Aggius ist ein superschönes und gepflegtes Dorf mitten in der Gallura. Der Ort liegt auf gut 500 Metern über dem Meer und ist eingebettet in eine Landschaft aus Steineichenwäldern, landwirtschaftlichen Flächen und Felsen auf bis zu 700 Meter hohen Bergen.

Ein Ort, aus Granit erbaut: Aggius

Ein Ort, aus Granit erbaut: Aggius

In einiger Entfernung, hinter der Nachbarin Tempio Pausania, erhebt sich gar das Massiv des Monte Limbara auf rund 1400 Meter und sorgt für ein geniales Panorama ringsum.

Die Häuser erbaut aus dem Granit der Gallura, das historische Zentrum liebevoll gepflegt, die Landeskultur wird hoch gehalten: Aggius gehört mit einiger Berechtigung zu den Borghi autentici d’Italia / authentischen Dörfern Italiens.

Ganz sicher ein Ort zum Verweilen (schwarzschafige Tipps siehe unten). Aber genauso ideal für einen Tagesausflug für alle Küstenurlauber zwischen Costa Smeralda und Castelsardo.

Kunstvoll bemalte Tore, Blumenkästen und Kakteen vor den Türen, enge Gassen, hier ein Cafe, da eine Weinbar, eine gemütliche Piazza, ein schöner Innenhof, Kirchen, Museen … Aggius ist einfach schön, um hindurch zu schlendern.

So schön können Garagentore sein

So schön können einfache Tore sein: z. B. bemalt mit dem Pavone / Pfau, einem häufigen, lokalen Motiv

Wer die manchmal doch eher schlichte und unfertige Bauweise mancher Dörfer auf Sardinien bemerkt, wird sich in Aggius sehr wohl und heimelig fühlen (sehr niedlich übrigens auch Nuchis, ein paar Hügel weiter).

Aggius und seine Geschichte

Der Name Aggius – bzw. Aggju in der galluresischen Sprache – soll von dem antiken Wort ajus stammen, übersetzt mit senza diritto né legge / ohne Recht und Gesetz – was den Charakter der Einwohner vor ein paar Jahrhunderten gut beschreiben soll.

Nicht, dass hier alles Gesetzlose wie im Wilden Westen wären. Und nicht jedem ist recht, auf die längst vergangene Vergangenheit reduziert zu werden. Doch die Historie inklusive Banditentum ist in Aggius (und auf ganz Sardinien) nicht wegzudiskutieren. Die heutigen Bewohner gehen mit ihrer Vergangenheit darum auch eher aufgeschlossen um – zum Beispiel im Banditenmuseum / Museo del Banditismo. 

Inselweit gesuchte Banditen Ende des 19. Jh. (Museo Banditismo Aggius)

Inselweit gesuchte Banditen Ende des 19. Jh. (Museo Banditismo Aggius)

Viel lieber aber erzählen die Leute aus Aggius von der Stadtkultur und dem Kunsthandwerk, das bis heute gepflegt wird. Das Museo Etnografico Oliva Carta Cannas (MEOC) erklärt die Kultur des galluresischen Dorfes, das speziell für seine Webkunst berühmt ist.

Typisch Aggius: stilisierter Webstuhl an einer Hauswand

Typisch Aggius: stilisierter Webstuhl an einer Hauswand

Wenn du einen handgemachten, sardischen Teppich haben möchtest, dann musst du quasi hier herkommen. Im Dorf findest du diverse Anlaufpunkte für diese alte Tradition, du kannst quasi jedem Schild oder Hinweis vor Ort bedenkenlos folgen.

Frauen weben sie noch mit eigener Schafwolle von Hand auf uralten Webstühlen. Und zwar nicht nur für die Touris, sondern weil das Teil ihrer Familiengeschichte ist. Die Handarbeit (auch individuell gestaltet) kostet dann auch einen Tick mehr als im Souvenirladen oder auf dem Wochen- bzw. gar im Supermarkt, aber ist den Preis durchaus wert.

Aggius im ganzen Jahr

Aggius ist schön zu jeder Jahreszeit. Wenn du nicht einfach nur der Nase nach schlendern, sondern auch was erleben willst, informiere dich am besten vorher, ob und wann im Dorf oder in der Gegend was los ist.

Das Highlight ist die Frühlings-Festreihe »Primavera in Gallura: Stazzi e Cussogghji«, was so viel wie »Höfe und Karren« bedeutet und Aggius ist fester Bestandteil; immer Ende Mai, Anfang Juni.

Das Dorf hat viele Reiter und so feiert man auch gern Feste, bei denen auch die Pferde ins Dorf gebracht werden. Die sind überwiegend privat organisiert, sehr hemdsärmelig und damit schön landestypisch. Und werden meist erst kurz vorher angekündigt, achte z. B. auf Poster an Geschäften.

Für alle, die auf blauen Dunst anreisen: Nicht wundern, wenn die Straßen ab mittag wie leergefegt sind. Speziell im Sommer wird die lange »Siesta« gepflegt. Immerhin, die Bar in dem netten Innenhof am »Casa dell’Ospite« hat eigentlich immer geöffnet. Und das im ganzen Jahr, auch im Winter.

In den engen Gassen triffst du eher abends und außerhalb der Saison an den Wochenenden auf Menschen.

In den engen Gassen triffst du eher abends und außerhalb der Saison an den Wochenenden auf Menschen.

Im Herbst kannst du in der Umgebung übrigens wunderbar Eicheln und Kastanien sammeln. Auch für Treks und Exkursionen in der Umgebung ist die Jahreszeit perfekt.

Im Winter ist in Aggius naturgemäß wenig los. Da viele Bewohner außerhalb des Dorfes, in Olbia, Tempio oder Sassari arbeiten, findet das Dorfleben tendenziell eher am Wochenende statt.

