersetzt mit „Alles Schlechte kommt vom Meer“. Genau hingelesen, ist das Problem aber nicht das Meer selbst, sondern die Besatzer, die es auf die Insel gebracht hat. Das sardische Volk zog sich naturgemäß und schlauerweise in die schwer erreichbaren Bergregionen zurück.
Leider hat auch der Tourismus, der auf Sardinien als „tipo Costa Smeralda“ bezeichnet und grundsätzlich für behutsam gehalten wird, mittlerweile seine Kehrseite. Denn er beschert vorwiegend denen, die vom Meer kommen (reiche Italiener, Europäer, Amerikaner) gute Geschäfte; nur einige wenige Sarden hatten Glück und profitierten vom Boom. Der Großteil der Insel und der Insulaner hatte bis heute wenig davon.
Dumm zugleich: Das Meer bietet Platz für die Yachten, auf denen man sich nicht weiter mit dem Land auseinandersetzen muss. Weder Sardinien als Gesamtheit noch seine Menschen waren Gegenstand des Interesses.
Da hilft auch wenig, wenn einige von ihnen den Weg vom Boot an Land finden, in den vollklimatisierten Tourenbus gestopft werden, der sie für ein paar Stunden aus der heilen Welt holt. Sie steigen in Orgosolo aus, stöckeln an den Murales vorbei und bestaunen die einfach gekleideten und düster dreinblickenden Menschen, die vermeintlichen Banditen. Wie im Zoo. Und dann aber schnell zurück an die Costa.
Das schwarze Schaf meint: Das braucht kein Mensch. Reisen und Erleben geht anders.
Die Nebensaison ist die beste Zeit, die Insel und das Meer nicht zu erobern, sondern respektvoll zu erkunden.
Und auch, sich ein weiteres Mal in Land und Wasser zu verlieben. Wir wünschen allen, die die „Karibik Europas“ in all ihrer Pracht erleben möchten, eine wunderbare Zeit!
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Itinera Magica
17. August 2016 at 09:34Absolut wunderbar! Die Insel möchte ich unbedingt mal entdecken.