Nachhaltigkeit … ich hab dieses Wort viele Jahre aktiv umgangen und auch nicht gemocht. Denn dort, wo es mir begegnete, war es irgendwie nur eine Worthülse, leer und sinnbefreit.

Gerade in der Arbeits- und Businesswelt. Bei Unternehmensberatern muss auch immer alles nachhaltig sein. Und heute schreibe ich doch über das Thema.

Weil »Nachhaltigkeit« nämlich auf einer Insel wie Sardinien tatsächlich Sinn, Notwendigkeit und Dringlichkeit hat.

Auch und gerade mit Blick auf den stetig wachsenden Tourismus – vom Individualreisenden bis zum Durchreisenden auf dem Kreuzfahrtschiff.

Was der stets wachsende Kreuzfahrtschiff-Verkehr an der Küste für Schaden anrichtet, ist noch gar nicht absehbar

Welchen Schaden der stets wachsende Kreuzfahrtschiff-Verkehr an der Küste anrichtet, ist kaum absehbar

Wir alle haben die Aufgabe, möglichst nachhaltig zu reisen. Und uns im Ausland nicht wie Ignoranten zu benehmen. Speziell dem deutschen Urlauber eilt ja ein gewisser Ruf voraus – und das schon seit Tucholskys Zeiten:

»Als deutscher Tourist im Ausland steht man vor der Frage, ob man sich anständig benehmen muss oder ob schon andere deutsche Touristen dagewesen sind.«

Zeit, sich an die eigene Nase zu fassen und sich zu fragen …

Was bedeutet Nachhaltigkeit bzw. »nachhaltig reisen«?

Erstmal eine kleine Begriffsklärung. Was meine ich, wenn ich »nachhaltig reisen« sage?

»Umweltbewusst, respektvoll, schadlos und kultiviert mit unserer Welt, dem fremden Land und mit den Leuten, deren Zuhause es ist, umgehen. Und das so weit gehend wie möglich.«

Sardinien ist zwar grundsätzlich immer anders als die anderen Kinder, aber in diesem Fall nicht. Die Insel hat es – wie jedes andere Reiseziel, wie alle Länder dieser Welt – verdient, dass wir sorgsam mit ihr umgehen.

Unberührte, schützenswerte Natur: Sa Stiddiosa, Gennargentu

Unberührte, schützenswerte Natur: Sa Stiddiosa, Gennargentu

Dazu gehört auch, dass man sich selbst und seine Gewohnheiten ein Stück weit den Eigenarten des Landes anpasst und keine Spuren hinterlässt. Aber Moment mal!

Anpassen als Individualist?

Ich bin doch frei! Ich bin doch grenzenlos und unangepasst! Ich bin ein schwarzes Schaf! Da soll ich mich anpassen? Ihr wollt mir Grenzen setzen? Soweit kommt’s ja noch!

Ruuuuhich, Schäfchen, gaaaanz ruuuuhich! Erstens ist die Grundidee ja, möglichst ohne Schaden durch die Weltgeschichte zu tigern. Das zwingt dich nicht zur Aufgabe deiner inneren Freiheit.

Grenzen hast du nur, wenn es darum geht, dein Zelt nicht auf fragilen Dünen aufzuschlagen, keinen Strandsand oder Muscheln mitzunehmen, mit dem Camper nicht auf dem Strand zu parken oder deinen Müll nicht in die Pampa zu werfen. Geht doch, oder?

Schwarzschafig und individuell reisen heißt nicht, weiße Schafe doof zu finden

Schwarzschafig und individuell reisen heißt nicht, weiße Schafe doof zu finden

Gerade als Individualist bzw. Individualreisender ist Anpassungsfähigkeit absolut dein Thema. Du reist in ein Land, in dem vieles anders ist als zuhause. Du bist neugierig. Vielleicht reist du sogar ans andere Ende der Welt.

