Wolkenbrüche in Cagliari. Dicke fette Gewitterwolken über Quartu S. Elena und dem Hinterland. Monastir wird erhellt von Blitzen, Sinnai versinkt im Wasser, die grauen Massen bewegen sich in Richtung Sarrabus – und auf dem Meer sieht es nicht viel besser aus.

Der Urlaubshorror Nummer Eins ist da. Der Gutelauneblocker der Nation. Das schwarze Schaf des Wetters. Das Phänomen, das niemals, aber wirklich NIEMALS im Urlaub vorkommen darf:

Regen.

Mal schaun, ob wir schaf(f)en, dem ungeliebten Wetter etwas Positives abzuringen.

Manchmal hilft nur abwarten. Meistens aber: Losfahren!
Manchmal hilft nur abwarten. Meistens aber: Losfahren!

Regen: Beleidigt sein? Davon wird es nicht besser!

Die urlaubende Kleinfamilie verfällt beim Blick aus dem Fenster des Ferienhauses sofort in Schockstarre. IIIIHHHHH – REGEN!!!

Schatz, wir müssen reden! – Was denn? – Es regnet! Ich wollte doch an den Strand heute! – Ja und ich wollte mit einem Vino in der Sonne sitzen und das »Doltsche Vida gnüsse«! – Ja und jetzt? – Ja, nix! 

So ein Quatsch! Grundregel bei Regen: Bleib nicht in deinem Ferienhaus, sondern misch dich unters Volk. Schnapp dir einen Regenschirm! Düs einfach los!

Oft sieht es nämlich hinter dem nächsten Berg schon sehr viel freundlicher aus. Und oft gibt es zwar bedrohlich aussehende Wolken, aber es regnet trotzdem nicht daraus.

Heiße Schokolade und Plunder wie in Dänemark findest du auch in den Städten Sardiniens. Die Insel hat eine (nicht unbedingt vordergründige, aber gelebte) Café- oder sagen wir ruhig auch: Bar-Kultur.

Planänderung: vom Strand in die Bar!

Nehmen wir Nuoro. Das Tor zur Barbagia ist schwarzschafiger Geheimtipp bei Regen. Tatsächlich regnet es im Nuorese recht häufig, irgendwie staut sich hier das Wetter.

Die Stadt ist vielleicht gerade deswegen voller Bars und Cafés (und das nicht nur im Zentrum). Manche sehen komisch aus, andere sofort heimelig. Drinnen ist es eigentlich immer sehr nett und Fremde werden wie immer beäugt, sind aber willkommen!

Nuoro - Geheimtipp bei Regen
Nuoro – Geheimtipp bei Regen

In einem Café in der zentralen Einkaufsmeile in Nuoro bekam das schwarze Schaf im Februar mal eine hammergute hausgemachte Schokotorte – während es draussen schüttete. Voll mit Glücksstoffen ging es allem Wetter motiviert nach Orgosolo, die Murales anschauen. Auch im Regen – so what!?

Zum sardischen Karneval oder zur Sagra del Redentore überschlägt man sich in den Bars der Hauptstadt der Barbagia in der Auswahl des Gebäcks (wenn nicht alles leergefuttert ist). Und hinterher geht es einfach in eines der tollen Museen – vom MAN Nuoro über das Ethnografische Museum / Museo del Costume oder das Geburtshaus der Grazia Deledda bis zum Spazio Ilisso.

In Santa Teresa Gallura in der Central Bar 80 gibt es im kalten Winter einen sehr großzügig eingeschenkten Irish Coffee. An sonnigen Tagen sitzt du am großen Platz in der Ortsmitte perfekt, um Touristen und Einheimische zu beobachten.

Und in der Bar del Ponte in Ozieri oder im KKult in Olbia gibt es eine gute Auswahl an – huch! – Tee!

In Sassari hält sich das Schaf gern in der kleinen Via Torre Tunda nahe der giardini pubblici auf. Dort reiht sich ein Straßencafe an eine Weinbar an ein Bistro und noch ein Cafe und eine Fritteria und ein Restaurant an den Resten der alten Stadtmauer auf – ein schöner Platz Welt für Genießer! Eine gute Teeauswahl und Müsli oder Pankakes gibt s hier auch – nämlich im Café Pan. Und wenns dann immer noch regnet, bist du an dem Ende der Straße direkt an der Shoppingmeile.

In Cagliari sind die Torten und der Süßkram in dem Café Choco & Tea unterhalb der Bastione St. Rémy, in einer Nebenstraße der Via Giuseppe Mannu einfach nur grandios. Das schwarze Schaf sitzt hier gern schon zum Frühstück und dümpelt in den Tag hinein.

Wolkengebilde bei Ozieri - geregnet hat es daraus übrigens nicht
Wolkengebilde bei Ozieri – geregnet hat es daraus übrigens nicht

Ist das Café nicht so lauschig, dann ist ein Glas Rotwein oder ein Ichnusa im Stehen an der Bar immer eine gute Wahl. Speziell in der Inselmitte kommst du dann am ehesten ins Gespräch mit den Einheimischen.

