Sicherheit. Heute eine sehr präsente Sache. Sardinien gehört in Europa (und damit vielleicht sogar weltweit) zu den sichersten Reisezielen. Das muss nicht so bleiben, aber für den Moment würde das schwarze Schaf es unterschreiben.

O-Töne einiger Leute zum Thema Sicherheit auf Sardinien

  • Auf Sardinien musst du keine Angst haben, da sind alle so nett und so hilfsbereit!
  • Sei vorsichtig, ganz allein auf Wanderungen ist es schwierig, in dem Gebiet gibt es kein Wasser und keinen Handyempfang.
  • Bei uns ist noch nie was passiert, mach dir keine Sorgen!
  • Da ist mal ein Freund von mir überfallen worden. Da standen da drei Bauern und haben ihn mit Gewehren bedroht.
  • In dem kleinen Dorf ist vor drei Wochen jemand umgebracht worden. Alle warten auf die Rache.
  • Nirgendwo auf der Welt behandelt man Frauen respektvoller.
  • Wenn du was siehst, was du nicht sehen sollst, bist du tot.
  • Jedes Jahr müssen Touristen aus Notsituationen gerettet werden.
  • Hier auf Sardinien kannst du beruhigt herumreisen, du bist in Sicherheit.
  • Du musst mehr Angst vor bekloppten Touristen als vor den Sarden haben.
Gefährlich ist es hier vor allem für Straßenschilder ...

Gefährlich ist es auf Sardinien vor allem für Straßenschilder …

Sicherheit ist im Detail extrem subjektiv und abhängig vom persönlichen Standpunkt, vergangenen Erlebnissen und der eigenen Courage.

Allein reisen auf Sardinien? Aber ja!

Hier macht viel aus, wie respektvoll du dich selbst gegenüber den Einheimischen verhältst oder mit welcher Vorsicht du dich in ihrer geliebten Heimat bewegst.

Üblicherweise sind Sarden hilfsbereit, gerade bei Menschen, die allein unterwegs sind.

Als allein reisende Frau ist man zudem oft Subjekt von übertriebener Sorge. Als wären wir noch in den fünfziger Jahren, in denen allein und vor allem ohne Mann nichts ging. Selbst befreundete Frauen machen da keine Ausnahme. Sie sind eingeladen, ihr Bild von sich selbst zu überprüfen.

Heute reisen wir jedoch selbstbewusst und unabhängig. Und wir verstehen es, uns zu schützen. Ob Mann oder Frau.

Aber, das Frauenbild vieler Sarden ist auch noch etwas antiquiert oder vielmehr: Die Frau wird sehr wertgeschätzt und steht unter einem speziellen Schutz. Das liegt in der DNA. Was für allein reisende Frauen aber von Vorteil ist, denn sie werden leichter in der dörflichen Gemeinschaft aufgenommen, wenn sie um Hilfe bitten.

Die Welt um uns herum verändert sich gleichwohl, und bei erhöhter Terrorgefahr lohnt es sich, den ein oder anderen Gedanken mehr auf die eigene Sicherheit zu verschwenden. Aktuell finden sich immer wieder Menschen, die auf eine erhöhte Sicherheitsgefahr durch Migranten hinweisen. Als gäbe es nicht mindestens genauso viele einheimische Idioten …

Die wenigen Flüchtlinge, die ich bisher auf Sardinien traf, sind – vermutlich durch die Entwurzelung und die erlebte Lebensgefahr – eher zurückhaltend und nett als aufdringlich. Die Strand- und Parkplatzverkäufer gehören zum Sardinienbild dazu und sie ziehen meistens bei einem klaren „No, Grazie“ wieder ab.

Was Menschen zu Gewalttätern macht, ist vielfältig und unabhängig von der Herkunft und Nationalität. Perspektivlosigkeit, Wut und Armut gehören sicher dazu. Doch das kann auch bedeuten, dass dir ein arbeitsloser Sarde, der dich mit vielen Geldscheinen hantieren sieht oder ein in seiner Eitelkeit gekränkter Italiener am Strand gefährlich werden kann.

Die Gefahr, irgendwelchen Gestörten zu begegnen, besteht in Hamburg genauso wie in Cagliari oder Nuoro. Bahnhöfe, einsame Seitengassen, verlassene Gebäude – an manchen Orten ist eine gewisse Vorsicht angebracht.