Und du kommst klar! Weil du aufgeschlossen bist und dich, wo nötig, anpasst. Und das hat ja nichts damit zu tun, dass deine Individualität irgendwie beschränkt wird.

Im Gegenteil: Durch die Adaption an die andere Kultur und Lebensart erweiterst du deinen eigenen Horizont. Lernst du neue Wege kennen. Erfährst du, wie du Dinge auch anders sehen kannst. Lernst Menschen kennen und ihre Leben verstehen.

Du musst ja keine Trachtenumzüge anschauen, wenn sie dir nicht gefallen. Aber wenn du weißt, dass es auf Sardinien einen Ort gibt, in dem man gern barfuß läuft, dann macht dich das vielleicht neugierig, nimmst den nächsten Bus und fährst einfach hin.

Nachhaltigkeit = Interesse an der Landeskultur. Was es wohl mit den Barfußläufern auf sich hat?

Nachhaltigkeit = Interesse an der Landeskultur. Was es wohl mit den Barfußläufern auf sich hat?

Und weil du denken kannst, reflektierst du, wie die Kultur auf Sardinien deinen Alltag, wenn du zurückkehrst positiv beeinflussen kann. Und ob du nicht ein bisschen Genügsamkeit und Dolcevita nach Leinfeld-Echterdingen oder Buxtehude bringen kannst.

Dann machst du die Welt dort durch deine Anpassungsfähigkeit vielleicht sogar ein bisschen besser.

Aber das Reisedilemma steht ja schon ganz am Anfang und ist ganz unabhängig davon, wie individuell wir durch das Reiseland tingeln:

Die nachhaltige Anreise

Da fasst sich das schwarze Schaf spontan an die eigene Nase. Denn es proklamiert ja wie wild das individuelle Reisen im ganzen Jahr und in der Nebensaison. Weil das der Inselökonomie und dem schlechten Einfluss, den der Tourismus hat, durchaus zuträglich wäre, wenn sich das entspannt auf das gesamte Jahr verteilte.

Aus klimatechnischen Gründen ist Fliegen aber nicht zu empfehlen.

Traumhafter Anflug in der Nebensaison. Nachhaltigkeit ist per Flugzeug aber schwierig.

Traumhafter Anflug. Nachhaltigkeit ist per Flugzeug aber eher schwierig.

Im Falle Sardiniens ist das nicht nur im Sommer ein Problem, wenn alle Welt auf die Insel fliegt. In der Neben- und Nicht-Saison muss man sogar manchmal tief in die Trickkiste greifen, ein- oder sogar zweimal umsteigen – und damit den Flugzeugverkehr inklusive CO2-Abdruck erhöhen. Na super! Dabei ist der ausgedünnte Flugplan im Winter ja eigentlich eine ökologisch gute Sache, die wir mit unserem Reisewahn wieder zunichte machen.

Also gut. Dann eben Auto und Fähre. Auf 1.500 Kilometern vielleicht auch nicht der Oberhit. Und was Schiffe an Schweröl und Schiffsdiesel verballern, und wie sehr sie das fragile Ökosystem Mittelmeer stören (dazu unten mehr), hat sich mittlerweile herumgesprochen.

Ist das kleinere Übel = nachhaltig? Eher nicht …

Nun ist aber Sardinien eine Insel und als solche eben nicht zu Fuß zu erreichen. Man könnte die Strecke segeln, was schon einige getan haben. Aber das ist sicher keine Alternative für die Anreise. Schon gar nicht im Winter.

Was bleibt also, wenn man auf der Anreise gar nicht nachhaltig handeln kann?

Mit dem Segelboot kann nun wirklich nicht jeder anreisen ...

Quasi null Emission. Aber mit dem Segelboot kann nun wirklich nicht jeder anreisen …

Die Lösung heißt: Verzicht

A – Verzicht auf Sardinien. Was erlauben Schaf?! Nix da. Das dürfte vielen sehr schwer fallen. Aber es ist möglich. Ein Winterurlaub an der Nordsee ist auch schön. Mit der Bahn nach Westerland oder Dagebüll und einfach auf ner anderen Insel sein … das nimmt die Sehnsucht, denn wettertechnisch unterscheidet sich das im Zweifel nur um ein paar Grad.

Wer auf Sardinien hingegen schon Familie und Freunde, ein kleines Eigentum oder gar sein Herz hat, wird sich schwer tun, nicht, wann immer es ihm oder ihr gelüstet, auf die Insel zu reisen.

Aber, es wäre eine Überlegung wert, nicht jedes Wochenende zu fliegen (das schwarze Schaf fasst sich da an die eigene Nase, hat es ziemlich lang selbst so gemacht). Bemühe dich um eine längere Auszeit. Oder, wenn du denn sowieso schon mehr hier als dort bist, denke ernsthaft über einen neuen Lebensmittelpunkt nach.

B – Verzicht auf Komfort. Das geht schon eher. Ist aber mit einigem logistischen Planungswillen verbunden. Mit dem Zug nach Sardinien ist eine Herausforderung der beeehsonderen Art – und kann über die Alpen im Winter rasend schön sein!

Selbst wer unbedingt fliegen will, hat ja auch in der Nebensaison Möglichkeiten: Der Direktflug startet dann halt nicht unbedingt vor der Haustür, sondern 400 Kilometer entfernt. Dann sind mit einem Rail&Fly-Ticket oder einem Fernbus Lösungen da – die gefallen aber nicht jedem.

Wie umständlich! Ich fahr doch nicht nach Düsseldorf! Was’n Stress!

Ja, dann reise halt nicht nach Sardinien, auch gut. Womit wir wieder bei Punkt A wären.

Wenn uns Nachhaltigkeit auch beim Reisen wichtig ist, dann müssen wir uns möglicherweise auch ein paar Denkfehler eingestehen und von bestimmten Ansprüchen verabschieden …

Verzicht auf das hier? Schwierig, ich geb's zu!

Verzicht auf das hier? Schwierig, ich geb’s zu!

Nachhaltigkeit vs. billig und perfekt, in Häppchen serviert

Da kam eines Morgens folgende Anfrage ins E-Mail-Postfach des schwarzen Schafs, noch vor dem ersten Kaffee:

»Wir suchen was Schönes auf Sardinien, nicht so touristisch, per Direktflug erreichbar und möglichst wenig Fahrtzeit (haben Kind dabei). Und nicht so teuer, wenn’s geht.«

Wenn’s geht. Also, manchmal weiß ich echt nicht, was ich da antworten soll. Was kann man denn auf Sardinien per Direktflug erreichen? Olbia, Alghero, Cagliari. Fertig. Und dann bleib doch einfach da! Sind drei superschöne Städte, in denen man sich prima aufhalten und mit Bus und Bahn auch zu diversen Ausflugszielen verlassen kann.

Die Lösung befriedigt scheinbar nicht – die Antwort kommt prompt.

Man wäre ja schon gern am Meer (Ääähm … die Städte sind am Meer? Olbia hat einen Strand in Stadtnähe, Cagliari und Alghero haben gar Stadtstrände …?). Und formuliert die Wunschliste konkreter: Ob ich nicht ein Hotel mit Strandzugang kennen würde (der eine Tipp sei ja doch ziemlich teuer, man dachte eher so an maximal 50 Euro pro Nacht), wenn möglich irgendein Geheimtipp an der Costa Esmeraldina oder so … Und einen Tipp für ne möglichst günstige Bootsfahrt nach Maddalena wäre auch toll. Und wo gibt’s so ein Hirtenessen oder Grillschwein? Im Restaurant?

Und um die Ecke wohnt Asterix ...

Und um die Ecke wohnt Asterix …

Hach, wäre das schön … So ein kleines sardisches Dörfchen, so ein uriges wie bei Asterix und Obelix vielleicht, mit echten Einheimischen, bei denen man abends das gegrillte Schweinchen essen und mit der Dorfgemeinschaft singen und tanzen kann. Rundherum lauter kleine Hotels, tolle Bars und Restaurants, direkt am türkisfarbenen Traumstrand. Und einem Hafen, wo die Fischer noch ihren Fisch verkaufen und die schönen Yachten auf dich warten und dich mitnehmen ins Paradies.

Und alles bei gaaaaanz viel Sonne und Wärme und zum Schnäppchenpreis!

Nur, so funktioniert die Insel nicht.

Und warum muss eigentlich immer alles billig sein? Qualität, Echtheit und die sardische Gastfreundschaft kosten auf Sardinien selten viel. Gewusst wo und wie. Tipps gibt es auf diesem Blog glaube ich genug. Du musst nur ein bisschen umdenken und flexibel sein.

Ist nicht so, dass du so ein Disneyland, wo alles für den Touri in Häppchen aufgebaut und vorgekaut wird, nicht haben könntest. Das heißt dann Costa Smeralda, Costa Rei, Platamona – je nach Geldbeutel.

Das hat mit dem authentischen Sardinien und den Sarden aber herzlich wenig zu tun.

Denn vor allem das bedeutet für mich »nachhaltig reisen«: im Einklang mit der Landeskultur und nah an den Einheimischen.

Kultur zum Anfassen: Cavalcata Sassari

Kultur zum Anfassen bei der Cavalcata in Sassari

Nachhaltigkeit = fair und respektvoll auf Sardinien reisen

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, denn zu dem Thema habe ich schon ein bisschen was auf diesem Blog und meinem Buch geschrieben:

Wir sind Gäste auf Sardinien.

Das bedeutet, dass wir Attitüden à la „Wir bringen doch unser Geld“, „Der Kunde ist König“, „Ich zahl dafür, dann kann ich bitte auch was erwarten“, „Die sind doch die Dienstleister“ zuhause lassen dürfen.

Betrachten wir das Ganze doch mal anders: Gast und Gastgeber sind auf Augenhöhe jeder gibt und nimmt, alle benehmen sich gut und sind freundlich zueinander. Schon ist der Urlaub für alle super.

Hier die zehn schwarzschafigen Weisheiten des fairen und nachhaltigen Reisens:

  1. Wohne bei sardischen Gastgebern, in Hotels, Gasthäusern, B&B oder ganz nah am Landleben in einem Agriturismo.
  2. Esse in guten, sardischen Restaurants und Trattorien, mache eine kulinarische Rundreise.
  3. Kaufe lokale Produkte und Lebensmittel hoher Qualität. Wenn möglich, in Bioqualität – denn auch auf Sardinien gibt es Pestizide und den Einfluss weltweiter Konzerne.
  4. Reise ins Hinterland, in die kleinen, authentischen Dörfer.
  5. Informiere dich über Kunst und Kultur auf Sardinien.
  6. Kaufe echtes Kunsthandwerk von sardischen Künstlern und Handwerkern.
  7. Entdecke die weite, wilde und unberührte Natur Sardiniens und sorge dich um ihren Schutz.
  8. Hinterlasse jeden Platz so wie du ihn vorfindest oder mach ihn, wenn du kannst, ein bisschen besser.
  9. Sei nett zu den Leuten und grüße sie.
  10. Fühle und verhalte dich wie Zuhause. Sei ein guter Gast.
Eine natürliche Oase: das Domu Antiga in Gergei

Eine natürliche Oase: das Domu Antiga in Gergei

Spezielle Beachtung haben die Hotels und Gasthäuser auf Sardinien verdient, die sich einem nachhaltigen Prinzip verschrieben haben:

  • das Domu Antiga in Gergei, das nach antiken Traditionen arbeitet und auf lokale Produkte setzt
  • das Albergo Diffuso Mannois in Orosei, das einer „green philosophy“ im ganzen Betrieb folgt
  • die Villa Asfodeli in Tresnuraghes, die mit einer tollen Initiative aufwartet: Jeder Gast bekommt einen Müllsack, in dem er Plastikmüll am Strand und in der Landschaft sammeln und ins Hotel bringen kann. Als Dank gibt es ein Glas guten Wein aus der Region.
  • das Antica Dimora del Gruccione in Santu Lussurgiu, das seit vielen Generationen im Familienbesitz ist und die alten Werte hegt und pflegt.
  • der Agriturismo Camisadu in Oliena, der sich der Biodiversität in der Region verschrieben hat, auf eine möglichst naturbelassene Küche setzt und antike Kräuter kultiviert.
  • Überhaupt sind sogenannte Alberghi Diffusi auf Sardinien eine gute Adresse, ebenso wie persönlich geführte Agriturismi im Hinterland.

Natürlich kann man auch in einem von Landsleuten vermieteten Ferienhaus, in Resorts und Hotelketten sowie Touristendörfern von Festland-Investoren einen schönen Urlaub verbringen; es gibt ja keinen Nachhaltigkeits-Zwang.

Und manchmal hat ein Zugereister auch mehr Sensibilität für nachhaltige Themen, als einer, der schon ewig auf der Insel lebt. Sarden sind ja nicht per se Öko-Heilige.

Das Minimum, das aber jeder tun kann, ist ein guter Gast zu sein.

Und das hat vor allem eine ganz wichtige Ausprägung: Richte keinen Schaden an. Und mach es nicht schlimmer, als es manchmal schon ist.

Nachhaltigkeit = Müll vermeiden und richtig entsorgen

Ja, Sardinien hat ein Müllproblem. Müll an den Rändern der Straße, Müll in dunklen Hausecken, Müll in Städten, Müll in einsamen Gegenden. Müll wo man hinschaut. Manchmal sogar alte Autobatterien, Elektrogeräte und halbe Hausstände.

Im Sommer verstärkt sich das massiv. Selbst in der Ferienanlage quillen die Mülltonnen in der Isola ecologica über, säckeweise stapelt sich ungetrennter Müll.

Inselweit regiert die Gleichgültigkeit / menefreghismo.

Müll an der SS 125

Müll an der SS 125

Gleich mal vorab: Wenn irgendein stronzo (ob nun Sarde oder Urlauber) meint, seinen Müll nicht zu trennen oder irgendwo hinzuwerfen, dann ist das noch lang nicht richtig. Der Gedanke: „Da liegt ja eh schon was, dann kann ich meins ja dazu tun“ oder „Ich hab’s eilig, ich werf‘ das mal einfach so dahin“ ist pure Ignoranz.

Sardinien hat eine Mülltrennung / raccolta differenziata. Alles, was nicht in die differenziata passt (z. B. kaputte Strandliegen oder Wäscheständer) bringst du kostenlos zum nächsten Ecocentro, das jeder größere Ort hat.

Natürlich ist das manchmal mühsam. Und die Versuchung, Müll einfach irgendwo abzustellen, ist groß. Macht dich aber zum Vollpfosten.

Denn du produzierst den Müll. Also bist du auch dafür verantwortlich, dass er so wenig Schaden wie möglich anrichtet.

Besser ist, Müll zu vermeiden. Auch und gerade im Urlaub. Noch besser, sogar den Müll von anderen (der vielleicht da wo du gerade bist, rumliegt) mitzunehmen und ordentlich wegzuwerfen. Da bricht niemandem was aus der Krone.

Müllproblem am Strand

Müllproblem am Strand

Nachhaltigkeit = Plastik vermeiden

Plastik gehört zu den Erfindungen des Menschen, deren globale Nachteile den praktischen Nutzen für den Einzelnen deutlich überwiegt. Ich sag nichts gegen Bypässe aus Plastik – Medizin ist ein Top-Anwendungsgebiet für das Zeug.