Aggius - Häuser aus Granit in engen Gassen

Aggius – Häuser aus Granit in engen Gassen

Und: Tatsächlich ist es saukalt im Winter und oft schneit es. Im letzten Jahr gab’s einen kleinen Weihnachtsmarkt – drei Tage lang direkt vor Weihnachten. Glühwein gab’s zwar nicht … aber ne heiße Schokolade mit nem Schuss Rum in der nächsten Bar tut’s ja auch.

Die Umgebung

Superschön, genau wie das Dorf. Das schwarze Schaf erinnert sich an den 1. Januar. Die Silvesterfeier in Castelsardo musste noch verdaut werden. Einigermaßen müde gondelte es also mit seinen Freunden durchs Hinterland in Richtung Olbia. Einmal quer durch dauert das ganz schön lang und bald mag man sich die Füße vertreten.

Das Votum war eindeutig: Wir halten in Aggius! Die Meute trabt kurz vor Ortseingang zu einem kleinen See: Der Parco Santa Degna oder auch Lago artificiale di Santa Degna ist eine kleine Oase am Rand des Dorfes.

Wir spazieren einmal gemächlich herum, beobachten Enten und andere Vögel, wie sie ihr Gefieder putzen. Die Wasserschildkröten und Eidechsen sind noch im Winterschlaf und auch die Bar ist geschlossen. Macht nichts.

Parco Santa Degna

Parco Santa Degna

Trotzdem ist es wunderschön hier am See. Oder vielleicht gerade deshalb? Kein Mensch stört die Szenerie. Der kleine Wasserfall plätschert, die Sonne scheint, der Kuchen von gestern lockt die Enten an. Und wir zerplappern kurz die Stille, ob es nicht doch Gänse sind.

Dann ist wieder Ruhe. Un bel niente / ein schönes Nichts. Was wollen wir mehr?

Gänse oder große Enten?

Berühmt auch das Mondtal / Valle della Luna (nicht zu verwechseln mit dem Hippie-Tal am Capo Testa).

Das schwarze Schaf fand das Piano dei Grandi Sassi / Ebene der großen Steine, wie es eigentlich heißt noch nie so wahnsinnig beeindruckend. Doch, schon schön, das ist wohl so.

Beim allerersten Besuch aber – das muss so 2001 gewesen sein – ist es durchgefahren und hat es erst nicht erkannt – und dann auch nicht wirklich als »mondartig« empfunden. Andere sind schwer begeistert von dem Mix aus tollen Granitfelsen und Korkeichen.

Top ist auch die Nähe zum Monte Limbara. Du hast an klaren Tagen einen sagenhaften Weitblick, manchmal sogar bis zur Insel Asinara. Der Berg ist nicht weit und immer für einen schönen Trek gut, wenn du rund um Aggius alles abgegrast hast.

Bizarre Felsen und die Hügel der Gallura

Monte Limbara: bizarre Felsen und die Hügel der Gallura

Galluresischer Urlaub

Was spricht eigentlich dagegen, sich mal ein, zwei, drei Tage in Aggius einzunisten und so richtig landestypisch zu urlauben? Nix! Macht nichts, dass das nächste Meer eine halbe Stunde entfernt ist, nämlich bei der Isola Rossa (und es ist ja auch einfach, da für einen Strandnachmittag) hinzufahren.

Der absolute Vorteil des Hinterlandes sind Ruhe, Romantik und Echtheit. Schon, wenn du abends bei einem Glas Vermentino di Gallura über die Hügel schaust, hast du mehr echtes Sardinien, als es am Strand je möglich wäre.

Aggius: auch ohne Meer schön und gut für ein paar Urlaubstage

Aggius: auch ohne Meer schön und gut für ein paar Urlaubstage

Die galluresische Küche ist schlicht und großartig (mehr dazu in unserem Artikel über das kulinarische Sardinien). Neben der bekannten Zuppa Gallurese, einem uralten Brotgericht, musst du auch unbedingt »Li Pulicioni« probieren – hausgemachte Ravioli gefüllt mit Hartweizengrieß mit Schafsricotta, Ei und einem Schuss Zitronensaft … hitverdächtig!

Besonders echt wird’s, wenn du eine Merenda miterlebst. Das Glück hatte das schwarze Schaf, als es zu Dreharbeiten für eine Sardiniendoku in Aggius war. Bei der Familie von Licia, der Miss Mondo Italia von 2013, gab’s Futter vom Feinsten – eine Merenda ist im Prinzip ein riesiges Buffet mit kalten Speisen, ein Mix aus Vesper und Fingerfood. Das alles direkt am Pferdestall und neben dem Gemüsegarten. Toll!

So sieht eine "Merenda", ein familiäres Landessen in Aggius aus.

So sieht eine „Merenda“, ein familiäres Landessen in Aggius aus.

In der kleinen Trattoria Wine & Food Il Mosto futterte das schwarze Schaf Schnecken und ein gegrilltes indsfilet in herausragend guter Qualität – das Tier lief viele Jahre glücklich auf den Wiesen des Dorfes. Auch die Gemüsebeilage war schlicht gut. Alles hausgemacht, direkt vor Ort produziert – und den Unterschied schmeckt man.

Im Agriturismo Il Muto di Gallura kannst du so richtig in die antike Kultur eintauchen. Der Hof ist ein typisches »stazzu gallurese«. Wer mal im Ochsenkarren spazieren fahren möchte, oder sich am gegrillten Porcetto / Schweinchen (in galluresisch: Lu Pulcheddu) kugelrund futtern möchte, ist hier genau richtig.

Landestypisch und stilvoll wohnst du z. B. in der Residenza di Charme »La Vignaredda« oder im B&B »Maison et Charme«.

 

 

 

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