Sardinien und Pferde. Das gehört zusammen, vor allem im Landesinneren. Und so wird auch das ein oder andere Reiterfest auf der Insel gefeiert, speziell rund um Karneval.

Bekanntere Reiterfeste sind Sa Sartiglia in Oristano oder Sa Carrela e‘ Nanti in Santu Lussurgiu. Das ist aber längst nicht alles.

Das schwarze Schaf hat sich in Benetutti, einem kleinen Ort im Goceano, umgeschaut, wo alljährlich die Pentolaccia a Cavallo ausgetragen wird.

Termin: jährlich wechselnd. Nächster Termin: 2. März 2019 ab ca. 15 Uhr im Zentrum von Benetutti.

Pentolaccia: ein Fest unter Freunden

Benetutti gehört nicht unbedingt zu den touristischen Hotspots Sardiniens und ist zugegeben eher ein verschlafenes Nest.

Was zunächst als Nachteil klingt, ist in Wirklichkeit ein Vorteil: Die Pentolaccia ist im Gegensatz zu den bekannteren Festen noch herrlich unaufgeregt und du bist ganz nah dran am Geschehen.

Das Ganze ist wie ein Fest unter Freunden. Die Sarden feiern mit sich selbst. Touristen sind natürlich willkommen, aber sind definitiv in der Unterzahl. Sie werden auch nicht unbedingt verwöhnt. Die obligatorischen Stände mit Torrone und Bier sind aufgebaut. Das muss reichen.

Schwarze Schafe sind auch relativ selten in Benetutti …

Aber wundere dich nicht, wenn es in Benetutti trotzdem bis kurz vorm Event wie ausgestorben wirkt. Die Einheimischen sitzen noch beim Mittagessen mit Familie und Freunden zusammen.

Ab mittag reisen Vierbeiner und Gäste aus umliegenden Orten und Regionen an, sogar aus Fonni und Orgosolo erwartet man Teilnehmer. Aber die Reiter müssen sich noch umziehen und ihr Pferd zurecht machen, und der Tierarzt muss auch nochmal gucken.

Und so kommen tatsächlich in diesem Fall alle zum gleichen Zeitpunkt, nämlich in quasi letzter Minute, im Corso Cocco Ortu, der langen, zentralen und mit Sand aufgeschütteten Straße im Zentrum von Benetutti, an.

Schick, schick: Goldene Reiter

Man hält Italiener ja nicht unbedingt für superpünktlich, aber Sarden haben bei wichtigen Dingen (das sind auf Sardinien Geselligkeit und Feste, und keine Business-Meetings) durchaus einen Sinn für Zeit.

Trotzdem startet das Fest selbst an diesem Tag mit einer halben Stunde Verspätung: Auch wenn alle Reiter pünktlich waren, nimmt man sich Zeit und bewahrt Ruhe. Jetzt, wo alle da sind, ist ja kein Grund mehr zur Eile.

Der Umzug / Sfilata, mit dem das Fest eröffnet wird, beginnt, wenn alle Zäune nochmal zurecht gerückt sind und die Ordner alle nochmal miteinander gequatscht haben.

Tutto bene in Benetutti! Die Pentolaccia kann beginnen!
Tutto bene in Benetutti! Die Pentolaccia kann beginnen!

Die Reiter verkleiden sich – manche in traditionellem Outfit ihres Heimatdorfes, viele in einem bunten, historischen Kostüm mit wehenden Umhängen. Sieht einfach am besten aus auf einem Pferd.

Man sieht aber auch Vampire oder „Batman“ auf einem Pferd. Letzterer hat schon ein paar Pizzen zuviel gegessen, ein Sixpack wie beim Original-Superhelden ist nicht auszumachen. Aber das ist ja auch egal.

In der traditionellen Kleidung der Hirten landen die Reiter aus Fonni einen Treffer am Blumentopf!

Das Schaf ist viel zu früh dran. Also setzt es sich in eine der beiden geöffneten Bars und trinkt einen Tee, während draußen die Blumentöpfe bereit gelegt werden.

Hä? Blumentöpfe?

Die Reiter und der Blumentopf

Mal sehen, wer heute ’nen Blumentopf gewinnt, … äh … trifft!

Genau. Die Idee des Festes ist folgende: Die Reiter sind meistens zu Dritt und galoppieren auf ihren Pferden nebeneinander die Sandpiste entlang. Dabei versuchen sie, mit einem Stab Blumentöpfe zu treffen, die an einem Seil über der Piste aufgehängt sind.

Es sind auf der Piste an zwei Stellen je drei mit Sand gefüllte Töpfe aufgehängt. Im Optimalfall sollen alle drei simultan getroffen werden – von jedem Reiter einer. Und dann halt nochmal, 100 Meter weiter.

Da geht es natürlich um Konzentration und Zielsicherheit, um Kontrolle über das Pferd, aber auch um Kühnheit, Schnelligkeit und Mut.

Eine Frage der Ehre, das Pferd weiter anzutreiben und die Aufgabe in möglichst hohem Tempo zu bewältigen!

Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Normalerweise haben die Sarden ihre Pferde gut im Griff und die Kapriolen, die sie zeigen, sind oft gewollt. Ein wenig Angebertum gehört dazu.

Manchmal aber hat auch das Pferd null Bock auf Fest und entledigt sich kurzerhand seines Reiters.

Null Bock auf Fest. Und ohne Reiter ist man eh viel schneller.

Das Fest in Benetutti findet in der Neuzeit erst seit 2010 statt, im letzten Jahr auch erstmals mit den Pariglie, bei denen akrobatische Figuren auf dem Pferderücken gezeigt werden.

Die Ursprünge gehen aber auf antike Traditionen zurück, bei der über der Piste Hühner aufgehängt waren – die ließen dann Federn, wenn sie getroffen wurden.

Der Hintergrund war wichtig für die arme Landbevölkerung: Wer eins getroffen hatte, durfte es mitnehmen und die Familie hatte etwas zu essen. Das Schaf ist trotzdem ganz froh, dass manche Traditionen nicht mehr im Original gepflegt werden …

Tonscherben am Wegesrand. Und kein Huhn musste Federn lassen!

Apropos Essen. Natürlich organisiert man auch in Benetutti die obligatorische Favata, nämlich ein Teller aus Bohnen und Speck für jeden. Dazu musst du allerdings ein wenig Ausdauer beweisen und bis zum Abend bleiben.

Dann wird es auch richtig nett mit den Einheimischen, die dich vorher vielleicht nur als schaulustigen Touristen wahrgenommen und mit verschlossenem Gesicht beäugt haben.

Wer bleibt und damit den ersten Schritt macht, findet in der Regel schnell Anschluss. Wein und Acquavit tun ihr Übriges.

Das Fest endet also nicht mit dem letzten Reiter, sondern spät in der Nacht, wenn die Pferde längst schlafen.

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