Der Nuraghe Serbissi bei Osini (Ostküste / Ogliastra) ist ein Unikum, ein echtes Schmuckstück. Zudem in einer so ausgesprochen reinen und reizenden Landschaft gelegen, dass ein Ausflug zu ihm als Quasi-Pflichtprogramm in jedem Sardinien-Reiseführer stehen sollte.

Wir meinen, wenn schon Nuraghen besichtigen, dann diesen. Der Nuraghe Serbissi schenkt dir nicht nur eine tolle Tour durch einen der schönsten Landstriche Sardiniens, sondern ist auch selbst was fürs Auge. Der vielleicht schönste Nuraghe der Welt.

Serbissi, aus fast weißem Kalkstein, fast einmalig schön

Serbissi, aus fast weißem Kalkstein, fast einmalig schön

Was genau macht den Nuraghen Serbissi einzigartig?

Der Nuraghe ist aus hellem Kalkstein erbaut, der in der strahlenden Sonne weiß leuchtet. Das hat er noch mit dem Nuraghen Mereu im Supramonte und vielleicht noch ein, zwei anderen, die das schwarze Schaf (noch) nicht kennt, gemein.

Er ist also vielleicht nicht ein-, sonder „zwei- oder dreizigartig“. Aber viel mehr gibt es von dieser Art nicht.

Er liegt außerdem auf 964 Metern Höhe (andere Quellen sagen 952 Meter) und ist damit einer der höchst gelegenen Nuraghen der Welt.

Das wissen wir wiederum deshalb, weil es Nuraghen ausschließlich auf Sardinien gibt. Und hier liegt höher nur der Nuraghe Orruinas, etwa 15 Kilometer Luftlinie nördlich im Gennargentu Arzanese. Na gut, man munkelt, ein weiterer, der vom schwarzen Schaf noch besucht werden will, ist noch höher gelegen.

Nuraghe Serbissi, schöne Formen, auf über 950 Metern Höhe

Nuraghe Serbissi, schöne Formen, auf über 950 Metern Höhe

Außerdem – und das kann wirklich kein anderer Nuraghe vorweisen: Serbissi ist auf einer großen Grotte erbaut, die den Hirten und Tieren seit der Bronzezeit bis in die heutige Zeit Schutz bei Regen und Sturm bietet. Du kannst sie heute durchwandern und unterquerst dabei den Nuraghen.

Manchmal triffst du hier tatsächlich auf Ziegen oder Wildschweine – oder zumindest auf ihre (Duft-) Spuren. Sei unbesorgt: beide Tierarten sind in der Regel freundlich, wenn du sie nicht reizt und ausreichend Abstand wahrst.

Superschön: die Grotte unterhalb des Nuraghen

Superschön: die Grotte unterhalb des Nuraghen

Nuraghe Serbissi: Oase der Ruhe

Serbissi ist sehr gut erhalten. Das liegt vielleicht auch daran, dass er ziemlich weit abgelegen und nicht unter der (sogenannten) Zivilisation litt.

Zum nächsten Ort (Osini) sind es gut 10 km, zum nächsten Strand (Marina di Gairo oder Museddu) rund 30 km. Die kleine Straße nach Serbissi kannst du zudem nur zu etwa 2/3 mit dem Auto bewältigen. Je nach Tiefgang des Autos ist auch besser, es früh auf der Schotterstraße abzustellen und den Rest zu laufen.

Dich erwartet ein kurzer, entspannter Trek durch ein kleines Tal ohne große Schwierigkeiten. Den kannst du natürlich auch verlängern, ein Rundkurs durch ein Nuraghental / valle dei nuraghi und/oder über den Gipfel Punta Su Scrau ist ausgeschildert. Übrigens wunderbar auch mit dem Mountainbike.

Auch möglich ist ein weiter Trek über Su Scrau bis zur Perda Liana, auf Forstwegen und unbefestigten Hirtenpfaden (nur mit Guide empfohlen).

 

Auch möglich: ein weiter Trek bis zur Perda Liana (der Monolith im Hintergrund)

Auch möglich: ein weiter Trek bis zur Perda Liana (der Monolith im Hintergrund)

So weit ab vom Schuss zu sein hat immer etwas Gutes: Sowohl in der Hauptsaison als auch in den Top-Trekkingmonaten ist Serbissi nur so mittel frequentiert. Du findest hier stets ein Stück Frieden und Ruhe.

Wenn du ganz sicher sein willst, empfehlen wir natürlich die Nebensaison. In der Nebensaison achte auf aufziehende Wolken. Wie in jedem Gebirge kann das Wetter schnell umschlagen.

