Welch Ruhe … … … … die Stille, die das schwarze Schaf umgibt, ist sehr stark. Wir sind auf 1.834 Metern über dem Meer – und damit auf dem höchsten Punkt Sardiniens. Eine irre Weite, leuchtende Farben, klare Luft. Alles. Ein. Traum.

Punta Lamarmora, Gennargentu

Punta Lamarmora, Gennargentu

Wer braucht denn da volle Orte, in denen man keinen Parkplatz findet und die vor Menschen schon fast platzen? Strände an denen man sich um das letzte Stück Sand kloppt? Staus an der Kasse des Supermarktes? Märkte mit China-Ware? Touri-Schiffe, die Dich mit 100 anderen in die „einsame Bucht“ spucken? Fluchtwege zu finden, die aus den Nachtteilen führen, die die Hauptsaison hier und da hat, ist auf der Insel ultra leicht. Sie ist voll von Alternativen. (Ein paar Tipps findet ihr z. B. auch in diesem Artikel: Touristisch, teuer und total voll?).

Und der Weg zum Inselglück ist ja ganz einfach:

Weg von den Hotspots!

Schon der gesunde Schafverstand sagt Dir: An den neuralgischen Punkten (die am besten noch vom meist verkauften Reiseführer als „Geheimtipp“ deklariert sind), „nicht so volle“ Strände, Orte oder Restaurants zu finden – das geht einfach nicht. Oder nur mit extrem viel Glück.

Auch ohne Sand ein Traum: Cala Spinosa

Auch ohne Sand ein Traum: Cala Spinosa

Wenn Du Dein Hotel zufällig im Touristen-Hotspot gebucht hast, dann ist das ja erstmal nicht schlimm. Auch da findest Du sicher die ein oder andere Perle sardischer Genügsamkeit. Aber um das echte, das entspannte, das naturbelassene Sardinien zu finden, musst Du vermutlich leider da raus. Rein in den Mietwagen (oder in den Bus, das kann sehr spaßig sein!) – und auf geht’s!

Nehmen wir mal unser Lieblingsbeispiel: die Gegend um San Teodoro oder Budoni. Die Orte wachsen mit jedem Jahr ins Unermessliche (natürlich nur an Ferienhäusern und -hotels für die Hauptsaison, die Zahl der echten Einwohner ist überschaubar). Stell Dir vor, Du bist mittendrin, im Tourigetümmel. Vielleicht ganz unabsichtlich, weil Du das erste Mal auf der Insel bist, und das nicht wusstest. Wende Deinen Blick in Richtung Hinterland – ganz in der Nähe ist der Monte Albo, der Dich einlädt, einen Blick von oben aufs Meer zu genießen, und bei einem – je nach Strecke 30-50 km langen – Abstecher nach Lula oder Bitti, auch die grandiose Landschaft der dortigen Bergwelt. Vielleicht siehst Du sogar Adler am Himmel, oder bei einer Wanderung Mufflons oder Hirsche.

Oder: In drei Stunden Autofahrt gelangst Du über die Schnellstraße 131 in den Südwesten der Insel. Das Schaf empfiehlt eine Wanderung zwischen Buggerru, Nebida und Masua, auf einem Weg mit permanentem Meerblick. An Tagen mit Westwind ist das Meer hier besonders schön und wild. Dann gehst Du abschließend in Masua die Mine Porto Flavia besuchen oder am Strand ins Wasser springen.

Wenn Du noch weiter in den Süden fährst, schaffst Du es auch im August kaum einem Menschen zu begegnen, zum Beispiel bei Su Benatzu. Falls Du die Landstraße wieder nach Norden fährst, gibt’s auf dem Rückweg an der Beachbar in Portixeddu oder in der unterhalb der Dünen am weiten Strand von Torre dei Corsari eine Stärkung.

Du magst nicht mehr fahren oder hast richtig Hunger und willst gut essen? Dann such nach einem Agriturismo am Wegesrand … wenn Du nicht mehr fahren willst oder zuviel hausgemachten Mirto intus hast, gibt’s fast überall noch ein günstiges Zimmer. Und selbst wenn Du noch fit bist und erst nach Mitternacht wieder im Hotel bist – ist doch egal! Du hattest garantiert einen super Urlaubstag und schläfst halt am nächsten Tag richtig aus.

Übrigens: Ganz an der Südspitze der Insel Sant’Antioco haben wir übrigens einen Strand gesehen, an dem gerade mal zwei Pärchen in der Sonne brutzelten. Die Insel San Pietro mit ihren kleinen felsigen Buchten und dem Städtchen Carloforte ist auch für ein paar Tage Aufenthalt gut.

