Li Mizzani, traumhaft gelegen oberhalb von Palau

Li Mizzani, traumhaft gelegen oberhalb von Palau

Das Schaf hatte es im Kreuz. Da passt man einmal nicht auf und – zack! hat man am nächsten Morgen einen bewegungsarmen Nacken. Die sardische Doktorin empfahl neben der krampflösenden Schmerztherapie zwei Dinge: Sonne und langsame Spaziergänge.

Auf einem dieser Spaziergänge traf es eine Dame, die vom Gigantengrab Li Mizzani erzählte. Und dass es dort ein starkes, natürliches magnetisches Feld gäbe. Die Alten aus Palau und Umgebung schwören auf Li Mizzani, wenn es ihnen nicht gut geht.

Was ist das denn für eine Esoterik-Geschichte, dachte sich das Wolltier, aber andererseits … wer weiß, wofür es gut ist.

Interessant klingt das allemal und es ist gleich um die Ecke. Schnell mal hinwandern.

Das Magnetfeld

Tomba dei Giganti Li Mizzani

Tomba dei Giganti Li Mizzani

„Radioterapia neolitica“ nennt das der geneigte Palaese, also in etwa steinzeitliche Strahlenheilkunde. Aber er sagt das nicht scherzhaft, sondern meint das ernst.

Hunderte von den Alten aus der Region schwören auf eine tägliche Dosis Li Mizzani bei Kopfschmerzen, Migräne, Angstzuständen, aber auch Verspannungen, Ischias-Beschwerden und sogar Osteoporose.

Ohne Gewähr natürlich. Und das geht auch nicht schlagartig. Der neuzivilisierte Mensch ist da ja gern mal ungeduldig und erwartet von unerklärlichen Phänomenen auch eine unerklärliche Wirkung und sofortige Heilung. Sonst könnte man ja auch zum Arzt gehen.

Übersicht Li Mizzani

Übersicht Li Mizzani

Fragen wir wieder die alten Einwohner Palaus, erfahren wir: Eine Linderung stellt sich ein, wenn man regelmäßig hier vorbei kommt. Am besten vormittags, für eine halbe Stunde, etwa zehn Tage lang. Sensible Menschen würden bald spüren, dass es sich hier um einen besonderen Platz handele. Apropos Wunderpille: Li Mizzani soll sogar so etwas wie ein „nuraghisches Viagra“ sein …

Für das Schaf klingt das alles etwas komisch. Schließlich ist so ein „Tomba dei Giganten“ ja eine Grabstätte. Oder ist Li Mizzani tatsächlich die Wunderapotheke der Feuersteins? Was ist da dran, an den Steinen und an den Erzählungen?

Man ist ja aufgeschlossen. Also ab in den Selbstversuch.

Der magnetische Sitzplatz

Der magnetische Sitzplatz

Das Schaf setzt sich an den Eingang bei der großen Stele, zieht Schuhe und Socken aus und lässt die Energie fließen.

Etwa eine halbe Stunde lang fließt sie. Wie verrückt. Bestimmt. Sieht man ja nicht. Das Schaf fröstelt. Die Kälte des Steins (das Grab befindet sich an diesem Nachmittag leider im Schatten) zieht langsam in die Knochen. Unangenehm. Am Ende womöglich sogar kontraproduktiv für den verspannten Nacken? Vielleicht ist das alles im Frühling oder Sommer viel klüger?

Gerade überlegt es sich, dass Bewegung in der Sonne, wie die Frau Doktor sagte, eigentlich viel besser ist, da bekommt es Gesellschaft. Noch ein Patient! Der muss natürlich erstmal beobachtet und befragt werden.

Eingangsstele von der Seite

Eingangsstele von der Seite

Der ältere Herr grüßt kurz, und nimmt ebenfalls Schuhe und Socken von den Füßen, als wäre das gar nicht seltsam. Er wundert sich auch scheinbar nicht darüber, dass da schon jemand sitzt, sondern gesellt sich einfach dazu, an die zweite Ecke neben der großen Eingangsplatte.

