Ein stürmischer, regnerischer Tag lockt das schwarze Schaf an die Westküste. Nordseefeeling auf Sardinien! Tja, und wenn andere sich drinnen einschließen, gönnt sich das Schaf ein knackiges Sturmtrekking!
Das ist – wie immer, wenn das Wetter seine Kraft auspackt – nicht ganz ohne. Gute Schuhe, wasser- und winddichte Klamotte und noch mehr Aufmerksamkeit als sonst – das ist das heutige Schafgepäck. Und die Kamera, die in kürzester Zeit nass wird, aber zum Glück überlebt …
Es regnet tatsächlich wie aus Eimern, aber der Sturm ist zu cool, um nicht draußen zu sein (» Video auf unserer facebook-Seite).
Rund sechs Meter Welle rollen auf die sardische Westküste zu. Bosa Marina, üblicherweise eine gut geschützte Bucht, ist heute Wellenparadies.
Das Auto parken wir im Hafen von Bosa an der Flussmündung des Temo (nicht verwechseln mit Bosa Marina, das liegt auf der anderen Seite). Kurz hinter der kleinen Schiffswerft gabelt sich die Via Sas Covas. Links geht es hinunter zum Meer, rechts beginnt der Pfad hinauf. Mit dem Auto ist die Einfahrt bis zum Hafen gestattet, danach geht es zu Fuß weiter.
Der Trek folgt im Prinzip der Via Sas Covas, einer lang nicht mehr beachteten Privatstraße, die stark ausgewaschen ist und weit im Hinterland endet. Du kannst sie so weit gehen, wie du magst.
Nach einem kleinen Anstieg öffnet sich links der Blick auf die Bucht »Cane Malu«, sardisch für »böser Hund«. Der Wind benimmt sich heute genau so, wie ein ungezähmter Hund, der dich anbellt und bissig die Zähne fletscht.
Das Meer hat die Westküste von Sardinien geprägt, gut sichtbar ist das in diesem Abschnitt bei Bosa.
Kein Strand, aber eine der spektakulärsten Felsbuchten Sardiniens, mit einem natürlichen Swimmingpool – ein echter kleiner Geheimtipp (Bilder aus dem Sommer findest du auf sardegnainblog.it). Dorthin gelangst du bei gutem Wetter auf Meereshöhe – dazu folge einfach an der Gabelung zu Beginn dem Pfad nach links und gehe dann mit etwas Geschick über die Felsen.
Von oben führt ebenfalls ein Weg quer durch die Macchia hinab, den das schwarze Schaf sich ausgesucht hat.
Auf halber Strecke muss es allerdings aufgeben. Das Gelände ist zu nass und rutschig. In der regnerischen Nebensaison kommt es (inselweit) öfter vor, dass ein Weg nicht begehbar ist.
Oder nur mit großem Risiko, speziell wenn so wie heute, zu dem Regen auch noch 8-9 Windstärken ungebremst vom Meer kommen.
Das heißt, du musst in der Nicht-Saison auf Sardinien auch mal zufrieden sein, wenn du ein bestimmtes Ziel mal nicht erreichst. Macht aber nichts, das kennt das Schaf von seinen Sturmspaziergängen früher an der Nordsee.
Toll ist, ein, zwei Stunden einfach draußen zu sein. Alles ist völlig bestens und sorgt für viel positiven Stress im wolligen Organismus.
Weiter geht es hinauf, das Panorama weitet sich, der Blick zurück reicht bis nach Tresnuraghes, zum Torre di Columbargia (dort findet sich ebenfalls ein traumhafter Küstentrek bis Punta Foghe).
Der Trek zieht weiter an, geht bergauf und das, was eben einfach nur heftiger Wind war, wird nun zu Sturm ohne Gnade. Über einen kleinen Pass zieht der Wind mit voller Wucht direkt den Weg entlang. Jeder Schritt hinauf ist Mühe und richtig Arbeit.
Oben angekommen und über den Pass hinaus öffnet sich das nächste Panorama: auf die Bucht Cala ‚e Moros und die Felswand Sa Tanca de Sa Mola. Den Felseinschnitt vom Meer ist mit dichter Macchia bewachsen.
Der Abstieg zur Cala Rapina gestaltet sich noch schwieriger als der zu Cane Malu. Steil und glitschig – nichts zu machen, wenn man keinen Beinbruch riskieren will.
Das Schaf genießt noch den Blick auf einen kleinen, saisonalen Wasserfall. Viele Wasserfälle auf Sardinien sind ausschließlich bei Regen zu bestaunen – daher ist eine anhaltende Regenphase durchaus top für einen vorsichtigen Trek.
Ein heftiger Regenschauer setzt ein und ist nach einer Minute vorbei. Das ist das schöne an Sturmwetter auf Sardinien: Dass es sich über Stunden oder Tage einregnet, ist selten.
Das heutige Wetter ist winter-repräsentativ: stürmisch, mit regnerischen Abschnitten. Das kann ein wettererprobtes, holsteinisches Schaf sicher nicht erschüttern.
Das Schaf verbringt allein eine Viertelstunde damit, im Wind zu stehen und Möwen bei ihrem Flug zuzusehen. Das ist hier aber längst noch nicht alles.
In den Felswänden nisten Gänsegeier und Turmfalken. Im Frühling ist die Chance, sie fliegen zu sehen, am höchsten. Denn dann schlüpfen die Jungen und die Eltern begeben sich auf Futtersuche.
Der Geier ist erst vor kurzer Zeit an der Küste ausgewildert worden. Vom Monte Minerva bei Villanova Monteleone bis Bosa im Süden und Alghero im Norden ist das Nistgebiet des auf Sardinien äußerst seltenen Vogels.
Andere Vögel, die sich hier sehr wohlfühlen sind Kormoran, Mäusebussard und Wanderfalke.
Der Pfad geht noch weiter: Durch unberührte Landschaft erreichst du erst die Ebene S’Abba Drucche. Dort befindet sich ein Stellplatz für Camper. Schließlich landest du am spanischen Turm Torre Argentina.
Kurz zuvor gibt es zwei kleine, kaum beachtete Strände (wunderbare Fluchten in der Hauptsaison), die über unscheinbare Wege erreichbar sind: Spiaggia Sa Codulera und Spiaggia di Cumpoltitu.
Weitere Informationen
Westküste bei Bosa (Bilder vom Trek und der Rückfahrt auf der Küstenstraße bis Alghero) im Februar 2017:
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