Regen und Kinder

Wenn du mit Kindern unterwegs bist, kann es im Ferienhaus schnell mühsam werden. So Lämmer wollen schließlich beschäftigt werden – und draußen gibt es eigentlich immer mehr Ablenkung als drinnen, wo eher Langeweile oder gar schlechte Laune aufkommt.

Regen – jetzt erst recht!

Den allein, zu zweit oder mit Freunden reisenden Backpacker hält es nicht lang in seinem Hostel oder B&B. Ist halt so: Wer wirklich in Land kennenlernen will, etwas ganz Bestimmtes sehen oder erleben will, den scheuen weder Kilometer noch Umstände.

Manchmal hilft das Regenwetter sogar, ein Ziel wirklich zu erreichen. Der Dickkopf (sofern vorhanden) schaltet sich ein (was er bei fauler Sonne nie getan hätte).

Superschön: Sturmtrek bei Cane Malu, Bosa
Superschön: Sturmtrek bei Cane Malu, Bosa

Eine der coolsten Touren, die das Schaf mal auf Sardinien absolvierte, ist der Trek an der Küste nördlich von Bosa – bei Windstärke 10 und eiskaltem Regen. Das war Nordseefeeling pur! 

Dann brüllt das Schaf den Regen auch mal an. Ist ja nicht so als wäre es das Tollste der Welt und das bevorzugte Wetter. Aber: Schlechtwettertouren brennen sich tiefer ins Urlaubsgedächtnis als jeder Strandtag. Du hast das Gefühl, intensiv zu leben. Nah an den Elementen fühle ich mich definitiv lebendiger und wacher.

Das schwarze Schaf saß hinterher noch glücklicher in einer heimeligen Trattoria und freute sich, patschnass genau dort zu sein, wo es sein wollte. Wolle!

  • Noch ein Exkurs gefällig? Für Tarja ist Finnland das, was Sardinien für das schwarze Schaf ist. Ihr Blog dreht sich von vorn bis hinten um das tolle Land im Norden. In »Nomaden des Nordens: Sápmi« sucht sie eine uralte kleine Holzkirche – und streift dafür stundenlang durch den lappländischen Wald im Regen. Und als sie sie gefunden hat, schreibt sie: »Meine schlechte Laune, mein Missmut, meine Zweifel sind wie weggeblasen, als hätte der Regen sie mitgenommen.«

Sardinien hat gegenüber Finnland einen mega Vorteil: Regen und Luft sind zum Glück oft deutlich wärmer! Und das Nass verzieht sich meist auch schnell wieder.

Grundsätzlich steht einer Wanderung also nichts im Weg. Nur nicht empfindlich sein, das weiß der alte Finne schon seit Jahrtausenden. Wer eine wasserabweisende Outdoor-Jacke im Gepäck hat, ist ganz weit vorn und hat noch eine Ausrede weniger …

Määährke: Unterm (Laub-)Dach regnet es selten …

Die Wälder der Insel haben bei Mistwetter (außer bei Gewitter versteht sich) einen ganz besonderen Zauber. Kleine Einschränkung: Auf unbefestigten Pfaden wird es leicht rutschig, die sind für Ungeübte und Alleinwanderer nicht zu empfehlen.

Aber es gibt so viele Forstwege mit Laubdächern, auf denen du super laufen kannst:

Superschön: Wasserwege bei Nurallao
Superschön: Wasserwege bei Nurallao

Wenn dir Regenwanderungen trotzdem zu blöd sind, such dir ein Ausflugsziel mit festem Dach oder Dächern.

Auf Sardinien gäbe es zum Besispiel das Aquarium in Cala Gonone (geöffnet März-Oktober, im Winter auf Anfrage). Und natürlich die schon erwähnten Museen der Insel.

Ungewöhnliche Ziele findest du auf dem Blog sardegna abandonnata – nämlich lauter verlassene Gebäude. Das alte Militärfort am Capo d’Orso bei Palau  ist zum Beispiel so eins. Viele dieser Stätten spiegeln Kultur und Gschichte, wie Pratobello bei Orgosolo, wo ein friedlicher Widerstand der Orgolesen gegen das Militär stattfand. Und die meisten haben ein Dach.

Außerdem sind in unserem Artikel »Wenn der Wonnemonat zickt – Top Ten bei Regen« weitere Tipps zu finden.

Regen? Hält ein schwarzes Schaf nicht auf!

Auf Sardinien regnet es wirklich selten tagelang. Wenn doch, dann hilft würfeln. Bei ungeraden Zahlen: abwarten. Bei geraden: Nichts kann mich aufhalten! Zur Not einfach nochmal würfeln, bis du los kannst 😉

Rundreisen sind immer noch  die beste Art, Sardinien zu erleben und vor allem, in Kontakt mit Land und Leuten zu kommen. Im Zweifel fahre dem nächsten Agriturismo-Schild nach und spüre die Wärme der sardischen Gastfreundschaft.