Und dann gibt es auf Sardinien noch eine ganz spezielle Dimension. In einem Leserbrief erreichte das schwarze Schaf folgende Frage:

Hattest du eigentlich jemals das Gefühl, dass es im sardischen Innenland nicht sicher ist? Mein Schwiegerpapa (Sarde) rümpft die Nase, wenn wir bspw. von Orgosolo reden. Da gab es wohl mal ein, zwei Vorfälle im Innenland … Barbagia fiel als Region … Oder sind/waren das die Achtziger?

Und hier unsere (ganz persönliche) Antwort zum Thema Sicherheit im sardischen Hinterland:

Liebe …,

das war eher sogar Sechziger / Siebziger. Den Banditismus in Kürze auszubreiten, das schaffe ich jetzt nicht, aber dazu demnächst im Blog mehr. Nur soviel: Es gab ihn, sehr lange Zeit sogar, und er ist sicher auch noch nicht ganz tot (zumindest nicht in manchen Köpfen).

Ich schreib einfach mal wirr auf, was mir so zum Thema Sicherheit auf Sardinien einfällt.

Erstmal: Ich reise seit gut 15 Jahren allein als Frau durch die Insel, nur manchmal in Begleitung. Das schafft also so gesehen jeder 😉

Ernsthaft … Ich hab mich immer sicher gefühlt. Ausnahme vielleicht am Anfang, als wir auch noch nichts wussten oder „nur mal was gehört haben“, ja da sind wir mit einem mulmigen Gefühl ins Hinterland gefahren. Aber das hat sich schnell gegeben.

Man hat ja nur Angst vor Dingen, die man nicht genau kennt. Da hilft ja nur neugierig sein und hingehen! Seit ich viel mehr über Land und Leute weiß, ist alles gut.

Gerade das Inselinnere ist bekannt für seine Gastfreundschaft und die richtig hilfsbereiten und lieben Leute. Dem Nachbardorf von Orgosolo, Mamoiada, wird zum Beispiel nachgesagt, die freundlichsten Leute der Insel zu haben.

Und: Nie habe ich irgendeine schlechte Erfahrung gemacht. Ich grabe in meinem Hirn, aber da ist nichts. Wurde ich in anderen Ländern oder auf dem italienischen Festland mal blöd angemacht, war hier der Umgang immer sehr respektvoll.

Das Schlimmste was mir je auf der Insel passiert ist, war eines Morgens ein Nagel im Reifen. Da ich nur Teerstraße gefahren bin, wurde der vermutlich mit Absicht reingehauen, vielleicht von betrunkenen Teenie-Scherzkeksen. Und übrigens nicht in Orgosolo 😉

Hab zwei nette Männer gefragt, ob sie mir helfen. Natürlich halfen sie. Sie haben das Notrad dran gebastelt. Ich bin bei der nächsten Tankstelle raus, dort ist für fünf Euro der Reifen geflickt worden.

In einem anderen Dorf landete ich im Dunkeln und brauchte ein Zimmer. Es war aber alles zu. Ich hab in einem Restaurant gefragt, der meinte, er kümmert sich. Also hab ich erstmal was gegessen und zwei Stunden später hatte ich mein Zimmer (Hier geht’s zum Artikel Hotelsuche in der Nebensaison »).

Das lief alles ganz angstfrei ab.

Banditi a Orgosolo: sehenswerter Film

Banditi a Orgosolo: sehenswerter Film

Das ist zumindest mein Sardinien: Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft.

Orgosolo ist vielleicht wegen seiner Historie noch ein Spezialfall. Aber trotzdem kannst du natürlich hinfahren. Der Ort ist super sehenswert und hat sich in den letzten Jahren richtig gewandelt. Und da wohnen ganz normale Leute, die nicht aufs Banditentum reduziert werden wollen und vermutlich auch gar nichts mehr damit zu tun haben.

Unsere Generation ist eh schon quasi rausgewachsen. Das ist echt ein bisschen wie die Deutschen heute noch Nazis zu nennen. Das ist einfach nicht mehr wahr (Ausnahmen bestätigen immer die Regel).

Manche Leute gucken im ersten Moment böse, das können die Sarden echt gut 🙂

Aber dann hilft die Flucht nach vorn: Lächeln, Hallo sagen, sich ganz normal benehmen, nach Tipps fragen, was man denn unbedingt ansehen muss, wo man gut essen kann. Alles bestens.

Wenn du ganz alte Leute fragst, bekommst du noch ein anderes Bild. Die haben vielleicht einfach mehr Übles erlebt als ihnen lieb ist.

Ich traf mal einen Ex-Carabiniere in Orosei, der fragte, wo ich hin wolle und ich war grad auf dem Weg zu einem der Herbstfeste in der Barbagia. Auch er rümpfte massiv die Nase. Die Baronie und die Barbagia mögen sich nämlich gegenseitig nicht so gern.

Er meinte: „Da wohnen ganz üble Leute. Wenn du was siehst, was du nicht sehen sollst, bist du tot.“ Den Typen fand ich allein wegen dieser Aussage zehnmal merkwürdiger als alle, die ich später in Ovodda traf!

Ich urlaube und lebe hier seit fünfzehn Jahren mit intensivem Sardinien-Hinterland-Gegurke … und hab noch jedes Wochenende in der Barbagia überlebt. Gefühlt würde ich sagen, das bleibt auch so 😉

Natürlich gibt’s auch hier Idioten. Das sind aber nicht mehr sind als anderswo. Und ja, es gibt auch gefährliche Ecken. So wie ich in Hamburg bestimmte Kiezstraßen meide, gehe ich hier nicht im Stockdunkeln durchs Nirgendwo, und in bestimmte Teile des Supramonte nur mit ortskundigem Guide. Fertig.

Ab und zu penne ich im Auto, dann stelle ich mich halt in ein eher touristisches Gebiet, an einen Strand oder in irgendein belebtes Dorf, hab Pfefferspray dabei. Normale Vorsicht und Verantwortung für die eigene Sicherheit.

Und in der freien Natur ist sowieso alles fein. Du kannst in anderen Teilen des Supramonte und im Gennargentu in alten Hirten- und Schutzhütten oder in Grotten übernachten. Das ist absolut beliebt bei Wanderern und kein Problem.

Auch von den meisten Ziegen hast du nichts zu befürchten

Auch von den meisten Ziegen hast du nichts zu befürchten

Da hat jeder halt seine eigene, persönliche Form von Angst, was Dunkelheit und Wildnis betrifft. Ich musste das erst lernen, das ist ja durchaus schaurig, wenn du aus der Stadt kommst.

Vor allem wenn plötzlich Schritte und Geräusche da sind … und am Ende sind es eigentlich eh immer nur Schildkröten im Unterholz oder Ziegen. Die können richtig Alarm machen, sind aber auch meistens nett 😉

Was ich aber hin und wieder bemerke ist, dass es Aggressionen weckt, wenn der satte Tourist mit seinem fetten Auto durch ein armes Dorf fährt.

Sardinien steckt immer noch in der Krise. Für einen fetten SUV kostet die Tankfüllung so viel wie ein Arbeitsloser in der Woche zum Leben hat.

Ich hab schon deutsche Landsleute gesehen, die benehmen sich wie King of Koppel, wedeln mit enorm viel Geld und wollen „den Sarden mal erzählen, wie’s geht“. Die müssen sich nicht unbedingt wundern … Aber auch die werden ja nicht mehr entführt oder abgeknallt … hm … wenn ich so überlege … vielleicht sollte man doch wieder … neiiin, machen wir nicht ;)))

Das Argument, man brächte als Tourist das Geld, zieht hier nämlich nicht.

Denn selbst wenn der landläufige Fettautotourist es gönnerhafterweise auf der Insel lässt, dann eben doch nur selten in der Trattoria im Hinterland (und wenn, dann knausert er beim Trinkgeld), sondern in der schicken Bar an der Costa, wo er gerne 20 Euro für einen schlechten Cocktail zahlt.

Deutsche Kennzeichen waren im letzten Jahr rund um die Griechenlandkrise und mit Blick auf Italien und seine nochmal verschärfte Flüchtlingsproblematik am Mittelmeer etwas schwierig.

Deutschland, das Südeuropa seinen Stempel aufdrückt und es am Ende der Nahrungskette hängen lässt … das hat dann auch der Tourist gemerkt.

