Nuraghen sind prähistorische Bauten aus Stein, die es in dieser Art und vor allem Menge (man sagt über 7.000 inselweit) nur auf Sardinien gibt (» Karte Nuraghendichte auf Sardinien). Die nuraghische Kultur hat einige Jahrtausende auf dem Buckel und ihre Bauwerke sind kleine Meisterwerke:
Du findest sie in unterschiedlicher Architektur und Dimensionen: Da sind kleine Nuraghen, große Nuraghen, komplexe Nuraghen bzw. Nuraghenkomplexe, Nuraghendörfer, Nuraghenreste, Protonuraghen, eintürmige Nuraghen, mehrtürmige Nuraghen, nuraghische Heiligtümer, nuraghische Brunnen und Tempel …
Protonuraghen gehören zu den ersten und ältesten Bauten, sind eintürmig und stammen aus dem 2. Jahrtausend vor Christus. Sie können also im Einzelfall über 4.000 Jahre alt sein. Und die architektonischen Wunderwerke stehen immer noch!
Die Frage, wofür genau man die Nuraghen gebraucht hat, ist quasi sofort da: Waren es Wohnungen, Lager oder Wehrtürme? Das kommt drauf an!
Der Verwendungszweck ist sehr unterschiedlich – je nach Größe, Form und Lage, und manchmal sind die Funktionen eines Nuraghen auch kombiniert. Die Frage, zu welchem Zweck es Nuraghen gibt, muss im Einzelfall beantwortet werden
Hier die wichtigsten Formen:
Eine religiöse Nutzung der Nuraghen selbst lässt sich hingegen nicht belegen. Manchen wird eine religiöse Bedeutung zuerkannt, z. B. wenn sie in der Nähe von Nekropolen oder Domus de janas oder an Wasserläufen erbaut sind.
Als Kultstätten wurden aber eher separate Bauten genutzt, wie die pozzi sacri oder die Gigantengräber.
Zum Trost: Viele Nuraghen haben tatsächlich astronomische Elemente, wie Lichtnischen (wobei Lichteffekte durchs das Loch im Dach eben nicht beabsichtigt sein können) oder Pforten ins Jenseits. Auch hat die Mehrzahl der Nuraghen einen nach Südosten ausgerichteten Eingang.
Auffällig ist, dass heute quasi alle Nuraghen oben offen sind. Regnet’s da nicht rein? Doch! Darum hatten die meisten Nuraghen früher auch Dächer 😉
Allerdings nagt der Zahn der Zeit nach ein paar tausend Jahren an jeder noch so genialen Konstruktion: Die Dächer stürzten quasi als erstes ein.
Vor allem in der jüngeren Zeit wurden viele Strukturen geschwächt, weil der reisende Mensch bzw. wandernder Tourist gern AUF den Nuraghen herumdackelt und nicht IN ihnen wohnt, wie das Jahrtausende zuvor der Fall war. Das wäre so, als würden wir in Heidelberg auf den Dächern spazieren, um die Stadt zu besichtigen. Macht ja auch keiner.
Naja, es kam über die Jahrzehnte mit dem wachsenden Tourismus wie es kommen musste: Da lösten sich erst einzelne Steine, kam Bewegung in die Wände … und Wind, Starkregen und heftiger werdendes Wetter setzten den so uralten Nuraghen weiter zu, dass der Bau hier und da nachgab.
Im letzten Jahrhundert verschwand durch die Kombi aus unkontrolliertem Zugang und natürlichen Ursachen sogar ein ganzes Dorf, das eigentlich in einer Grotte geschützt lag, das Nuraghendorf Tiscali. Man kümmert sich heute mehr um sein Kulturerbe – für Tiscali ist es allerdings schon zu spät.
Und was die Horden Touristen, die per Tagesausflug von den Kreuzfahrtschiffen busweise herangekarrt werden mit den nuraghischen Hotspots machen – z. B. mit Su Nuraxi im Falle von Cagliari und La Prisgiona für Olbia – das bleibt abzuwarten.
Sind doch alles bloß Steinhaufen? Weit gefehlt! Sie sind auch noch Inspirationsquellen für Gedichte und Nuraghenreime. Und das Nuraghenhugging, bei dem du dich an sie schmiegst und in der Zeit jahrtausendeweit zurückreist, erfreut sich zumindest beim schwarzen Schaf größter Beliebtheit.
Hier ein paar Beispiele der nuraghischen Vielfalt auf Sardinien (auf www.nuraghi.com findest du noch määähr):
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