Am besten dran ist, wer mit dem eigenen Gefährt unterwegs ist: Du hast immer ein Dach dabei. Wenn es auch noch schlaftauglich ist (allein ist das sogar ein Fiat Panda), kann das auf einem Mehrtagestrip sehr lauschig sein.

Je nach Regenmengen im Winter wird die Insel im Frühling durch Regen erst richtig interessant – nämlich fürs Canyoning!

Canyoning: möglich vor allem im Frühling, nach Regen (Foto: Viaggio in Sardegna)
Canyoning: möglich vor allem im Frühling, nach Regen (Foto: Viaggio in Sardegna)

Das ist möglich in der Gallura, im Supramonte, den Ausläufern des Gennargentu oder in den unbekannten Schluchten im Südwesten. Fragt dort zum Beispiel im Pro Loco (dem örtlichen Tourismus- und Kulturverein) nach einem guten ortskundigen Guide. Schafempfehlung:

  • Viaggio in Sardegna – Schwerpunkt zwischen Olbia und dem Supramonte, aber auch individuelle, inselweite Touren; die beiden supernetten Guides Sara und Marco sprechen Englisch und Italienisch.

Regen: Notwendigkeit auf Sardinien!

Nach all den Tipps mag das Schaf noch etwas Verständnis für den nassen Gesellen schaffen. Denn was die Insel wirklich immer gut brauchen kann, ist Wasser. Sie trocknet in den Sommermonaten (und, Klimawandel macht’s möglich, mittlerweile auch in den Randmonaten) stark aus und Feuer vernichten jährlich zehntausende Hektar Vegetation, die sich mühsam wieder berappeln muss.

Ein gut durchnässtes Land brennt weniger schnell als ein knochentrockenes. Verbranntes Land, Flora und Fauna – das ist wirklich traurig anzusehen.

Feuer am Montiferru
Nach dem Feuer erholt sich das Land nur langsam.

Alle, die hier leben, wissen, dass die Insel ein echtes Problem hat, wenn nicht regelmässig ein paar fette Wolkentage kommen und es sich so richtig ausregnet. Wunder dich also nicht, wenn sich alle auf Sardinien über Regen freuen, bloß du nicht. Versuch ein bisschen Verständnis aufzubringen.

Dann sind da noch die Stauseen, die als Trinkwasserreservoir für die Bewohner (und für die Inselgäste) dienen. Regnet es zu wenig, bleiben die Seen unter ihrem Fassungsvermögen. Die Wasserqualität nimmt ohne Frischwasser deutlich ab.

Stausee bei Isili im Regen
Stausee bei Isili im Regen

Für die frei weidenden Tiere in den Bergen ist Regen ebenfalls essenziell. Viele magern sehr ab, wenn in dem alten Gras vom letzten Jahr und den mickrigen neuen Sprossen keine Nährstoffe sind. Wer sich um das Wohl der armen Tiere sorgt, aber gleichzeitig nach Sonne schreit und über Regen meckert, hat Sardinien nicht verstanden.

Schafe geben bei kargem Futter nicht genug gute Milch. Bedeutet für uns Reisende: Der Pecorino wird schlechter und der Gute, den es gibt, wird teurer.

Und dann die Weinberge, die nicht austreiben, weil das Wasser fehlt. Regnet es nicht, ist das für Vermentino, Cannonau & Co. nicht gut!

Entlädt sich der Regen nur ab und zu im Jahr, kommt es zu Erdrutschen und Beeinträchtigungen. Im Sommer gibt es in einigen Regionen ganze Waldstücke an Berghängen, an denen selbst die wirklich resistente Steineichen langsam aber sicher verdursten. Sie können das Land nicht mehr festhalten. Regnet es aber immer mal wieder, passiert das nicht so schnell, die ganze Natur ist stabiler.

Und über die Schönheit einer Gewitterfront gibts eh nichts zu diskutieren – zur Not also einfach gucken und geniessen!

Aufziehendes Gewitter bei Ingurtosu
Aufziehendes Gewitter bei Ingurtosu

3 Comments

  1. Dennis

    21. April 2017 at 10:32

    Sehr schöner Artikel und gut geschrieben!

    Reply
  2. Maria Mauk

    2. März 2023 at 11:16

    Sehr schön geschrieben! Trotzdem hoffe ich, dass ich in meinem Urlaub nicht allzuviele Regentage haben werde – denn mein Mann und ich werden zwar mit eigenem Gefährt unterwegs sein, aber das hat kein Dach, und Vespa-fahren im Regen ist schon eher unangenehm (vor allem, wenn man so wie ich keine sehr geübte Fahrerin ist und großen Respekt vor nasser Fahrbahn hat) …. 🙂

    Reply

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert