Sole, mare, spiaggia. Sonne, Meer, Strand. Das ist das, was viele mit Sardinien verbinden. Das ist natürlich richtig, wenngleich wir nicht müde werden zu erzählen, dass es sooo viel mehr gibt!

Dazu ist dieser Blog ja da – um sich mit Neugier und der Lust des Entdeckens auf die Insel einzulassen.

Da ist mehr als Meer ... (Sos Nurattolos, Alà dei Sardi)

Da ist mehr als Meer … (Sos Nurattolos, Alà dei Sardi)

Jedes Jahr im Sommer begegnen uns aber Menschen, von denen wir glauben, dass sie auf Fehmarn, Rügen oder in Dänemark besser aufgehoben wären. Nicht, weil wir sie nicht mögen oder nicht hier haben wollen – das ist schon ok.

Vielmehr, weil sie ein bisschen zu blauäugig durch die sardische Welt stapfen und vermutlich viel viel mehr Ordnung und Bekanntes in ihrem Urlaub brauchen, als sie es je zugeben würden.

Ein Beispiel: Wir treffen ein deutsches Pärchen an der Kasse eines großen Supermarktes. Sie wirken etwas „lost“ und leicht schüchtern, werden aber gesprächig, als sie hören, dass wir Deutsch sprechen. Sie kaufen ein paar wenige Vorräte, gucken auf unseren vollen Wagen und fragen: Ihr habt ein Auto da oder? Wir: Ja, klar. Sie guckt ihren Freund mit großen Augen und wirkt so, als hätte sie das vor der Abreise auch schon gesagt …

Er ist resigniert. Das Hotel läge etwas außerhalb von Olbia, sagt er, und man müsse ja für jeden Einkauf Taxi fahren, 20 Euro pro Strecke.

Wir verstehen das erstmal nicht. Wir deuten auf den Einkauf und sagen: Dann wird das Wasser aber ziemlich teuer. Wie wär’s denn mit einem Mietwagen? Ja, die seien ja auch teuer, sie hätten heute früh beim Hotel gefragt, das wollte 100 Euro pro Tag haben. Wir fragen: Und vorher buchen? Jaaaaa … man habe gedacht, das geht auf so einer Insel auch ohne.

Verborgene Schönheiten entdecken (Su Stampu, Sadalì)

Verborgene Schönheiten entdecken (Su Stampu, Sadalì)

Wir seufzen innerlich. Sorry, Anfängerfehler. Sardinien ist riesengroß. Und wenn ihr was von der Insel sehen wollt, geht es eigentlich eben nicht ohne.

Obwohl – das stimmt nicht ganz, und das sagen wir gleich dazu: Gerade im Sommer fährt auf der Strecke des Pärchens alle Nas lang ein Bus. Das gesamte Busnetz auf der Insel ist echt nicht übel. Aber: Ein bisschen Vorbereitung gehört dazu.

Sie wirft ihm einen strengen Siehste-hab-ich-ja-gesagt-Blick zu. Er sagt schnell: Das Hotel hat ja einen Shuttlebus zum Strand. Glücklich wirkt das nicht.

Ich spare mir meinen Vortrag über das, was sie verpassen, wenn sie nur am Strand hocken, denn die beiden scheinen grad noch resignierter.

Nur eins muss ich loswerden: An der Landstraße zu ihrem Hotel fährt mehrmals täglich auch ein Bus Richtung Nuoro, durch coole Landschaft und viele nette Orte. Und ein Ausflug in den Supramonte lohnt sich. Da sollen sie mal im Hotel nach Fahrplänen fragen. Hm, ja, mal gucken, sagt er.

Wir sehen uns an und ahnen, dass die beiden dazu irgendwie zu unselbständig sind. All-inclusive DomRep wär‘ vermutlich klüger gewesen.

Dolce Vita nicht vergessen!

Dolce Vita nicht vergessen!

Wir sitzen nach unserem Einkauf erstmal 200 Meter weiter in einer Bar und trinken Weißwein in der Sonne. Denn natürlich kann es manchmal unentspannt werden, aber das Dolce Vita machst du dir immer selbst. Die Insel ist da und hat alles dafür, was du brauchst.

Sommer-Sonne-Strand-Urlaub vs. Entdeckertum – auch im Sommer!