Nebensaison: diese aufziehenden Wolken verdichteten sich und der Rückweg war grau mit einigen Regentropfen

Nebensaison: diese aufziehenden Wolken verdichteten sich und der Rückweg war grau (= etwas Warmes mitnehmen)

Wegen des sehr einfachen, hinführenden Weges bist du beim Nuraghen Serbissi zum Sonnenuntergang mit einem gefüllten Picknickkorb auf den nahegelegenen Felsen der Held.

Und samt deiner Lieben in relativer Sicherheit. Relativ, weil die Dunkelheit schnell hereinbricht – und die Nächte im lichtlosen Zentralgebirge Sardiniens schwärzer sind als der zivilisierte Mensch das gewohnt ist.

Wenn es dazu vielleicht noch regnet oder Wolken tief hängen, kann das dem ein oder anderen Stadtpflänzchen schonmal aufs Gemüt schlagen.

Angst macht uns aber nur, was wir nicht sehen (oder kennen). Taschenlampe ist also Pflichtausstattung für jeden Erstwanderer in diesem Gebiet. Sei außerdem aufmerksam auf dem Hinweg und merke dir Ausgangspunkt, die ungefähre Dauer der Strecke und markante Wegpunkte.

Praxistipp: Wasser mitnehmen. Und eine Flasche, sobald sie leer ist, mit ein, zwei Zentimetern Steinchen füllen. Dann sind die Plastikflaschen mal zu was gut – das hat nämlich schon so manches Wildschwein in die Flucht geschlagen.

Nuraghe Serbissi, toll für die ganze Familie

Nuraghe Serbissi, toll für die ganze Familie

Allen anderen empfehlen wir eh, früh morgens loszulaufen: Der helle Kalkstein leuchtet in der aufgehenden Sonne tatsächlich noch schöner als am Abend.

Schwarzschaf-Tipp: früh aufstehen und in der Morgendämmerung hinauf nach Serbissi!

Der oder die Nuraghe?

Zum Schluss klären wir noch eine Frage, die sich so mancher stellt, der sich über Nuraghen schlau machen will. Heißt es nun „der“ oder „die“ Nuraghe? Letzteres liest man tatsächlich sehr oft auf deutschsprachigen Seiten.

Wir zitieren das schwarzschafige Reisebuch „Sa Sardigna“ auf Seite 45:

„Im Sardischen ist Su Nuraghe eindeutig männlich. Il Nuraghe im Italienischen auch. Im Duden allerdings ist er weiblich, die Nuraghe. Warum? Im Sprachgebrauch der Deutschen ward »die Nuraghe« als weiblich empfunden. So habe es sich eingebürgert. Pffft. Das schwarze Schaf sagt »der«. Meistens.“ 

So. Das soll es für heute zum Thema Nuraghe sein.

Oder … wie wär’s noch mit einem Nuraghen-Reim für Serbissi?

Hier steht Serbissi, der Blick reicht weit,

zur Perda Liana, dem Zeichen der Zeit.

Ein Nuraghe, der sich vertunnelt,

da, wo die Ziege ihre Zeit verbummelt.

Hier ist viel Raum für Einsamkeit.“

Tipps für die Umgebung von Serbissi

  • Ulassai, Heimat der verstorbenen Künstlerin Maria Lai und eine Art Freilichtmuseum ihrer großflächigen Arbeiten, z. B. das Casa delle Inquietudini. Bilder und andere Werke sind ausgestellt in der Stazione dell’arte (www.stazionedellarte.com) am Ortseingang.
  • Osini Vecchio und Gairo Vecchio, zwei Geisterdörfer, in einem Tal gegenüberliegend. Die Ruinen am Hang wurden nach verheerenden Erdrutschen so belassen. In Osini finden sich am Ortseingang Kunstwerke, die an das Unglück erinnern.
  • Scala San Giorgio, eine legendäre Schlucht, die ebenfalls unbedingt einen Stopp wert ist, auf dem Weg nach Serbissi.
  • Bosco Selene, ein unheimlich schöner, naturbelassener Park mit sehenswerten archäologischen Stätten, z. B. Gigantengräbern und Resten eines Nuraghendorfes. Und mit einer schattigen Bar (fast ganzjährig geöffnet) bzw. einer öffentlichen area picnic. Im Sommer ein entspannter Rastplatz.
Blick von oben auf Osini Vecchio

Blick von oben auf Osini Vecchio

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