Keine Angst vorm schwarzen Mann :)

Keine Angst vorm schwarzen Mann 🙂

Das schwarze Schaf aber hatte trotzdem immer Glück. Denn Reden hilft! Wald – rein – raus … ich würde sagen, das hat jeder selbst im Griff, sich hier als ein umgänglicher und respektvoller Zeitgenosse zu bewegen. Und dann passiert dir auch nichts.

Ehrlich gesagt, müssen Hausbesitzer in schicken Ferienhaussiedlungen mehr Unruhe haben, als Leute, die durchs Hinterland gondeln.

Ferienhäuser ausräumen ist ein beliebtes Nebensaison-Ding. Aber das sind mittlerweile eher organisierte Banden oder die soziale Unterschicht aus den Städten, nicht die Leute aus Orgosolo, nicht die Sarden, die ich kennenlernen durfte.

Ein bisschen Vorsicht also in der Nebensaison, wenn man abends im Dunkeln durch das ausgestorbene villaggio läuft (so gesehen ist im Winter ein B&B oder Hotel besser als ein Ferienhaus) oder jemand anderes durch die Siedlung streift.

Natürlich kannst du überall auf der Welt zur falschen Zeit am falschen Ort sein. Einfach mit normaler Vorsicht durch die Welt gehen, Vertrauen haben und dann ist Sicherheit auch kein Thema.

Don’t worry!

Dein schwarzes Schaf

2 Comments

  1. Ursula Gruemann

    21. Juli 2016 at 20:20

    Seit 1978 verbringe ich sehr viel Zeit auf Sardinien – meine zweite Heimat. Mit Freunden habe ich auch schon viele Trekkings im Landesinneren oder wenig „zivilisierten“ Gegenden gemacht und habe nicht ein einziges mal Angst haben müssen. Das Einzige, was manchmal schwierig ist: wir haben einen kleineren Hund dabei, und gelegentlich begegnen uns
    freilaufende Hunde, von denen man nicht so richtig weiss, was sie im Sinne haben. Aber auch das ist bis jetzt immer gut gegangen. Im grossen und ganzen sind die Leute sehr hilfsbereit und freundlich, nachdem das erste Eis gebrochen ist.

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  2. Bernd Kunz

    10. September 2016 at 15:04

    Salve Pecora nera,
    komme grad von einer dreiwöchigen Inselexkursion zurück, hauptsächlich Gennargentu und andere hoch gelegenen und abgelegenen Gebiete. Hauptreisezeit und kaum Touristen…. Reise seit 1990 regelmäßig auf den kleinen Kontinent. Kann Deine Aussagen hinsichtlich Sicherheit nur unterstreichen. „Wald – rein – raus“ trifft es am allerbesten…. Wie überall auf der Welt und auch zuhause muss man halt aufpassen, WAS man tut, und mit wem man sich einlässt. Wie Du treffend schreibst, „IDIOT“ sein ist nicht an Nationalitäten gebunden, ggfls ans männliche Geschlecht… ;o) …. Ich schlafe in Sardinien überwiegend im Auto (Micro-RV), immer irgendwo möglichst weit ab… und ich habe NIE eine auch nur ansatzweise „gefährliche“ Situation erlebt (anscheinend habe ich nie etwas gesehen, was ich nicht hätte sehen dürfen.. was auch immer das sein sollte…;o). Auch nicht in Orgosolo… (man kann das ja nicht mehr hören…. das arme Dorf…) oder auf dem Prato südlich davon…. Ganz im Gegenteil. IMMER hilfsbereite Menschen, egal ob beim Einkauf, Suche nach dem Weg, einem Restaurant, einer Werkstatt… bei einer Panne etc… auch wenn es wg sprachlicher Inkompetenz meinerseits nicht zu tieferer Konversationen kommen kann. Aber man hat ja Hände und Füsse… „Finster“ schauen können die Sarden wirklich…. aber man sieht ja nur mit dem Herzen gut…. ;o)
    Ach ja: „mit der Waffe bedroht“ wurde ich auch schon… aber nur, weil der gute Mann nicht wusste, was ICH im Schilde führte…. (und auf seinem Grund rumlief)….
    A presto
    Bernd

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