Wer auf Sardinien ist, kann die schöne Nachbarin nicht lang ignorieren. Korsika ist von Sardiniens Nordküste aus in Sichtweite und allein der Blick auf die helle Steilküste von Bonifacio oder die schneebedeckten Gipfel des Monte Cinto macht neugierig. Letzterer ist mit 2706 m deutlich höher als die höchste Erhebung unserer Lieblingsinsel. Und das, obwohl Korsika viel kleiner ist.

Also, auf zu einem kleinen Ausflug! Wer segeln kann und ein Boot zur Verfügung hat, nimmt beide Inseln sowieso häufig als »ein Revier« wahr und die Meerenge »Bocche di Bonifacio«, durch die der Maestrale wie durch einen Schornstein zieht, verbindet die Inseln mehr als dass sie sie trennt.

Für alle anderen geht die Fähre ab Santa Teresa di Gallura und legt – je nach Saison – zwischen sieben und acht Uhr morgens ab.

Zwölf Seemeilen oder 19 Kilometer über das Meer sind nicht weit – und trotzdem an windigen Tagen wie eine echte kleine Seereise. In etwa eineinhalb Stunden ist man zu Gast in Bonifacio. Oder Bunifaziu, auf korsisch.

Korsisch ist übrigens wie sardisch eine eigene romanische Sprache und eng mit den Dialekten Nordsardiniens verwandt, Gallurese und Sassarese. Das merkt man zuvorderst an den vielen „u“ als Ersatz fürs „o“, die auch auf Sardinien auffallen.

So sagt man hier denn auch „Bonghjournu!“, was auch eher wie das italienische Buongiorno klingt als das französische Bonjour. Überhaupt stellen wir bei dem Aufenthalt und einem weiteren Ausflug ins Hinterland fest, dass man mit Italienisch recht weit kommt und die Korsen italienisch sprechenden Menschen gegenüber sehr aufgeschlossen reagieren.

Bonifacio war jahrhundertelang in genuesischer Herrschaft und ist erst seit 1768 französisch. Die italienische Lebensart hat sich hier bis zum dolce far niente durchgesetzt. Als Inselvolk sind die Korsen darüber hinaus irgendwie eigenwillig und störrisch. Die schwarzen Schafe unter den Franzosen und in ihrer Mentalität den Sarden sehr ähnlich. Wir mögen sie.

Das Beste an Bonifacio ist die Einfahrt in den Hafen, durch die „Goulet de Bonifacio“. Wände aus Kalk- und Sandstein erheben sich zu beiden Seiten, bis zu 70 Meter hoch. Zur Linken ein Leuchtturm, zur Rechten thront auf dem Fels wunderhübsch die mittelalterliche Altstadt („haute ville“). Kaum einen schöneren und originelleren Hafen findet man am Mittelmeer, man weiß gar nicht, wohin man zuerst gucken soll, während das Schiff den Fjord entlangfährt.

Der Hafen gliedert sich in den „port de rommerce“, den „port de pêche“ und den „port de plaisance“ – vorn legen die Fähren an, in der Mitte sind die Fischer angesiedelt und den Platz nah am Städtchen teilen sich Segel- und Motoryachten unterschiedlichster Herkunft und Größe. Doch zunächst sei all denen, die auf der Fähre ihr eigenes Auto mitgebracht haben, dieses an das Ende des kleinen 3.000-Seelen-Ortes zu fahren und sich die horrenden Parkgebühren überall in der Stadt zu sparen. Wer nur in Bonifacio bleibt, lässt es am besten gleich in Santa Teresa stehen – ihr braucht es hier wirklich nicht.

Alle anderen bleiben gleich unten an der Hafenpromenade, die den Reisenden freundlich in Empfang nimmt und einlädt, zu flanieren, Restaurants und Bars entlang der Kiellinie laden zum Verweilen ein. Um die „haute cité“, die Oberstadt, zu erkunden, ist die Mittagssonne eh Gift – lieber unten im maritimen Flair einen schönen Rosé und ein paar gegrillte Garnelen oder einen Haufen Muscheln bestellen. Da geht’s einem schnell gut.

Die Oberstadt (auch Borgo Genovese oder Genoveserviertel genannt, ein Hinweis auf die jahrhundertelange Besetzung und Verwaltung durch die Genueser) ist wie eine Art Festung gebaut.  Eng gebaut mit Wegen aus Kopfsteinpflaster fühlt man sich hier fast in eine andere Zeit versetzt. Sie wird auch der „Balkon Korsikas“ genannt und tatsächlich hat sich das Meer unterhalb der Stadt bereits die Kreidefelsen ausgewaschen. Hält aber trotzdem alles, gut so.

Sehenswürdigkeiten, die man sich ansehen kann: Die Treppe des Königs von Aragon (in den Kalkstein gehauen, verbindet auf 187 Stufen die Oberstadt mit dem Meer), das „Sandkorn“ (einen runden, ausgewaschenen Felsen im Meer vor Bonifacio) und die Kirche St. Doménique (mit ihrem achteckigen Turm und eindrucksvollen Holzsschnitzereien).

Ein kleiner Geheimtipp: Bonifacio besitzt ein Aquarium, das die heimische Unterwasserwelt vorstellt. Es ist in eine Grotte gebaut und von April bis Oktober zu unterschiedlichen Zeiten geöffnet.

Auch, wenn es auf Sardinien wahnsinnig viel zu sehen gibt – wenn man schonmal da ist und Lust auf Tapetenwechsel hat, sind Bonifacio und Korsika ein außergewöhnliches Ausflugsziel auch nur für einen Tag.

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