Hm? Wie jetzt? Sardinien im Schnee? Viele, die nach dem Winter ihren Urlaub auf der Insel verbringen wollen, haben nur eins im Sinn: Sonne tanken! Und dann präsentiert sich die Insel überraschend im weißen Gewand! So jedenfalls am 2. und 3. April 2022 – quasi auf allen Bergen, und das bereits ab 600 Metern aufwärts.
Allen April- und Oster-Urlaubern sei gleich Entwarnung gegeben: Der Frühling steht schon in den Startlöchern. Die Sonne gewinnt täglich an Kraft und solche Wetter-Kapriolen sind eh meist nur von kurzer Dauer (Mehr über das, was dich auf Sardinien im April erwartet, liest du hier »).
Für das schwarze Schaf passte das aber perfekt. Es rief: Carpe Nivim! Frei nach dem Motto Carpe Diem – ahnungslos, ob das richtiges Latein ist. Aber eins weiß es ganz sicher: Sardinien im Schnee ist der Hit!
Es zieht warme Socken und die festen Wanderschuhe an und fährt von Olbia auf die nächstgelegenen und am einfachsten zu erreichenden, hohen Berge: die Gebirgskette Monti del Limbara bei Tempio Pausania.
Die Trekkingpfade auf die Gipfel, z. B. Punta Beritta und Punta Balistreri, kennt das schwarze Schaf schon von Touren in anderen Jahreszeiten – und findet sie an diesem Sonntag in einer wunderbaren Winterlandschaft vor.
Die bis fast unter die Gipfel führende, schmale Teerstraße (was die Besteigung des Limbara-Gebirges unter normalen Umständen grundsätzlich einfach macht) ist an diesem Sonntagmorgen gegen 10:30 Uhr nur halb geräumt. Bei Valliciola steht ein Forstauto quer auf der Straße und blockiert die Durchfahrt. Nach oben hin ist das Räumfahrzeug (ein Traktor) noch unterwegs.
Theoretisch beginnt der lange Trekkingpfad zu den Gipfeln aber eh genau dort. Wir parken das Auto. Praktisch ist nach kurzer Zeit klar: Es ist fast unmöglich, den eigentlich leichten, gut 10 Kilometer langen und mehrere Stunden dauernden Rundkurs flüssig zu gehen.
Wir müssen weiter hoch – dort gibt es noch einen kürzeren Rundkurs zwischen den drei höchsten Gipfeln, Punta Balistreri, Sa Beritta und Bandiera, den man auf Sicht ab kurz hinter der Sendestation der RAI (erkennbar an den Antennen) gehen kann.
Also laufen wir uns warm und ein bisschen herum. Wir machen Fotos von der weißen Landschaft und freuen uns an Details wie immergrünen Steineichen im Schnee, Eiszapfen an Granitfelsen oder vereisten Pinienzweigen.
Kurz nachdem der Traktor heran tuckert, wird die Strecke nach oben frei gegeben.
Wie erwartet, schafft es unser Auto trotzdem nicht ganz hoch – auf dem letzten Stück ist der Untergrund Schotter, Schnee – und damit rutschig. Da bräuchte es Allradantrieb. Oder – weil es eh nicht mehr weit ist – die Füße.
Wir drehen um und parken an der kleinen Kirche Madonna delle Neve (dt.: Unsere Liebe Frau vom Schnee, so benannt nach einem Schneewunder auf einem der römischen Hügel).
Hier gibt es auch einen schönen Trek, der über den vierten, etwas niedriger gelegenen Gipfel, die Punta Giogantinu, hinaufführt.
Wir laufen los – in einen Traum aus Weiß.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Und die gelten inselweit. Speziell, wenn es unter der Woche schneien sollte, und du auf eigene Faust unterwegs bist, solltest du das Ganze mit viel Vorsicht angehen. Mein Ausflug zum Monte Limbara mag als Beispiel dienen, was dich erwarten könnte.
Zunächst sind die Pfade nicht sichtbar, sondern unter der Schneedecke versteckt. Am Limbara war diese heute etwa 20 Zentimeter tief. Und so irrsinnig viele Leute wandern auf Sardinien im Schnee nicht. Da wird also auch nichts ausgetreten.
Die Ortskenntnis aus früheren Treks hilft jetzt ganz gut. Aber es ist trotzdem nicht wirklich einfach. Das GPS vergesse ich auch schnell wieder – hier kommt es auf Zentimeter und auf Achtsamkeit an.
Nächster Grund: Du siehst nicht, was unter dem Schnee ist. Vielleicht fließt dort bereits Schmelzwasser. Vielleicht fallen die Temperaturen aber auch gerade wieder und ebenjene unsichtbaren, nassen Flächen unterhalb der Schneedecke werden zu Eisbahnen. In jedem Fall brauchst du unbedingt warme und wasserfeste Trekkingschuhe (hier mein Tipp für richtig gute Outdoor-Stiefel).
Auf vielen Treks in den sardischen Bergen muss man querfelsein laufen. Du siehst also nicht nur die Steinmännchen und Felsmarkierungen nicht, weil sie von Schnee bedeckt unsichtbar sind.
Auch Felsbrocken und -absätze, quer liegende Äste oder sonstige Hindernisse in Fußhöhe siehst du nicht. Und hier oben mit den Füßen zwischen irgendwelchen Felsen eingeklemmt zu sein ist kein Spaß (zumal es nicht durchgängig Handyempfang gibt).
Letzter Grund, warum es nicht ganz einfach ist: tiefhängende Wolken. Das hat zwei mega Nachteile: 1. Sobald die Sonne weg ist, und vielleicht noch etwas Wind weht, wird es schlagartig irre kalt. 2. Es raubt dir fast ganz die Sicht. Wir können noch etwa 20 Meter voraus sehen, mehr nicht.
Mystisch schön ist das trotzdem. Die Felslandschaft der Gallura im Wetterwechsel zu erleben, schenkt ganz bezaubernde Momente.
Und wenn du unbedingt einen Gipfelsturm geplant hast, gibt es einen ganz einfachen, sicheren Trick: Gehe auf der Straße! Ab Valliciola sind es etwa fünf Kilometer, ab Madonna delle Neve etwa anderthalb. Es ist mit wenig Verkehr zu rechnen und der Weg die sicherste Lösung.
Du kannst natürlich auch einfach durch die Schnee- und Waldlandschaft streifen, so lang es dir Spaß macht, und du alles gut sehen kannst. Sobald der Weg schmaler, der Untergrund uneben und felsig wird, kehre um.
Sardinien im Schnee ist ein Ereignis, das sich das schwarze Schaf sicher nicht entgehen lässt. Und da ist auch fast egal, welches Wetter! Und Wintertreks auf Sardinien gehören zu den tollsten Erlebnissen, die Sardinien dir schenken kann.
Ich sag ja immer: Am Strand liegen kann jeder. Auf Sardinien eine Schneewanderung oder einen Wintertrek machen – dafür muss man schon ein schwarzes Schaf sein 😉
Ich bin Nicole und mein alter Ego ist ein schwarzes Schaf (ital.: pecora nera). Wir bloggen und blöken aus Sardinien im ganzen Jahr über alles, was uns gefällt und bewegt :)
Das schwarze Schaf hat übrigens noch ein Buch geschrieben, über seine „alte“ Heimat:
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