Nach einer Zeit gerieten wir dann doch ins Quatschen. Er sei einmal die Woche hier, aber das reiche nicht aus, dazu gäbe es im modernen Leben da unten viel zuviel Strahlen und Lärm und so weiter. Das könne auch ein Magnetfeld im Gigantengrab nicht mehr ausgleichen. Aber es wäre ein Anfang und ein „bel passatempo“, ein guter Zeitvertreib. Er fühle sich besser.

Li Mizzani am Abend

Li Mizzani am Abend

Fragen wir mal jemanden, der sich auskennt.

Auf der Seite „Uomo e Terra“ finden wir ein paar Leute aus der Region, die sich mit diesem und ähnlichen Phänomenen in der Gallura beschäftigen. Und sie haben sogar eine ganz irdische Erklärung parat: „Der Granit speichert und transportiert Energie in seinem Siliziumdioxid, wie der Microchip eines Computers.“ Das ist die Grundlage für das natürliche Magnetfeld, das hier tatsächlich gemessen wurde.

„Wenn man sich in dieses Magnetfeld setzt, dann wird der Fortschritt der Krankheit unterbrochen“, glaubt der Experte, ein Apotheker aus Porto Cervo. Dieses Geheimnis kenne man bereits seit frühgeschichtlicher Zeit. Ob und wie genau sie den Magnetismus gemessen haben, ist nicht ersichtlich.

Es ist aber kein Zufall, dass die frühgeschichtlichen Bewohner Sardiniens viele Kult- und Wohnstätten bevorzugt an Punkten auf der Insel gebaut haben, an denen dieser Effekt zu beobachten ist. Die Nuraghier hatten das scheinbar im Gefühl.

Auch kleine Landkirchen wurden übrigens gern dort gebaut, wo Nuraghen stehen oder standen – in diesem Fall ja auch: die Kirche San Antonio, an der man vorbei geht, wenn man zum Tomba stiefelt. Dem, was die Alten wussten, vertraute man auch noch Jahrhunderte später.

Li Mizzani

Li Mizzani, Palau

Li Mizzani, Palau

Das Gigantengrab Li Mizzani ist verglichen mit anderen auf der Insel ziemlich klein: Insgesamt ist es 13 Meter lang, die Grabkammer nimmt davon 7,25 Meter ein.

Es wurde wohl Mitte des 15. Jahrhunderts vor Christus in grober Technik gebaut, und weist die typische Aufreihung von Felsen im Halbrund mit einer 2,80 Meter hohen Granitstele auf, dem Eingang zur Grabkammer.

Von der ursprünglichen Konstruktion fehlt heute gut die Hälfte, nachdem es 1918 zerstört wurde. In den Siebzigern entdeckte ein Archäologenteam die Stätte und konnte sie teilweise rekonstruieren. Dabei fand man menschliche Knochen und Reste von Keramiken, die auf die Zeit der „Cultura di Bonnannaro“ datiert werden konnten.

Das Schaf nimmt das Ganze heute wie der andere Patient als schönen Zeitvertreib.

Das Vogelgezwitscher, der Duft der feuchten Macchia und die Ruhe des Ortes sind wunderschön. Noch fünf Minuten die Augen schließen, noch fünf Minuten weg von der Zivilisation, und abtauchen in eine frühere Zeit …

Anfahrt

Landkirche San Antonio

Landkirche San Antonio

Die Anreise ist denkbar einfach: Von Palau aus Richtung Santa Teresa di Gallura fahren. Vor dem Restaurant Vecchia Gallura / Pane e Vino auf der linken Seite in die Nebenstraße einbiegen.

An der ersten Weggabelung links halten (Holzschild „Tomba dei Giganti“), dann hinauf auf den Berg (tolles Panorama auf die Küste!), durch ein Tal und hinauf auf den nächsten Berg.

Das Gigantengrab ist nach insgesamt etwa 4,5 km auf der Nebenstraße nach rechts ausgeschildert.

Vor der kleinen Landkirche San Antonio das Auto abstellen und dann ca. 300 Meter zu Fuß hinunter laufen.

Weitere Informationen

 

 

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