Aber im Alltag … um mich herum ist alles aus Plastik. Auch auf Reisen. Nichts geht mehr ohne.

Auf Sardinien ist das nicht anders. Und die Sarden haben zugegeben einen großen Anteil daran: kein Fest ohne Plastik!

Eigentlich müsste das schwarze Schaf langsam mal empfehlen, NICHT zu den typisch sardischen Festen zu gehen. Wäre nur konsequent. Denn versuch dort mal, dein Futter oder deinen Vino nicht aus Plastikgeschirr zu bekommen. Quasi unmöglich.

Ich hab gerade, während ich das so schreibe, eine Idee: Das Schaf nimmt – ganz nachhaltig und ökologisch – demnächst mal sein Camping-Geschirr mit und konfrontiert die Sarden mit der Refill-Idee. Oh ja, das mach ich! Die Blicke will ich sehen!

Top Qualität - auf Plastik serviert

Top Qualität – auf Plastik serviert

Sogar im privaten Umfeld wird auf Plastik zurück gegriffen. Und das gute Geschirr fürs Mittagessen schmutzig machen? Am Ende werfen die Kinder es noch runter! Lieber Plastikteller, dann muss man auch nicht abwaschen.

Ein Riesenproblem, im Kleinen und im Großen, das die Insel und ihre Bewohner lösen müssen. Und: Ja, es ist kompliziert!

Der Urlauber ist aber nicht besser. Er kauft in Plastik abgepacktes, globalisiertes Lebensmittel im Supermarkt, statt umständlich beim Ortolano / Obst- und Gemüsehändler die lokalen Produkte selbst in Papiertüten einzupacken.

Er holt für den Grillabend auf dem Campingplatz den in ganz viel Folie verschweißten Familienpack polnisches Massentierhaltungs-Schnitzel beim Discounter – statt beim Schlachter ein auf den Wiesen der Gallura lang und glücklich aufgewachsenes Rind oder Schwein in Bioqualität zu kaufen.

Ja, Nachhaltigkeit im Lebensmittel-Konsum ist teurer. Und das ist richtig so. Weil nämlich so ein Tier, sein Leben und die damit verbundene Arbeit des Landwirten einen sehr hohen Wert haben.

Glückliche Schweine: Ihr Leben hat einen hohen Wert und damit einen höheren Preis

Glückliche Schweine in der Gallura: Ihr Leben hat einen hohen Wert und damit einen höheren Preis

Plastik am Strand

Mein liebstes Beispiel aber, der Gipfel allen Tourismus-Übels, ist das Dreierlei des Strandurlaubers: Strandsitz, Handtuch und Sonnenschirm.

  • Direkt am Anreisetag kauft man im Supermarkt für insgesamt 20, 25 Euro die drei Teile – und zahlt das ohne zu Zögern und Nachzudenken, beschwert sich aber, wenn der Eintritt zur Gola Su Goroppu fünf Euro oder die Neptungsgrotte neun Euro kostet.
  • Das Handtuch ist aus puren Kunstfasern – hat aber die vier Mohrenköpfe drauf! Der Lösungsmittelduft, der ihm noch aus Bangladesch anhaftet, ignoriert man. Der verfliegt ja am Strand auch ganz bestimmt bis zur Unschädlichkeit.
  • Gleich am nächsten Tag, bei heftigem Maestrale, geht der Sonnenschirm kaputt, holt man halt nen neuen, noch billigeren.
  • Den alten entsorgt man neben dem nächsten Mülleimer. Zusammen mit der Plastikstrandsitz, den das Kind unbedingt haben wollte, der dann aber letztlich unter dem eigenen Bierbauchgewicht zusammengebrochen ist. Wird sich schon jemand drum kümmern.
  • Am Ende des Urlaubs wird beides irgendwo in Flughafennähe weggeworfen.
  • Die „guten Touristen“ schenken den Billigschirm maximal dem nächsten – der sie dann zwei Wochen später wegwirft, aber das Problem ist dann ja aber nicht mehr meins.
  • Das Handtuch nimmt man mit – als Zeichen echter Sardinien-Liebe.
  • Und frag bitte nicht, wie viele das so machen. Viel zu viele, und das jedes Jahr. ):

Die Gedanken „Das macht doch nix.“ oder „Das bringt ja alles eh nix.“ steht am Anfang.