Pan di Zucchero bei Masua: besonders toll an windigen Tagen

Pan di Zucchero bei Masua: besonders toll an windigen Tagen

Oder warst Du schonmal in Fonni, dem höchsten Ort der Insel, oder in Desulo? Da gibt’s keinen Strand, aber das echte Sardinien, echtes Kunsthandwerk und keinen China-Müll. Da gibt es den richtig guten Pecorino, und Schinken von halbwilden Schweinen, die unbelastete Kastanien und Eicheln fressen. Im Parco di Donnortei bei Fonni kannst du Hirsche bestaunen, und Exkursionen zu Pferd machen.

Der Hit: eine Abendwanderung zur Punta Lamarmora mit Übernachtung im Schlafsack auf dem Dach der Insel – der Weg ist einfach zu gehen, und traumhaft schön.

Auch für Sparheimer ist das Leben in der Mitte der Insel eine Wohltat: Am Rifugiu S’Arena haben wir kostenlos geparkt, in der Bar in Fonni kostete das Ichnusa (0,66 l) nur 2,40 Euro. Zum Vergleich: selbst am Kitesurf-Spot in Porto Pollo (der im Sommer auch viel von seiner Coolness verloren hat) zahlt man 4 Euro für eine 0,33 l-Flasche, in Palau wagt eine Bar 0,2 l für 3 Euro auf den Tisch zu stellen … vom Glas Rotwein in Phi Beach für 10 Euro oder den Cocktail für 25 Euro in Porto Cervo auf der Piazza ganz zu schweigen. Mühsam, das Bezahlbare zu finden. Den Kaffee in der Bar Floris am Passo Tascusi gibt’s für 80 Cent, für Wanderproviant (Pecorino, hausgemachte Kekse, eine Flasche Wein, Müsliriegel, 3 große Flaschen Wasser) kamen wir in einem anderen Dorf mit einem 10-Euro-Schein locker aus.

In der Barbagia gibt es ständig irgendwo tolle Feste und Dörfer wie Aritzo und Belvì sind für ihre Kunst bekannt. Die Orte sind der Ausgangspunkt für Wanderungen in den Gennargentu. In der Barbagia di Seui kannst Du durch uralte Wälder sogar an heißen Sommertagen tolle Trekkingtouren unternehmen – zum Beispiel zum Wasserfall „Su Stampu“.

Ach so, noch ein Wasserfall-Tipp, diesmal im mittleren Südwesten am Monte Linas: S’Ega Sizzoris, der Weg führt durch ein altes Flussbett und Wäldchen, vorbei an schicken Felswänden. Du kannst na klar auch zum Nachbar-Wasserfall Sa Spendula gehen. Der ist berühmter und der Weg etwas einfacher zu gehen, aber dann sind vielleicht auch zwei, drei Leute mehr da. Ok, bei Wasserfällen ist wichtig, dass es zuvor geregnet hat. Also vielleicht doch eher was für die Frühlingsreise.

In der Nordhälfte der Insel sind das sonnenverwöhnte Logudoru  bzw. das Meilogu, etwa westlich Alghero – Sassari – Olbia gelegen, noch wirkliche Geheimtipps. Hier mit dem Bike durch das Tal der Nuraghen oder um Stauseen zu fahren, Domus de Janas (Feenhäuser) zu besuchen, oder über Provinzstraßen zu gondeln, auf denen die einzigen Geräusche von Schafglocken oder Zikaden stammen, ist Entspannung pur.

Su Stampu in der Barbagia di Seui

Su Stampu in der Barbagia di Seui

Ok, Du brauchst doch zwingend Strände, und suchst die nicht so überfüllten?

Streng‘ Dich an!

Für viele eine gute Nachricht: Die einsamsten Strände sind eben nicht die, zu denen man mit dem Auto fahren kann. Ausnahme: Du nimmst gezielt die Sandstraße mit den meisten Schlaglöchern. Denn Touristen haben eine ausgewachsene Schotterpistenphobie. Selbst wer mit einem SUVSubirgendwas unterwegs ist, nimmt garantiert die schick geteerte.

Zum Beispiel: Spiaggia di Berchidda: sehr lang, sehr weit und eben über eine solche Straße zu erreichen. Ja, der Parkplatz kostet, und es stehen auch einige Autos da. Aber Dein Lohn, wenn Du Dich dann auch noch ein gutes Stück durch den Strandsand kämpfst, bis Du an den Punkt kommst, wo keine Sonnenschirmbatterien aufgebaut sind: Einsamkeit, weites kristallklares Wasser.