So sprechen wir auch über Sommer-Sonne-Strand-Urlaub. Zwei Wochen zwischen Hotel und Strand hin und her zu gondeln – da fragen wir uns unwillkürlich, ob das ein schöner Urlaub wird. Wir gönnen es ihnen von Herzen, denn als Pärchen ist es einem ja manchmal auch völlig egal, wo man ist.

Aber die Frage mag gestattet sein, ob man sich als Urlauber nicht im Vorfeld mit seinem Reiseziel vertraut machen sollte, statt eine vollorganisierte Umgebung zu erwarten.

Wir geben vor uns selbst zu, mit vielen Gegebenheiten vor Ort vertraut und ja schon Fortgeschritten zu sein. Aber ist nicht genau das die Anforderung der Insel an ihre Gäste?

Und, wenn man schon unvorbereitet reist (das ist ja durchaus ein schwarzschafiger Ansatz), dann wären doch Neugier und Entdeckerlust hilfreich, so dass es einem nichts ausmacht und man auch mit unkonventionellen Gegebenheiten gut klar kommt, statt unglücklich zu werden …

Ja, die Insel verlangt jedem Reisenden auch ein „määähr“ ab, um nicht nur den „Meerwert“, sondern auch ihren „Mehrwert“ zu entdecken.

Sardinien hat viel zu viel Erstaunliches zu bieten, als dass man in einem Radius von 10 Kilometern ums Hotel und mäßiger Vorbereitung hier zufrieden wird.

An alle die erst herkommen: Der Sardinien-Urlaub ist schön am Strand, ohne Frage! Und manchen reicht das auch. Das ist toll so!

Aber er wird um Meilen schöner, wenn man die angestammten Plätze verlässt. Sei es, um eine andere Küste auszuprobieren, oder um auf einen Berg zu klettern, um das Meer von dort aus zu sehen und sich hinterher im Meer wenn alle anderen wieder im Hotel sind, die vom Wandern heißen Füße zu kühlen.

Und natürlich wird’s auch genialer, wenn man der Kultur des Landes ein bisschen näher kommt, und die unterschiedlichen Regionen und ihre Besonderheiten kennenlernt. Auf dieser Insel gibt es quasi hinter jeder Kurve etwas anderes zu entdecken.

Grüne Oase in der Sommerhitze: Flumendosa

Grüne Oase in der Sommerhitze: der Rio Flumendosa bei Villasalto

Sie ist tatsächlich ein kleiner Kontinent, und Kontinentalreisen sind nunmal etwas für Fortgeschrittene.

Das wäre ja sonst wie nach London, München und Rom jetten und behaupten, man habe Europa erfasst. Asiaten und Amerikaner machen das, aber das stimmt ja nicht.

Sardinien braucht Eigeninitiative, Aufgeschlossenheit, Neugier.

Und noch viel mehr: das Nachdenken und ein innerliches Zurücktreten von den deutschen Angewohnheiten und Ansprüchen. Ein Sich-Einlassen auf die sardische Lebensart.

Hier ist vieles schlichter und pragmatischer, aber deswegen nicht unbedingt schlechter. Im Gegenteil. Wer das erkennt und für zwei, drei Wochen oder länger akzeptiert und respektiert, wird hier glücklich.

Über das rudimentäre Aneignen der Sprache wollen wir ja gar nicht reden. Oder doch.

Denn dann waren da noch die zwei Männer an der Tankstelle, die gerade vor ihrem Auto stehen und mit der Art zu tanken überfordert sind (Tankstelle zu = Automat = Schein rein, Säule wählen, tanken, fertig). Ich spreche sie an, weil der Automat meinen 20-Euro-Schein nicht akzeptiert (wie so oft) und Karten ja sowieso nicht funktionieren, das ist das Wesen eines Automaten.

Ich rede Italienisch, weil ich es so gewohnt bin und ich außerdem (Überraschung!) in Italien bin. Der eine schüttelt nur mit dem Kopf, grinst und sagt ganz laut „No no! German!“. Unfassbar plump.

Kurz bin ich versucht, sie weiter über meine Nationalität im Dunkeln zu lassen, nur um sie ein bisschen aus ihrer Komfortzone zu holen … Leider verrät mich mein Autokennzeichen, also tauschen wir den Schein auf Deutsch.

