Einsam und verlassen liegt die Ortschaft Su Benatzu an der Provinzstraße zwischen Teulada und Santadì.
Mitten im Hochsommer. Grillen zirpen, das Gras ist vertrocknet, Disteln überwuchern alles. Da sind viele, sehr viele verlassene Häuser, ein paar Autos, aber keine Menschenseele. Aktives Leben, Infrastruktur? Fehlanzeige. Kaum zu glauben, dass an den touristischen Hochburgen gerade alles drunter und drüber geht.
Schon früh am Morgen ist die Sonne unerbittlich.
Mit einer Flasche Wasser setzt sich das schwarze Schaf auf eine Treppenstufe. Über ihm ein Schild, das auf eine alte landwirtschaftliche Ausstellung hinweist. Auch die muss schon sehr, sehr lang her sein.
Klingt alles nach einem von Gott und Menschen verlassenen Dorf, das man eigentlich auch direkt wieder verlassen könnte.
Aber die schwarzschafige Nase erschnüffelt was. Das Schaf ist wach … Hier muss doch irgendetwas sein, denkt es sich. Und es wird fündig.
Denn wenn man genau hinguckt, ist Su Benatzu und seine nähere Umgebung wie ein Freilichtmuseum mit freiem Eintritt. Und definitiv ein Ort für schwarze Schafe.
Wir machen uns auf die Wanderschaft durch die bereits vertrocknete Landschaft.
Während alle anderen zur gut ausgeschilderten und recht bekannten Grotte „Is Zuddas“ ein paar Kilometer weiter fahren, lockt diese kleine Grotte. Es sieht so aus, als hätte man sie ganz für sich allein.
Der Weg ist beschwerlich und der Eingang ist nicht leicht zu finden. Tja, und als es ihn gefunden hat, fand das schwarze Schaf sich vor einem Gatter wieder. Grmpf. Verschlossen. Nur mit einem Guide ist die Besichtigung möglich.
Und das aus gutem Grund: Die Grotte ist sehr feucht und morastig, man kann leicht ausrutschen und fallen. Der Hauptgang ist teilweise eingestürzt, da sich das Gestein zersetzt hat und immer weiter abgebröckelt ist.
Übrig ist ein Gewölbe, das in der Nuraghenzeit als Tempel diente. Ein Altar und viele tönerne Gefäße sollen hier herum liegen.
Belohnt wird man im »sala del tesoro«: Wunderschöne Stalagmiten und Wandstrukturen. Die Grotta di Su Benatzu ist weniger spektakulär. Im Vergleich zur großen Schwester ist sie ein eher schlichtes Schmuckstück.
Die gut erhaltenen Fundstücke, die eine Gruppe Archälogen Ende der Sechziger hier entdeckte, sind im Museo Civico Archeologico di Santadì ausgestellt (das freundlicherweise auch die Fotos zur Verfügung stellte).
Die Lage der Grotte ist hier beschrieben.
Bekannter ist die Grotte »Is Zuddas« – sie ist deutlich größer und kann auch spontan ohne Vorbereitung besichtigt werden. » www.grotteiszuddas.com
Danach noch ein wenig Bewegung gefällig? Also, alles auf Anfang und ab auf den …
Ein relativ leichter und wunderschöner Trekkingpfad beginnt südlich von Su Benatzu, in der Nähe der Grotte Is Zuddas (am besten auf dem Parkplatz dort das Auto abstellen).
Auf einem Weg, den früher die Bergarbeiter genutzt haben, geht es durch die stille grün-goldene Landschaft (jedenfalls im Juni) Richtung Westen zur alten Mine.
Nach und nach geht es hinauf auf den ca. 400 Meter hohen Monte Murrecci – du erreichst den ersten Gipfel nach ca. zwei Stunden. Hier hast du einen großartigen Blick auf das Valle di Su Benatzu / Tal von Su Benatzu.
Ausgeschildert ist der Pfad nicht – wie so oft auf Sardinien »kennt oder findet man ihn«. Aber das Tal gibt den Weg vor, versuche es also auf eigene Faust. Verloren gehen wirst du auch nicht, wenn du auf den Wegen bleibst und die Himmelsrichtungen im Blick hast.
Insgesamt läufst du hier etwa zehn Kilometer durch unterschiedliche Landschaften und überwindest ca. 300 Höhenmeter.
Ein Guide aus der Region könnte trotzdem ratsam sein. Denn das Sulcis ist wenig dokumentiert und Insiderwissen fördert so manche Extrainformation zu Tage.
In Santadì gibt es einige Anbieter, die dich gern auf diesem oder auf einem der vielen anderen Pfade führen und die Sehenswürdigkeiten zeigen.
Ein weiterer Pfad führt über einen Querpfad auf die 440 Meter des Monte Moddizzi und am Nachmittag durch schattiges Gebiet wieder zurück zum Ausgangspunkt – oder nach Is Carillus.
Auf dem Weg liegt die Mine von Su Benatzu. Agostino Pirosu (ja, stimmt, die Grotte oben hieß auch so) entdeckte 1933, dass in der Nähe von Su Benatzu das Gestein Barium zu finden war. Er holte sich die Konzession für ca. 17,5 Hektar, begann aber erst in den fünfziger Jahren mit dem Abbau – und verkaufte sie in den Siebzigern an eine große Bergbaugesellschaft.
Die Mine ist heute in Privatbesitz, und für Lauffaule auch über eine kleine Asphaltstraße von der Strada Provinciale (von Teulada kommend nach links ab) erreichbar.
Vier Kilometer südlich von Su Benatzu liegt Is Carillus. Das Schaf dachte ja, noch ausgestorbener geht nicht. Aber doch.
Is Carillus hat offiziell 18 Einwohner, von denen wir genau einen sehen. Und der ist nicht so zugänglich.
Was er von dem einsamen wolligen Wanderer, der da durch das Distelfeld auf sein Haus zustapft, hält, weiß man nicht – jedenfalls schließt er sofort seine Fenster.
Wie viele Menschen da noch hinter den verschlossenen Türen und Fenstern und den dicken Wänden lauern? Man ist ja manchmal erstaunt, was man so entdeckt, aber hier hätte das schwarze Schaf eigentlich wirklich keine Menschenseele vermutet.
Eins erfahren wir dann doch noch: Der Ort ist nach einer Familie benannt, »Carillus« ist ein Nachname.
Das erklärt auch die Benennung der Grotte bei Su Benatzu nach dem Gründer der Mine: In dieser Region Sardiniens ist die Benennung von Siedlungen, Häusern und anderen Orten mit den Nachnamen der Familien, die sie erbaut haben, üblich.
Zum Beispiel Is Cartas, Is Pintus, Is Pillonis, Is Solinas – alles Nachnamen und gleichzeitig Bezeichnungen, die Euch auf auf Hinweis – und Ortsschildern begegnen können.
Und das ist noch nicht alles. Das Schaf bekam noch eine Menge Ausflugs-Tipps für Archäologie-Liebhaber.
Abseits der üblichen Touristenströme erwarten dich:
Viel Spaß beim Entdecken rund um Su Benatzu!
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