Wenn ein Sarde irgendwo einen Menschen barfuß laufen sieht, dann sagt er: »Der kommt bestimmt aus Cabras«. Das ist nicht bloß eine Redensart, denn in der schönen Stadt am See gibt es sie wirklich: die Barfußläufer. Sogar fast tausend.

Einmal im Jahr, am ersten Septemberwochenende, findet hier der Barfußlauf / Corsa degli Scalzi statt. Die damit verbundenen Rituale, Traditionen und das Fest sind wirklich authentisch und sehr sehenswert.

Sieben Kilometer sind es, die von gut 900 Läufern (Is Curridoris) barfuß und alle in schlichten, weißen Gewändern von Cabras in das Nachbardorf San Salvatore di Sinis auf einer steinigen, staubigen Piste zurückgelegt werden. Das Event ist aber kein sportliches, sondern religiös motiviert – im Zentrum steht die Statue „Santu Srabadori„, die Christus darstellt.

Die Läufer sind insgesamt in 14 Gruppen aufgeteilt, jede hat einen muto / Stummen, der ein Gelübde abgelegt hat. Es laufen aber alle zusammen. Beziehungsweise: Sieben Gruppen laufen am Samstag, sieben am Sonntag.

„Kaum ein Mann, der in Cabras geboren ist, fehlt“, sagt einer der Curridoris. Das Schicksal entscheidet, wer die heilige Statue in das Dorf San Salvatore trägt und wer sie nach Cabras zurückbringt.

Die Corsa degli Scalzi von Cabras nach San Salvatore – und umgekehrt

Das Fest ist eine Reminiszenz an eine Begebenheit im Jahr 1619. Die Einwohner sahen sich einem Angriff der Sarazenen gegenüber, die an der Westküste anlandeten und üblicherweise alles raubten, was nicht niet- und nagelfest war.

Ein Plan wurde entworfen: Einige Fischer und Bauern sollten die wertvolle, als heilig verehrte Statue in einem schnellen, frühmorgendlichen Lauf nach San Salvatore in Sicherheit bringen. Sie banden Äste an ihre nackten Füße, um so viel Staub wie möglich aufzuwirbeln und von weitem zahlreicher auszusehen. Außerdem war die Statue in dem ganzen Staub versteckt.

Die heilige Statue wird gut bedeckt über den Staub getragen

Der Bluff funktionierte: Die Sarazenen fürchteten, einer großen Armee gegenüber zu stehen, und zogen sich zurück. Das Dorf und die Statue wurden gerettet. Die Statue konnte später unversehrt wieder nach Cabras zurückgeholt werden. Das Ritual wird seither jährlich zum Dank und in Erinnerung an die merkwürdige Geschichte wiederholt.

Eine Festwoche, die in San Salvatore bereits am Wochenende zuvor beginnt, mit einem Umzug der Frauen von Cabras in traditionellem Kostüm nach San Salvatore. Allerdings rennen diese nicht, sondern gehen in der lokalen Tracht in normalem Tempo zu Fuß. Natürlich auch ohne Schuhwerk.

San Salvatore di Sinis ist quasi nur in dieser Woche, einmal im Jahr, so richtig belebt. Den Rest des Jahres liegt das Schmuckstück fast ausgestorben da.

Ja, wo laufen sie denn?!

Der eigentliche Barfußlauf findet am Sonnabend und Sonntag statt. Ein Event für Frühaufsteher am Samstag zum Sonnenaufgang (aktueller Termin: 31. August 2019). Bereits um 6:30 gibt es den Segen in der Kirche von Cabras, um 7:30 rennen die Is Curridoris in ihrem schlichten Gewand und ohne Schuhe los.

Am Samstagabend ist das Fest der Meeräsche und des Vernaccia / Sagra della Muggine e della Vernaccia – dann sind quasi alle in San Salvatore. Das Programm findest du auf www.corsadegliscalzi.it oder auf dieser facebook-Seite.

Die Rückkehr ist am darauf folgenden Abend, nach weiteren Festlichkeiten und einer Messe.

Alle laufen gemeinsam. „Kaum ein Mann, der in Cabras geboren ist, fehlt.“

Gegen 18:30 tragen die Läufer die Statue zurück nach Cabras in die Kirche Santa Maria Assunta. In der Kirche kann jeder Gläubige sie anfassen – und tatsächlich ist das Gotteshaus proppevoll mit Menschen, bis spät in die Nacht stehen sie Schlange, um sich ihr Stück vom Glück abzuholen. Das hat was von Mekka in mini.

Auf dem Platz an der großen Kirche am See wird lang gefeiert, mit Musik, Tanz und einem Feuerwerk über dem See.

Wobei viele der Läufer (vor allem die zum ersten Mal gelaufen sind) nach den Strapazen die Wunden an ihren nackten Füßen kühlen und ganz einfach nach Hause gehen.

Corsa dgli Scalzi
Corsa degli Scalzi – Wandmalerei in unserem Lieblings-B&B in Cabras

Unterkunft in Cabras

Das schwarzschafige Lieblings-B&B in Cabras ist die Residence Pintadera (in der Anna das vielleicht das beste Frühstück der ganzen Insel macht).

Eine schöne Alternative ist mitten im Ort das Albergo Diffuso Acquae Sinis.

Etwas außerhalb, hinter San Salvatore, wohnt und isst man ganz hervorragend in dem schön angelegten Agriturismo Sa Ruda.

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