Gleich vorab: Das hier ist einer der schönsten Treks, die das schwarze Schaf je gegangen ist. Reine und unberührte Natur, anspruchsvoll, einsam. Und die Dessertkirsche: ein Wasserfall.

Panorama an der Cascata S'Ega Sizzoris

Panorama an der Cascata S’Ega Sizzoris

Die Berge südöstlich von Villacidro sind von mehreren Flüssen durchzogen, die einige Wasserfälle / cascate und sehr, sehr viele Wasserfällchen /cascatelle bilden (natürlich umso beeindruckender, je mehr es regnet).

Der berühmteste und größte von ihnen: die Cascata Sa Spendula.

Obwohl in der Nebensaison auch dort nicht viele Besucher zu erwarten sind, zeigt ihm das schwarze Schaf die kalte Schulter. Nicht, weil es ihn nicht mag, sondern weil es schon da war und gern etwas weiter gehen möchte.

Also sucht es sich lieber den aus, von dem es noch nie gehört hat: S’Ega Sizzoris.

Der Wasserfall und die Täler, die ihn umgeben, gelten als „ultimo paradiso del Monte Linas“. Das Schaf will wissen, ob dieser Wasserfall wirklich so paradiesisch ist.

Soviel sei gesagt: Ja, er ist! Und der Trek gleich mit.

Paradiesischer Trek

Der Weg zur Cascata sieht auf der Karte kurz und einfach aus. Auch das können wir vorwegnehmen: Kurz je nach Startpunkt vielleicht. Einfach: Nö.

Zu Beginn des Trekking-Pfades (Beschreibung siehe am Ende dieses Artikel) die erste Schwierigkeit für empfindliche Nasen: die Schweineställe müffeln zum Himmel. Schnell vorbei, geradeaus, bald ist der Geruch verflogen. Jetzt ist der Pfad ein Pfad oder gar ein Weg.

Cascatella

Cascatella

Hier und da haben ihn kleine Bäche aus starken Regenfällen zerfurcht oder zerstört – ein erster Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Noch aber ist das Tal weit, der Weg führt durch einen kleinen Wald, entlang des Riu Biddascema (auch: Rio Gutturu Derettu).

Irgendwann geht es auf seinem Zufluss, dem Riu S’Ega Sizzoris weiter, und die meiste (und schönste) Zeit durch alte Täler, die schon seit Ewigkeiten so da stehen wie heute.

Beide Flüsse tragen jetzt auch Wasser – ein gutes Zeichen, dafür dass der Wasserfall auch als solcher erkennbar ist. Der Wasserstand ist an diesem Februartag perfekt: nicht allzu tief und dort, wo notwendig, leicht zu überwinden.

Doch der ungeübte Gelegenheits- und Nur-mit-Schild-Wanderer will schnell und gern aufgeben.

Nicht wenige kehren um, und Familien mit Kindern sind nur bis hier sicher aufgehoben – sie sollten nicht weitergehen.Vielleicht gab es deswegen am Ende des breiten Pfades diesen Doppelpfeil, der auch wieder zurück weist.

Aber: Auch bis hier hat man bereits ein paar der kleinen Cascatelle / Wasserfällchen, gesehen. Und ein Picknick an diesem schon halb-paradiesischen Ort ist ein schönes Erlebnis.

Auf anspruchsvollen Pfaden zum Wasserfall

Auch das ist der Weg

Auch das ist der Weg

Die ganze Wahrheit: Viele trauen dem Weg, der von dort aus weiter führt, einfach nicht – denn er führt über rutschige Felsen hinunter zum Flussbett und ist nicht markiert.

Er fordert vom Wanderer eigenen Orientierungssinn und ein Gefühl für die Natur. Wer seinen Weg findet, hat hier so eine Art „Sicherheitsabfrage“ passiert und quasi sein Passwort zur Cascata eingegeben.

Ab jetzt wird’s durchaus anspruchsvoll: Sofort beginnt eine felsige Kletterstrecke, wir gehen über Stock und Stein, durch fließendes und stehendes Wasser, hüpfen von der Böschung zum nächsten Fels.

An anderer Stelle gehen wir nochmal zehn Meter zurück, weil die Flussquerung dort leichter ist.

Hier und da trägt das Flussbett, jetzt Anfang Februar gut Wasser.