Die Cala Cartoe nördlich von Cala Gonone ist ebenfalls deutlich ruhiger als diejenigen direkt am Hotspot. In die wunderbaren Buchten des Supramonte kannst Du von dem Hafen in Cala Gonone mit dem Boot fahren.

Oder Du gehst zu Fuß! Dazu erstmal die Landstraße 125 weiter fahren – durch den wunderbaren Supramonte. Die Wanderung zur Cala Sisine dauert dann gut zwei Stunden – und das macht eben auch nicht jeder. Sprich: Es sind deutlich weniger Leute da unten in der Bucht als an den Stränden von Sorso oder Cannigione. Und dann sind es tendenziell Gleichgesinnte, und nicht die Klein- oder Großfamilie mit ihrem Geraffel. Die Cala Sisine ist noch einsamer als die Cala Luna oder Cala Goloritzè, zu denen auch Ausflugsboote fahren. Andererseits: Wenn Du anderthalb Stunden von der Hochebene von Baunei bis zur Goloritzè wanderst, dann sind Dir vielleicht auch die Menschen, die Du unterwegs oder unten triffst, nicht zu viel. Der platte Spruch, der Weg sei das Ziel, stimmt ja manchmal.

Noch ein Wort zur Strandsuche: Wenn Du auch sonst mit Natur zurechtkommst, dann werden Dir auch liegen gelassenes Seegras (= supergut für das ökologische Gleichgewicht der Insel, also für die Zeit, wenn Ihr wieder weg seid), Steine oder ein etwas ruppig aussehender Strand gefallen.

Die Punta Goloritzè kommt langsam in Sicht

Die Punta Goloritzè kommt langsam in Sicht

Da wäre z. B. Spiaggia Le Saline ganz im Norden bei Palau: Der Strand an dieser weiten Bucht ist vielleicht nicht der Inbegriff des weichen weißen Sandes, aber gerade deswegen wenig frequentiert. Ein kleiner See im Hintergrund (seltsamerweise kaum Mücken, aber zur Not sprüh einfach ein Antimückenmittel auf die Sonnenmilch).

An der Costa Serena gibt es die Cala Timone und die Punta Don Diego, beide nur mit guter Schnüffelnase zu finden.

Auf der Insel Tavolara übrigens (mit dem Boot ab Porto San Paolo) gibt es nur wenige hundert Meter hinter den vorderen Stränden auf der Rückseite der Dünen und den beiden Restaurants einen weiten Strand mit großen weichen Kieselsteinen. Wer eine Isomatte und ein gutes Handtuch mitnimmt, findet auch hier einen gemütlichen Platz. Das schwarze Schaf war im August hier tatsächlich allein, mit zwei Möwen.

Das sind alles nur Beispiele – wir haben tausend Sachen vergessen, die wir Euch auch noch empfehlen könnten. Schaut einfach mal hier auf der Karte.

Die Insel ist voll von nicht-touristischen Orten, und am coolsten sind eh die, die man selbst für sich entdeckt!

Im Gondelmodus der Schafnase nach!

Das ist eigentlich der beste Tipp, den wir geben können. Lass Dich treiben. Plan Deinen Urlaub nicht bis ins Detail. Wer alles durchorganisiert, stößt früher oder später auf dieser doch recht hemdsärmeligen Insel eh an seine Grenzen.

Also lieber gleich in den entspannten Gondelmodus wechseln. Hier und da mal einem verwitterten Schild nachfahren.

Wenn alle nach Norden fahren, fahr Du doch nach Westen.

Wenn Dir der eine Strand nicht gefällt, so what! – fahr zum nächsten!

Wenn Quallen im echten Meer schwimmen, dann leg Du Dich doch ins Felsenmeer und guck Dir die sanften Wellen der Hügel Sardiniens an.

Wenn alle dem Reiseführer folgen, geh‘ Du einfach der schwarzschafigen Nase nach 🙂

2 Comments

  1. Alex

    6. August 2014 at 13:34

    Schöner Artikel!

    Ich vermute mal es gibt eine Straße oder Seilbahn , um auf über 1800 Meter zu kommen??

    Oder ist der Marc etwa gewandert :-))))))))

    LG,

    Alex

    Reply
    • nicole

      7. August 2014 at 09:05

      Hihihi nein nix Seilbahn oder dergleichen! Da nimmt man die eigenen Hufe. Und der angesprochene Herr zog es vor, daheim zu bleiben 😉

      Reply

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert