Das, wovon das italienische Festland fast unendlich viel hat – nämlich ruinöse, römische Hinterlassenschaften wie Aquädukte, Säulen, Tempel – ist auf Sardinien eher selten.

So manch Italien-Kultur-Reisender wurde auf der Insel schon enttäuscht: 7.000 Nuraghen, aber kaum Römerzeug.

Schick aus jeder Perspektive: der Tempel von Antas

Schick aus jeder Perspektive: der Tempel von Antas

Bestens trösten kann man sich mit dem Tempel von Antas (it: Tempio di Antas). In einem wunderschönen, abgelegenen Tal im Südwesten der Insel steht diese archäologische Sehenswürdigkeit, die ihren ganz eigene, kuriose Version der sardischen Besatzungs- und Göttergeschichte erzählt.

Da wo heute noch ein paar Säulen und Ruinen stehen, gab es eine durchaus bewegte Vergangenheit.

Denn hier bekommt man nicht einen Gott, nicht zwei – nein! – gleich drei Götter zum Preis von einem!

Ein Tempel für die Götter

Ein paar römische Säulen und punische Reste

Ein paar römische Säulen und punische Reste

Fangen wir am besten vorne an. Das Nuraghendorf, auf einer Anhöhe neben dem Tempel gelegen, wird auf ca. 1200 v. Chr. datiert.

Sie verehrten den Gott „Babai“ (in ganz Sardinien gibt es Hinweise auf diese Gottheit). Auf der weiten Wiese unterhalb ihres Dorfes, von dem heute die Reste von sieben Rundhäusern und in der näheren Umgebung mehrere kleine Nuraghenruinen zu sehen sind, errichteten sie eine heilige Stätte zu Ehren Gottheit.

Sie bestatteten an dieser Stelle auch ihre Toten. Einige Bronzen, die bei Ausgrabungen gefunden wurden, bestätigen die Wichtigkeit dieses Ortes als Kultstätte der Sarden aus alter Zeit.

Das haben auch die Punier (Phönizier) begriffen. Zwar brachten sie bei ihrer Ankunft eine neue Gottheit mit: den mächtigen, bärtigen Krieger „Sid“ aus Karthago mit Federkrone, aber man integrierte den lokalen Kult.

Das Volk wiederum war opportunistisch genug, den neuen Gott um des Überlebens willen, zu akzeptieren. Man nimmt an, dass in Wirklichkeit weiterhin „Babai“ verehrt wurde, nur eben in einer anderen Form.

Die Punier erweiterten den Bau – davon sind heute allerdings nur noch rudimentäre Fundamente vorhanden (ca. 500 v. Chr.).

Die Römer hinterließen die sichtbarsten Spuren

Die Römer hinterließen die sichtbarsten Spuren

Während der römischen Besatzungszeit entstand dann im 3. Jh. nach Chr. die heutige klassische Struktur, die den Italienreisenden milde stimmt. Sichtbar sind allerdings nur noch sechs Säulen und das Fundament – manch einem soll das zu wenig gewesen sein …

Und der Name der verehrten Gottheit änderte sich erneut. Der Tempel trägt eine Widmung an „Sardus Pater“.

Die genaue Inschrift lautet: „TEMPL(um) DE SARDI PATRIS BAB“, was darauf hindeutet, dass wieder ein neuer Glaube in den alten integriert wurde. Oder umgekehrt, je nach Sicht des Betrachters.

Wanderpfad am Tempel von Antas

Umliegende Wanderwege führen hinauf auf einen kleinen Berg, aus dem die Römer die riesigen Steine für die Säulen gehauen haben.

Reste aus dem "Villaggio Nuragico"

Reste aus dem „Villaggio Nuragico“

Wer weiter laufen mag, kann außerdem einen schönen Spaziergang rund ums Nuraghendorf machen, oder auf ca. 1,2 Kilometer zur Grotte Su Mannau (unbedingt sehenswert, von Frühling bis Herbst geöffnet) wandern.

Wer in der Nebensaison oder an Tages-Randzeiten anreist, hat die Chance, diesen Ort ganz in Ruhe zu entdecken, die wenigen Gäste verteilen sich gut auf dem weitläufigen Gelände.

Im Hochsommer können die Wanderungen und busseweise angekarrte Touristen unter Umständen anstrengend werden.

Anreise

Besonders reizvoll ist Antas in der Nebensaison

Besonders reizvoll ist Antas in der Nebensaison

Du erreichst den Tempel von Süden / Cagliari über SS 130 Richtung Iglesias, dann über die kurvige Landstraße SS 126 von Iglesias nach Fluminimaggiore.

Nach circa 16 Kilometern weist ein verwittertes Schild zum Tempel – hier abbiegen und nach ca. 2 Kilometern auf einer hübschen Nebenstraße ist der Parkplatz vor dem Gelände erreicht.

Der Tempel ist ganzjährig geöffnet, der Eintritt ist moderat.

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