Der vielleicht schönste Punkt ist an der Stelle, wo es um eine Kurve nach rechts und über Felsen bergauf geht. Hohe Felsen begrenzen das Tal, natürliche Teiche, wir machen eine kurze Rast auf großen, vom Wasser weich gespülten Felsen: Hier könnten wir stundenlang sitzen.

Paradiesplatz oberhalb des Tals

Paradiesplatz oberhalb des Tals

Mit uns gehen ein Spanier und seine Freundin, sie nutzen diesen wahrhaft paradiesischen Platz für eine romantische Indieweltguck-Pause und fallen etwas zurück. Markante Berggipfel weisen den weiteren Weg, über Schotter, kleine und größere Felsen.

Dann geht es über einen Wiesenabschnitt mit Hirtenhütten und Holzställen, dann wieder zum Fluss. Hinab und hinauf. Zuletzt geht es durch ein Waldstück, hinauf auf einen kleinen Pass. Hier wollen wir fast aufgeben – am Himmel sind Wolken erkennbar, wenn die bleiben, wird es früher dunkel und die Zeit für die Rückkehr im Hellen nimmt ab.

Wir folgen noch einer letzten Steigung durch ein Tal, sehen auf der Karte eine letzte Windung des Tals und stehen fünf Minuten später endlich am Ziel: der Cascata S’Ega Sizzoris.

Das Wasser fällt über 30 Meter hinab und es ist einfach nur ein grandioser Platz Welt. Auch wenn die Wolken sich noch kurz türmen – sie verziehen sich bald und erlauben uns, in der Sonne zu verweilen.

Ein Paradies? Uneingeschränkt: Ja!

Beschreibung des Treks

Ausgeschildert ist der Pfad Nr. 107 beginnend am Parkplatz Villascema, am Lago Leni, und ca. 10 km lang. Wer früh startet, kann hier eine sehr schöne mehrstündige Wanderung beginnen.

Bist du spät dran, oder enden die Tage früh, fahre das Teilstück auf Teer einfach weiter, mache zwischendurch kurz Halt bei der hübschen Landkirche San Giuseppe aus dem Jahr 1744, und starte den Trek beim idyllischen Rastplatz „Vecchia Cantina“ (alter Keller, eventuell ist auch ein Weinkeller gemeint).

Kurz hiernach endet die Teerstraße und es geht auf Sand und Schotter weiter.

  • Beginn des Naturpfades am Ende der Teerstraße bei einem Schweinestall
  • Dauer Hinweg: ca. 1,5 Stunden (ohne Pausen), zurück ging es mit knapp über einer Stunde etwas schneller
  • Höhenunterschied ca. 350 Meter
  • Schwierigkeit: mittelschwer, ital. Kennzeichnung E (= escursionisto, kann man sich mit „erfahren“ merken)
  • eher schlecht markiert, aber an  entscheidenden Stellen sind weiss-rote Markierungen oder andere Hinweise auf den richtigen Weg
  • der Fluss wird mehrmals gequert, aber dank des Flussbettes kann man sich kaum verlaufen, Orientierungssinn ist trotzdem gefragt
  • wasserfeste, robuste Schuhe, Steine können rutschig sein
  • Felsige Kletterabschnitte ohne Ausrüstung machbar, an vielen Stellen braucht man die Hände zum Vorwärtskommen
  • Mit Wetterumschwüngen rechnen, bei Wolken früh dunkel in den Talsohlen
  • Quellen sollen am Weg sein – wir haben keine gesehen und empfehlen eigenes Wasser mitzunehmen
  • Frühling: im März / April ist es hier grandios, wenn zu dem Wasser auch das Leben erwacht.
  • Herbst/Winter: Nach starken Regenfällen gibt es Tage, an denen der Trek nicht machbar oder gefährlich ist.
  • Sommer: Zwar ist der Pfad schattig und einfacher zu gehen (da man nicht durch Wasser muss) und der Trek ist für Naturliebhaber toll – denn überall entlang des Flusses wächst Oleander, und  der blüht wunderschön etwa von Juli bis weit in den Herbst. Aber am Ziel ist dann – eben mangels Wasser – eher die Vorstellungskraft gefragt, um einen Wasserfall auszumachen …

 

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