Sardinien ist mehr für seine Strände als für seine Wälder bekannt. Schade eigentlich, denn sie sind eine wahre Schatzkammer an Eindrücken.

Eine schöne Abwechslung im Urlaub, und gerade an warmen Tagen eine angenehme Alternative zum Vollsonnenbad. Sardinien war früher deutlich „waldiger“. Mit den beiden Weltkriegen diente die Insel als Holzlieferant und die vielen Wälder wurden abgeholzt.

Grüne Wälder: Barbagia die Seulo
Grüne Wälder: Barbagia die Seulo

Als Folge sucht der Reisende die Wälder, wie er sie aus Mitteleuropa kennt, heute vergebens. Hier herrscht der mittelhohe Buschwald vor, was Flora und Fauna in ihrer Entwicklung stark begrenzt. Große Waldgebiete mit hohen Bäumen oder gar Urwälder sind selten geworden. Auch ist der Wald in der Ebene selten – nur an den Berghängen sind ausgedehnte Gebiete zu finden.

2011 - Internationales Jahr der Wälder

Anlässlich des internationalen Jahres der Wälder 2011, ausgerufen von den Vereinten Nationen, stellt pecora nera einige Waldregionen vor.

Monte Nieddu, Gallura

Der Staatsforst (foreste demaniale) „Monte Nieddu“ („schwarzer Berg“) im Nordosten der Insel bei Padru, wurde zum Beispiel einst so genannt, weil seine Hänge von einem dunklen Nadelwald bedeckt waren. Davon ist heute fast nichts mehr zu sehen – er wird daher gezielt aufgeforstet, um seiner ursprünglichen Natur wieder näher zu kommen.

Monte Nieddu

Steineichen und Macchia sind Dauerbewohner zwischen den Felsen, Pinien und Kiefern werden seit mehreren Jahrzehnten stetig neu angesiedelt, Lücken zwischen bestehenden Waldstücken werden sukzessive geschlossen, so dass langsam aber sicher ein großer Mischwald entsteht und die Hänge des Monte Nieddu wieder dunkler werden.

Monte dei Sette Fratelli, Cagliari

7 fradis: Urwaldähnlich

Der weitläufige Naturpark liegt in nordöstlicher Richtung von Cagliari. Der Monte Sette Fratelli selbst ist nur eine Erhebung in dem großen Schutzgebiet „7 fradis“, das ihn umgibt.

Hier gibt es Abschnitte, die noch am ehesten nach „Urwald“ aussehen: Lianen und wilder Bewuchs, Dornen und hohe Bäume, unter denen sich wunderbar picknicken lässt. An seinen Hängen lebt der sardische Hirsch, der cervo sardo (siehe Artikel auf pecora-nera.eu). Ein scheues Tier, dessen Bestand sich erholt hat, langfristig aber nur mit der Aufforstung von großen Waldgebieten überleben kann.

Monte Limbara, Gallura

Monte Limbara, Wald mit Fluss

An den Hängen des Limbara in der Gallura (oberhalb Tempio Pausanias) finden sich kleinere Waldgebiete aus Kastanienbäumen. Sie sind bei Wanderern, aber auch bei Wildschweinen sehr beliebt. Im Herbst trifft man hin und wieder ein schwarzes Schaf beim Kastanien-Sammeln…

Montalbo, Nuoro

Das Forstgebiet am Montalbo dehnt sich von Lodè bis Siniscola und von Lula bis Torpè auf einer Fläche von über 9.600 Hektar aus. Auch hier ist die Steineiche das vorherrschende Gewächs, hier wächst sie irgendwie üppiger als anderswo. Aber auch in ihrem Schatten lässt es sich wunderbar picknicken. Das geschulte Pflanzenauge erkennt hier auch Pistazienbäume und Mini-Orchideen.

Am Montalbo: Moosbewuchs oder Hirschkopf?

Besonders interessant ist der Montalbo wegen seiner Tierwelt (Mufflons, Schlangen, Flughunde, Adler, Falken, Eidechsen, …) und wegen seiner erdgeschichtlichen Bedeutung: Er markiert eine der äußeren Stellen, an denen Sardinien vor Urzeiten mit Korsika verbunden war, bevor die Inseln sich voneinander trennten und auseinanderdrifteten. Der Kenner findet am Montalbo viele Gemeinsamkeiten mit Korsika.

Es schließt sich in Richtung Bitti der Parco Tepilora an, auch hier weite Steineichenwälder und paradiesische Ruhe.

Monte Ferru, Oristano

Der Gipfel, auf den sich unser kleiner Panda kämpft, heißt Monte Paris; er liegt etwas tiefer als der Ferru und ein schöner Wanderweg führt an seinem Westhang durch den Wald. Auch hier verschlingen sich die übliche Macchia, Steineichen und ein paar Laubbäume ineinander.

Blick vom Monte Ferru ins Hinterland

Der Ausblick ist trotz der Wolken, die uns verfolgen, wunderschön, der Tag warm und diesig. Der Monte Ferru, „Berg aus Eisen“, ist ein erloschener Vulkan und mit etwa tausend Metern schon beachtlich hoch – er kommt einem auch gewaltig vor, weil man vor hier aus über die Ebene bis ans Meer blickt. An klaren Tagen sieht man die Linie zwischen Meer und Himmel und sieht das tiefblaue Meer, heute ist das Hinterland mit seinen Nebelschwaden der Held. Hier sollen Geier wohnen … gesehen haben wir keinen, würden uns aber sehr wohl fühlen, an seiner Stelle.

(Hinweis: Das Gebiet am Montiferru wurde 2021 von einem großen Feuer heimgesucht. Teile des schönen Waldes wurden zerstört und werden Jahre brauchen, um sich zu erholen. Wir gehen trotzdem hin, und sei es nur, um uns bewusster zu werden, was auf Sardinien leider auch Realität ist, und den Einheimischen ein bisschen Hoffnung zu geben).

Gennargentu, Barbagia-Mandrolisai

Wer das Zentralmassiv Sardiniens besucht, ist häufig erstaunt, wie karg es hier ist. Zu 40% ist das Land von Wiesen und Weiden bedeckt, von Macchia, Felsen und Geröll. Nur 20% gehört weitreichenden Gebieten, diese sind vorwiegend mit Laubbäumen bewachsen. Wer denn einem solchen Waldstück entlangwandert, ist der ursprünglichen Natur jedenfalls so nah, wie vermutlich selten in seinem Leben.

Herbstfarben am Gennargentu

Wer von Mamoiada Richtung Fonni wandert, oder in der Gegend um Galtelli, erkennt schnell, was Grazia Deledda meinte, als sie von grünen Tälern und und nebelverhangenen Wäldern schrieb. Der Romantiker sieht hier Schafherden und Schäfer über die Hänge ziehen. Der Realist weiß, dass die intensive Viehhaltung (durch den Abbruch des Nomadenseins und der Transumanza) für eine Degradierung der Wälder sorgte.

Speziell der Süden des Gennargentu ist hoch bewaldet – bei Gairo, Osini, Ussassai, Seui beginnen einige der schönsten und dichtesten Wälder der Insel.

Dichter Wald bei Seulo
Dichter Wald bei Seulo

An der Region zehren zudem die Gegensätze der Jahreszeiten: Im Winter ist es hier zuweilen eisig kalt und schneebedeckt, stets feucht und klamm. Im Sommer heiß, sonnig und sehr trocken, fast dürr. Und doch eine der schönsten und eindrücklichsten Gegenden, die Sardinien zu bieten hat.

Und das alles ist nur ein kleiner Eindruck und noch längst nicht alles an Wald auf Sardinien.

Noch mehr Wald auf Sardinien:

Forstgebiete auf Sardinien
  • Auf der italienischen Webseite von „Sardegna Foreste“ sind die wesentlichen Forstgebiete Sardiniens eingezeichnet, auch die dort vorzufindenden Wanderwege sind beschrieben (siehe Grafik rechts) – auch wer kein Italienisch versteht, findet hier vielleicht Namen und Bilder, die Lust machen, für einen Tagesausflug hinzufahren.
  • Mehr zum internationalen Jahr der Wälder findet Ihr auf www.un.org/en/events/iyof2011
  • Die Waldgebiete auf der Insel stehen den Besuchern offen – mit der Maßgabe, der Natur und den darin lebenden Tieren mit Respekt und Achtsamkeit zu begegnen. Auf den meisten Forstwegen ist das Wandern und Mountainbiken in den Wäldern erlaubt, auch mit dem Pferd darf man sich üblicherweise hier fortbewegen.

    Kleiner Tipp: Sprecht einen Förster an, wenn Ihr einen trefft. Er hat meistens irgendeinen Geheimtipp – ob im Wald oder für das Abendessen danach.

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