Am Ende haben wir Plastikinseln im Ozean, die so groß sind wie ganze Länder und krebserregende Mikropartikel in unserer Nahrung und unserem Körper.

Je kleiner Plastik wird, desto mehr Schaden richtet es an ...

Je kleiner Plastik wird, desto mehr Schaden richtet es an …

Die Idee, dass jeder, der an den Strand geht, die drei nächsten Teile Plastik rund um sein Handtuch oder seine Liege mitnimmt und wegwirft, ist echt gut!

Beim Strandspaziergang ein bisschen Zeug einsammeln macht als Familie mit Hund sogar Spaß und der Zwerg lernt noch was fürs Leben.

Wir alle auf der Welt müssen im Kleinen und kurzfristig anfangen und im Großen und langfristig denken.

Wir sind nämlich schuld, dass die Erde voller Plastik ist. Und dass „die anderen das doch auch nicht machen“ und „in China sowieso der ganz Dreck produziert wird“, ist noch lange kein Grund, nichts zu tun.

Im Gegenteil! Das Übel hat mal klein begonnen, also kann auch die Gegenbewegung klein beginnen.

Und manchmal wird die eigene Initiative sogar groß: The Ocean Cleanup#2minutebeachcleanThe Plastik ProjectTurn the Tide on Plastic … and many more …

Nachhaltigkeit ist kein Buzzword mehr. Sorge und Leidenschaft für unseren Lebensraum sind wichtig! Egal, ob der Sardinien, Alpen, Wattenmeer oder Spessart heißt.

Ihr Lebensraum, unser Lieblingsplatz: Sorgen wir dafür, dass er so bleibt

Ihr Lebensraum, unser Lieblingsplatz: Sorgen wir dafür, dass er so bleibt

Nachhaltigkeit: das Problem »Urlaub in Küstenregionen«

»Eine Reise im Sommer, der gefährlichsten Jahreszeit am Mittelmeer.« So formuliert es die arte-Doku »Mittelmeer in Gefahr«. Und wenn man da mal ein bisschen drüber nachdenkt, ist das nicht falsch.

Die Menschen stapeln sich an den Küsten des Mittelmeers. Massentourismus, Überfischung, Umweltverschmutzung, Öl- und Gasförderung, Industrialisierung und der Boom der Kreuzfahrtschiffe bedrohen auch Sardinien.

Denn das Mittelmeer ist ein Binnenmeer, das Wasser kennt keine Grenzen. Und jedes Problem, jedes Ungleichgewicht hat Auswirkungen auf Flora, Fauna und den Menschen, egal an welchem Küstenabschnitt sie gerade Urlaub machen. Die Gefahr geht dabei vom Menschen aus, nicht vom Meer.

Die Lösung: ein schönes Nichts / un bel niente

Wir hatten es oben ja schon: Verzicht kann eine Lösung sein. Auch im Urlaub. Und wenn du denn schonmal da bist:

Das schöne Nichts / Bel Niente ist ein Lebensprinzip in Italien und auf Sardinien. Vorteil: Kostet kein Geld, verschwendet keine Ressourcen.

Geh einfach raus, an den nächst schönen Platz, genieße die Natur, lass die Seele baumeln, lass die Welt Welt sein, verbrauche kein Benzin, kaufe nichts ein, verursache keinen Müll, setz dich hin, guck auf den Sonnenuntergang und mache …

… NICHTS 🙂

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