Die eigentlichen Einwohner Sardiniens sind ja die Schafe. Immerhin sind sie in der Mehrzahl. In jeder Schafherde finden sich unterschiedliche Gemüter und Persönlichkeiten. In diesem alten Lied aus der Barbagia wird von einem besonders vorwitzigen gesungen.
So klingt die Geschichte in italienischer Sprache:
Quando nacque la greggia – ed era bianca
e lieve come nuvola – fu Dio
che a lei cinse una sua fiorita tanca
con siepi di asfodelo in Ugolio.Ma la pecora matta rase il pio
chiuso e la siepe: e bruca e musa e arranca
si fuggi. Si che a lei disse il buon Dio:
„E tu vattene, va‘, ne sii mai stanca
di andare!“. E va la greggia, da quell’alba
remota, va dai monti al grigio lido
di Sardegna, va e va, umile e scialba.E dietro a lei, seguendo nella traccia
delle nuvole il suo sogno, va il fido
pastore, con la mazza e la bisaccia…
(Urheber: Sebastiano Satta, Canti barbaricini, La vita letteraria, Roma 1910.)
Das Lied erzählt davon, wie die Schafe und die Schäfer dazu kamen, ihr einstiges Nomadenleben zu führen.
Es wird davon gesungen. dass die Schafherden, als sie geschaffen wurden, weiß und leicht wie Wolken waren. Der Schöpfer gab ihnen in der Nähe von Ugolio eine blumige immergrüne Weide, fasste sie mit einer Hecke aus Affodill ein. Die Schafe hätten glücklich in Ewigkeit dort fressen und leben können.
Doch eines der Schafe wurde darin verrückt, vergaß sein frommes Wesen, fraß die Blumen aus der Zaunhecke und sprang dann darüber – und nahm leicht hinkend Reißaus. Also sprach Gott, es solle gehen und immer weiter gehen müssen, niemals müde.
Und so ging die ganze Herde, legte weite Strecken zurück, von den Bäumen und Bergen zu den grauen Stränden Sardiniens, bescheiden und fahl.
Ihnen folgt auf ihren wolkigen Spuren, seinen eigenen Traum träumend, ihr treuer Schäfer mit Stock und Tasche.
Heute sind die meisten Schafe wieder in Weiden eingefasst und wandern nur noch zu dem nächsten Weideplatz. Oder in den Stall. Wer eine freie Herde mit ihrem Schäferhund trifft, kann also einigermaßen sicher sein, auch ein verrücktes Schaf darin zu finden.
Ich werde den nächsten Schäfer, der seine Herde über die Straßen und Felder führt, fragen, ob er dieses alte Lied kennt und es mir vorsingt. Auf sardisch, natürlich.
Beeeeeh!
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Roman Koch
17. Juni 2010 at 22:30It’s a wild thing: http://alpen.sac-cas.ch/de/archiv/2008/200804/ad_2008_04_02.pdf