Ich bin ja seit jeher ein Fan des Supramonte-Gebirges auf Sardinien. Aber heute lege ich mich fest, im Zweifel auch für immer: Die Punta Salinas im Supramonte di Baunei ist für mich der grandioseste Platz Sardiniens. Dort, wo das wilde Grün und Grau der Berge auf das Türkis und das Azurblau des weiten Golfo di Orosei und des offenen Meeres und des Himmels treffen, dort, wo die Felsnadel Auguglia di Goloritzè für das i-Tüpfelchen im Postkartenmotiv sorgt – dort ist Sardinien am schönsten.
Der hinführende Trek ist kurzweilig und abwechslungsreich. Und das Panorama schlicht spektakulär. Alles, was ich sagen könnte, um das zu beschreiben, was ich sehe, wäre nicht ausreichend. Selbst die Bilder sind nichts im Vergleich zu den Emotionen, die dich vor Ort erwarten.
Für diesen Blick braucht aber auch ein schwarzes Schaf mehrere Anläufe und ein paar Dinge, die zusammen passen:
Tatsächlich hat mich in den letzten Jahren zweimal das Wetter vor Ort abgehalten. Ich erinnere mich auch an eine Exkursion mit Guide zu der ich mich angemeldet hatte, die ich aber nicht wahrnehmen konnte – und die später auf facebook von einem dichten Wolkenbett erzählte, das just dann, als sie oben waren, mit der Feuchtigkeit vom Meer heraufgezogen war. Eine Stunde warteten sie, aber mehr als ein zufällig erhaschter Blick durch ein paar Wolkenlücken war nicht drin. So ein Pech!
Zu heiß darf es auch nicht sein, da der Wasserbedarf dann enorm hoch ist und der Weg zwar schattige Abschnitte und immer mal wieder Bäume hat, aber man doch sehr lang der Sonne ausgesetzt ist. Wind ist gut, aber zuviel lässt es gerade in der Nebensaison a…kalt werden und er trägt je nach Richtung auch Wolken heran – die man eben nicht haben will.
An diesem Tag Ende Mai aber ist alles perfekt! Ein paar Schäfchenwolken über Land – das verheißt nur Gutes! Etwa 27 Grad (tendenziell ist das für einen sportlichen Trek schon viel, aber machbar). Mit vier Freunden gehe ich also los, einer von ihnen ist ortskundig und mimt den Guide. Ich habe zwei Routenbeschreibungen und eine Karte dabei.
Der Trek ist nicht umsonst für „Escursionisti Esperti“ (erfahrene Wanderer) ausgezeichnet. In den Wanderführern fällt die Tour gar in die Kategorie „schwer“. Das ist vorsichtig, aber nicht falsch. Immerhin hat er keine Kletterschwierigkeiten. Doch stimmt nur eine der obigen Voraussetzungen (vor allem das Wetter) nicht, dann kann er durchaus tückisch werden.
Dieser Artikel ist keine Tourenbeschreibung, ich verweise auf:
Wenn du allerdings noch nie oder eher selten im Supramonte gewandert bist, ist die Tour zum Einstieg ungeeignet. Mach erstmal ein paar andere, z. B. zur Gola Su Gorropu oder eben hinunter zur Cala Goloritzè. Natürlich hängt das auch von deinem generellen Können und Talent ab: Wenn du ein Nehberg-Gen hast, und Abenteuer liebst und das Territorium lesen kannst, und schon in Patagonien nicht verloren gegangen bist – dann bitte!
Alle normalsterblichen Outdoorfreunde brauchen für den Trek auf die Punta Salinas einen ortskundigen Guide oder GPS. Wir sind auf einige Wanderer gestoßen, die auf eigene Faust unterwegs waren und weder das eine noch das andere bei sich hatten und deren Stimmen wir mehrfach abseits des Pfades gehört haben. Das ist bei schönem Wetter und anderen Wanderern auf dem Pfad noch interessant. Aber je weiter du in die Nebensaison kommst, desto tückischer kann das werden – vom frühen Sonnenuntergang bis zu plötzlichen Wetterumschwüngen.
Und das alles bitte auf gar keinen Fall mit Trekkingsandalen oder gar Flipflops: Es geht über Geröllpfade und an einigen Stellen steil bergauf. Auch Turnschuhe geben keinen Halt, hohe Trekkingschuhe sind angesagt (ich habe welche aus Leinen, seit Jahren auf Sardinien erprobt).
Der Weg ist nicht immer evident, nach Regen unter Umständen auch ausgewaschen. Markierungen – jein 😉 Wer Schilder oder stets klare, ausgetretene Wege erwartet, ist hier falsch. Wenn überhaupt, ist der Pfad nur mit kleinen roten Punkten oder Pfeilen auf den Felsen und Steinmännchen markiert, ab und zu ist ein Abzweig mit einer querliegenden Steinreihe oder einem Ast versehen, um anzuzeigen, wo du nicht langgehen solltest.
Die 4,5 Kilometer (einfach) ab dem Agriturismo Su Porteddu (mit Parkplatz, am Altopiano del Golgo hinter Baunei, dort wo auch der Trek zur Cala Goloritzè beginnt) sind in gut zwei Stunden geschafft.
Wir überqueren zunächst einen Bergsattel. Kurz nachdem man das erste Mal das Meer und hinab zur Cala Goloritzè sieht, teilt sich der Pfad.
Wir biegen nach rechts ab, gehen vorbei an einem großen Baum, dann an verfallenen Hirtenhütten. Es geht zunächst durch das Ende des Tals Bacu Goloritzè, dann über den Berg und dann durch das Tal Bacu Canale, queren erneut einen Grat, passieren einen weiteren Cuile (ich glaube insgesamt sind es vier dieser Hütten). Wir queren auch eine Schotterstraße, die aber nur für Forstmitarbeiter und lokale Guides freigegeben ist und für die man an einigen Stellen definitiv einen Offroader braucht.
Schließlich gelangen wir über den Grat und durch ein kleines Waldstück auf die 466 Meter hohe Punta Salinas. Ein Träumchen!
Achtung : Die Aussichtspunkte sind ungesichert und es geht sehr steil und weit bergab!
Für Kinder und Menschen mit Höhenangst ist dieser Platz Welt ungeeignet.
Insgesamt sind es wegen der zu durchschreitenden Täler ein paar Höhenmeter mehr, zwischen 500 und 700, je nach Toure und wenn man auf dem Rückweg noch die Cala Goloritzè einbaut. Damit dauert es auch länger und der Abstieg von der Punta Salinas ist nicht ohne. Die Cala Goloritze steht übrigens unter Naturschutz und kann ausschließlich über Land erreicht werden. Der Zugang ist limitiert und kostenpflichtig.
Der Rückweg ist generell anstrengend, von der Bucht nur bergauf besonders. Das unterschätzen viele, die nur mal eben in der Cala Goloritzè baden wollten.
Apropos unterschätzen: Die Sonne hat auf Sardinien auch in der Nebensaison deutlich mehr Kraft als in Nordeuropa. Also: Sonnenmilch mit hohem LSF. Gegen die Dehydrierung hilft nur Wasser – und es gibt auf dem gesamten Weg keine Quellen. Wenn du 2-3 Liter mitnimmst und die Hälfte schon auf dem Hinweg trinkst, dann ist das Gewicht auch gar nicht schlimm. Denke auch an Proviant zur Stärkung oder für ein entspanntes Picknick am Aussichtspunkt. Und kleine Energielieferanten zwischendurch beim Trekking.
Und jetzt lass ich dich mit ein paar Impressionen vom Trek und von der Punta Salinas allein und erlaube mir selbst noch ein bisschen diesem perfekten Tag an dem perfekten Ort nachzuträumen …
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