Jährlich Mitte Mai feiert Olbia ein großes Fest zu Ehren seines Stadtpatrons San Simplicio, des Heiligen Simplicius. Ursprünglich ein rein kirchliches Fest der Gläubigen hat es heute immer noch sehr viele religiöse Elemente. Die Festlichkeiten wurden mit der Zeit ausgeweitet und heute ist San Simplicio ein mehrtägiges Stadt- und Volksfest, wird Sa festa manna de Mesu Maju / das große Fest Mitte Mai genannt und zieht Urlauber und Einwohner aus ganz Sardinien an.
Das schwarze Schaf war schon ein paar Mal da und findet an der Zeit, das Ganze mal zu dokumentieren.
Programmbeginn ist am 10. Mai und Ende am 15. Mai mit einem Feuerwerk am neuen Lungomare in der Via Redipuglia und an Molo Brin (die auch ein Riesenparkplatz ist). Das gesamte Programm findet ihr auf Olbianova.it (in italienischer Sprache).
Fangen wir aber beim Haupt-Protagonisten, dem Heiligen und seinem „Zuhause“ an.
Wer zum ersten Mal in Olbia ist, dem fällt die wichtigste Kirche des Ortes vermutlich gar nicht direkt auf. Sie ist relativ klein und unscheinbar, aber sehr hübsch. Aus grauem Granit steht sie etwas abseits des Zentrums, in der Via San Simplicio (Position auf Google Maps), ein gutes Stück hinter dem Bahnhof. Hier ist auch der Ausgangspunkt für die religiöse und traditionelle Prozession.
Die Basilika San Simplicio ist innen ebenfalls schlicht und hübsch, nur wenig Gäste haben in ihr Platz. Wer die Heilige Messe / Santa Messa sehen will, muss sich früh bemühen – sie ist täglich vom 10. bis 14. Mai um 19 Uhr; am Samstag ist anschließend ein Konzert, an den anderen Tagen zum Beispiel ein Abend mit sardischer Poesie.
Erbaut wurde San Simplicio zwischen dem späten 11. und frühen 12. Jahrhundert und erhielt etwa 900 Jahre später, im Jahr 1993 den Titel einer Basilika minor von Papst Johannes Paul II.
Die Basilika ist dem Heiligen Simplicius von Pausania geweiht, dem vermutlich ersten Bischof der Stadt und Märtyrer – heute Patron von Olbia und der gesamten Gallura. Das römische Martyrologium verzeichnet seinen Tod am 15. Mai 304 „In Pausania (Anm.: früherer Name von Olbia) auf Sardinien, der heilige Simplicius, Bischof und Märtyrer, der unter dem Dekan Barbarus von einer Lanze durchbohrt und gemartert wurde“.
Ein Highlight: Unterhalb der Kirche befindet sich eine Nekropole mit Gräbern aus der frühen Christenzeit auf Sardinien.
Der Gedenktag des Stadtheiligen ist also am 15. Mai und das Fest wird vom Comitato, der Kirchengemeinde ausgerichtet.
Fangen wir darum mit der Prozession zu seinen Ehren an, die der Höhepunkt des Festes ist und an jedem 15. Mai stattfindet.
Die Prozession besteht aus vielen verschiedenen traditionellen Gruppen, die der religiösen Gruppe mit der Statue des Heiligen San Simplicio vorausgehen. Sie beginnt bei der Kirche und führt einmal um bzw. durch das Stadtzentrum.
Bitte richtet euch darauf ein, dass in dieser Zeit in Olbias Zentrum viele Straßen gesperrt sind und es schwer sein wird, einen Parkplatz zu finden. Die gute Nachricht: Olbia ist klein und selbst von Nachbarquartieren ist man zu Fuß relativ schnell am Geschehen.
Zu sehen gibt es aber eine Menge – freut euch drauf!
Wer selbst nicht gut zu Fuß ist, sucht sich am neuen Lungomare sowie im Corso Umberto eine Bar oder Café und schaut zu, wie die Prozession vorbei zieht.
Olbia und Muscheln gehören zusammen wie Ernie und Bert. Die Cozze di Olbia (eine große Art der Miesmuschel) werden seit mehr als einem Jahrhundert im Golf von Olbia gezogen – die älteste Muschelzucht Sardiniens. Sie wachsen an den vielen Reihen Bojen, die man bei der Einfahrt mit der Fähre sieht.
Zu San Simplicio werden sie von den lokalen Fischern für das Fest gestiftet und vom Comitato in riesigen Töpfen alla marinara / nach Fischer’s Art zubereitet: in ihrem eigenen Meerwasser gekocht, mit Petersilie und Zitrone garniert – fertig.
Die Ausgabe beginnt am frühen Abend in einer Ecke des Parco Fausto Noce und dauert so lang, wie Muscheln da sind. Man stellt sich brav an und hier gibt es die ersten fröhlichen Zusammentreffen von Freunden, Familien und Fremden.
Es gibt für jeden einen Teller voll Muscheln – manche fragen höflich nach einem zweiten und gegen Ende bekommt man manchmal automatisch zwei. Lasst es einfach dabei bewenden. Wer übertreibt, trägt nur dazu bei, dass diese schöne Tradition irgendwann nicht mehr gibt.
Leider, leider, leider ist auch die Sagra delle Cozze in jedem Jahr eine Einweg-Plastik-Schlacht – insgesamt bleibt es ein großes Problem auf Sardinien, dem sich nur ganz wenige Organisatoren stellen mögen.
Da hilft auch wenig, wenn die Becher laut Gesetz biodegradabile / biologisch abbaubar sein müssen. Das ist ein erster kleiner Schritt, aber auch diese Teller und Becher landen auch auf dem Müllberg und zersetzen sich nicht sofort. Von echter Müllvemeidung sind wir leider Meilen entfernt – aber das ist nicht nur in Olbia oder auf Sardinien so. Ich frage mich immer: Wie hat man eigentlich früher gefeiert, als es noch kein Plastik gab?
Zurück zum Fest.
Zum Muschel-Teller wird ein frischer Weißwein, der Vermentino di Gallura der Cantina del Vermentino aus Monti gereicht. Das ist im Prinzip die Sagra del Vermentino / das Vermentino-Fest. Wer also irgendein Schild oder eine spezielle Location sucht: gibt’s nicht.
Du gehst einfach Muscheln essen und Wein trinken und freust dich – weil es damals wie heute immer noch kostenfrei ist.
Im Viale Isola Bianca wird Sand aufgeschüttet, um das Reiterfest auszutragen. Dabei führen mehrere Reiter akrobatische Figuren auf dem Pferderücken vor – im Galopp.
Zwar sind die Sarden aus Olbia und dem Umland Reiter und stolz auf ihre Pferde und Reitkünste, aber Einheimische kritisieren, mit San Simplicio und Olbia, einer Stadt am Meer, hätte das wenig zu tun. Sarden mögen wirklich nicht, wenn ihre Traditionen verfälscht werden.
Womit sie ein bisschen recht haben. Tatsächlich kommen viele Reiter aus der südlichen Gallura und dem Nuorese, wo die Pariglie eine größere Tradition haben und Pferde zum Landleben dazugehörten.
Reiter und Pferde werden natürlich auch – wie es sich für ein religiöses Fest gehört – zuvor gesegnet.
Zwar gibt es auch ein bisschen Heckmeck im Zentrum, aber der sehr weltliche Teil des Festes findet im Parco Fausto Noce (Position auf Google Maps) statt (und beginnt bereits ein paar Tage vor dem 15. Mai).
Von der Kirche geht einfach weiter stadtauswärts und folgt dem Lärm und dem Fluss der Menschen.
Eine Konzertbühne ist aufgebaut, auf der lokale, aber auch italienische Künstler auftreten. Ein Stück daneben Fahrgeschäfte und Buden für die Olbieser Jugend.
Bei Olbiesern ist Tradition, sich erst den Bauch mit Muscheln und Vermentino vollzuschlagen und dann an einem der Stände mit gegrilltem Spanferkel oder Salsiccia und Bier ein Gegengewicht zu schaffen.
Das muss der Urlaubermagen natürlich erstmal mitmachen – aber Spaß macht es in jedem Fall, sich unter die Einheimischen zu mischen und das wirklich wahre Leben in Olbia mitzubekommen.
Und genau das wünscht euch das schwarze Schaf jetzt: ganz viel Spaß!
Design by ThemeShift.