Natürlich darf ich mir anhören, dass das ja ein Unding sei – eine Tankstelle in Flughafennähe und morgens um 7.30 geschlossen, da hätten die Tankstellen in Deutschland 24 Stunden geöffnet. Und dann diese Scheinewirtschaft, es gibt doch Kreditkarten, aber die funktionieren ja auch nicht! Was geht hier eigentlich in diesem Land?!

Ob sie schon länger hier sind, frage ich. Eine Woche, und eine bleiben sie noch. Dann solltet Ihr Euch langsam dran gewöhnen, sage ich. Das wird sich spontan nicht ändern. Man grinst plötzlich nicht mehr und sieht mich etwas grummelig an.

Mir ist das egal. Denn das sind ehrlich gesagt, Kleinigkeiten, über die die zwei sich da aufregen. Wer mit einer merkelhaften Bei-uns-ist-alles-besser-Haltung durch ein Land wie Sardinien reist, dessen hochgehaltene Nase darf auch mal einen kleinen Kratzer bekommen.

Unsere inständige Bitte ist: Bleibt auf dem Teppich. Seid nett. Seid zuvorkommend. Seid respektvoll.

Neugierig, oder einfach nur ein Esel?

Neugierig, oder einfach nur ein Esel?

Viele Sarden und Italiener finden Deutschland tatsächlich gut und anerkennen, dass wir einigen Erfolg mit unserer Art die Dinge zu managen haben. Aber es gibt auch einen großen Teil, der die Kritik der Deutschen an den vermeintlichen Schwächen der südlichen Lebenskultur und Arbeitsweise als ignorant, hochnäsig und kolonialistisch betrachten.

Wir neigen dazu, letzteren Recht zu geben. Denn gerade die Sarden haben in ganz grundsätzlichen Fragen des menschlichen Lebens eine ganze Menge begriffen, von dem die Deutschen nicht mal ahnen, dass es wichtig sein könnte.

Sardinien wie es ist: Nuraghe Ruju

Sardinien wie es ist: Nuraghe Ruju

Sardinien ist so wie es ist. Und die Menschen, die hier leben, haben ein Recht darauf, so zu leben wie sie es tun.

Es ist ihr Land. Wir sind die Gäste.

In diesem Sinne wünschen wir einen wunderschönen Urlaub und bedanken uns bei allen, die die Insel friedlich und fröhlich erkunden!

Herzliche Grüße, Euer schwarzes Schaf

(das wie jeden Sommer der Hauptsaison erstmal entflieht und gerade bei 15 Grad im regnerischen Schleswig-Holstein sitzt …)

+++ Artikel überarbeitet, erstveröffentlicht 2013 +++

2 Comments

  1. Irene Schmudermaier

    4. Juli 2013 at 10:06

    Hallo pecora nera, alles, was du schreibst, ist wahr. Und ich frage mich, dass die Generation, die doch mit dem „social network“ groß werden, der Daumen quasi mutiert vom smsen, nicht in der Lage ist, sich über diverse websites zu informieren, welch eine schöne Insel Sardinien ist. Oder denkt man bei Sardinien nur an die Costa smeralda?? Das ist nicht (nur) Sardinien. Und man braucht wahrlich nicht auf diese protzigen Yachten neidisch zu sein. Sardinien hat tausendmal schönere Seiten. – Seit 2005 fahren wir regelmäßig im Frühjahr auf diese schöne Insel zum Wandern, Leute kennen lernen, einsame Strände besuchen, und ich möchte sagen, dass wir sehr viel gesehen haben. Es lohnt sich. Wenn man dann noch Italienisch-Kenntnisse hat, öffnen sich einem die Herzen der Bewohner. Und ja, ohne Leihwagen (gibt’s schon für kleines Geld direkt ab Flughafen) ist’s nur halb so schön.
    In diesem Sinne – und danke für deine guten Berichte – beesondere Grüße aus dem heuten sonnigen Koblenz
    Irene Schmudermaier

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  2. sigrid

    19. Juli 2013 at 09:39

    schön geblööökt
    und weil ich das – wie so oft – längst nicht so formvollendet und witzig ausdrücken kann ;-), verlinke ich deinen beitrag gleich mal in meinen blog, o-solemio.de/blog/ und sage zu dir: ja genau… genau so wollt ich das immer schon mal aufschreiben, ohne leuten auf die zehen zu treten, mit großem herzen ….
    danke 🙂 sigrid von o-solemio

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