Grotta Sa Oche – la voce dell’acqua … Eine Woche lang regnet es im Supramonte. Ununterbrochen. In dunklem Grau hängt der Himmel, Donner grollt über den Berggipfeln und das Wasser trifft ohne Unterlass auf die Erde. Niemand, aber auch wirklich niemand lässt sich draussen blicken, alles Leben verkriecht sich.

Eingang zur Grotte - und Ausgang der Wassermassen
Eingang zur Grotte – und Ausgang der Wassermassen

In dieser Zeit ist der Supramonte hellwach. Er lebt. Langsam, aber sicher füllt sich ein unsichtbares Wassersystem in seinem Inneren. 

In zahlreichen, unter dem Gestein befindlichen und miteinander verbundenen Grotten, Felsspalten, Flüssen und Teichen steigt der Pegel an, rauscht das Wasser hindurch und sucht sich die nächste Lücke, fliesst oder tropft in die nächste Höhle oder Flusslauf.

Hier und da tritt das Wasser wieder aus, und die Grotte »Sa Oche« oder »Sa Ohe« (it.: la voce, dt.: die Stimme; im Dialekt bedeutet es aber auch foce / Mündung) ist der Platz im Supramonte, wo dies am spektakulärsten sichtbar wird.

Sa Oche liegt mitten im Valle di Lanaitto im Supramonte di Oliena und ist Teil eines Wassersystems, das bis in die Ogliastra reicht. In ihrem Inneren hat die Grotte mehrere Teiche, die vom Regen- und Schmelzwasser gespeist werden. Sie ist außerdem mit der Grotte Su Bentu (it.: il vento, dt.: der Wind) verbunden.

Das Höhlensystem ist 230 Meter lang, und gehört zu den größten Europas. Besucher gelangen in Sa Oche trockenen Fusses bis zu dem ersten von drei Seen.

Im Inneren von Sa Oche
Im Inneren von Sa Oche

Danach wird es nass – Taucher sind hier klar im Vorteil. Mit bloßem Auge ist der 90 Meter lange Teich nicht zu erkennen – er liegt vollständig im Dunkel, auch eine Stirnlampe lässt nur erahnen, was noch folgen mag. Allein darf niemand hier hinab steigen.

Die Wasser in den Teichen von Sa Oche fließen vom Gipfel des über 1200 Meter hohen Monte Corrasi hinunter.

Dieser Berg speist auch die Quelle Su Gologone – das Wasser findet hier aber physikalisch keinen Ausgang. Dort füllt es nur einen See, fließt unterirdisch weiter und bildet so einen Kreis zurück zu »Sa Oche e Su Bentu«.

Das Wasser gelangt quasi aus zwei groben Richtungen immer weiter durch das Gestein, und überwindet so gut 18 Kilometer.

Immer weiter fließt es, immer stärker wird der Druck, die Teiche in den Grotten werden zu Seen. Die Grotte Su Bentu steht dann wie ein Siphon unter Wasser.

Flussbett Sa Oche
Flussbett Sa Oche

Regnet es längere Zeit ununterbrochen – eben ungefähr eine Woche – oder in großen Mengen, ist das System voll – „in piena“.

Dann sucht sich das Wasser zwingend den nächstmöglichen Ausgang – und findet diesen in Sa Oche.

Wenn die Höhlen von Sa Oche voll sind, strömen die Wassermassen mit 300 l pro Sekunde aus ihrem Eingang heraus. Wie durch ein Ventil gelangt es mit ohrenbetäubendem Lärm in die Freiheit – wie ein aufwärts strebender Wasserfall.

Nun macht Sa Oche ihrem Namen wahrhaft alle Ehre: Die „Stimme des Wassers“ ertönt durch das ganze Tal und ist an Schönheit kaum zu überbieten.

Ein Fluss entsteht – auch er trägt den Namen Sa Oche. Er fließt über sein felsiges Bett und teilt das Tal Lanaittu in zwei Hälften.

In der Grotte kündigt sich das Austreten des Wassers üblicherweise mit einem lauten Rauschen und Donnern an. In früheren Zeiten hörten die Bewohner des Tals „laute Seufzer“ oder Stimmen – die beliebteste Erklärung für den Namen.

Sa Oche in Piena - Foto Sara Muggittu
Sa Oche in Piena – Foto Sara Muggittu

Und eine wichtige Vorwarnung! Eine Minute (maximal – es gibt Leute, die sprechen von zehn Sekunden!) dann heißt es „Wasser marsch!“

Das bedeutet: Diejenigen, die sich in der Grotte befinden, wenn sie die Stimme hören, müssen sofort ins Freie und schnell auch aus dem Flussbett heraus treten.

Wer dann nicht weg ist, findet die Grotte vermutlich gar nicht mehr so schön …

Dieses Naturspektakel kann am ehesten in regenreichen Perioden beobachtet werden, also vom späten Spätherbst bis in den frühen Frühling (Februar, März sind die besten Monate).

Regnet es auf der Insel im Winter also mal wieder ununterbrochen, ist das kein Grund, sich zu ärgern, sondern ein guter Grund mehr, in den Supramonte zu fahren.*

Sa Oche
Sa Oche

Wer Sa Ohe im Sommer besichtigt, findet eine wunderschöne Grotte vor, mit Schatten und Licht, das durch viele kleine Felsöffnungen eintritt; dazu gibt es angenehme Temperaturen und klare Luft. Ansonsten ist die eigene Vorstellungskraft gefordert, sich die Grotte voll mit Wasser vorzustellen. An der Biglietteria bekommt man auch Informationen, wie sicher es ist, Sa Ohe zu besichtigen.

Wie Sa Ohe dann aussieht, und mit welcher Kraft diese Wassermassen sich ins Tal ergiessen, seht Ihr in diesem Video:

Außerdem hier ein paar sehr schöne Fotos meiner Freundin Sara: http://www.viaggioinsardegna.net/sa-oche/

* Gut gemeinter Schwarzschafhinweis: Ausrüstung, Auto und das eigene Gemüt sollten na klar den ausgewaschenen Wegen (ggf. bereits hinunter ins Tal), dem Regen und den unvorhersehbaren Wetterumschwüngen in den Bergen gewachsen sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert