Wir gondeln über die Landstraße im Hinterland. Ganz sachte, wir haben Zeit. Irgendwo wollen wir heute noch ein bisschen spazieren gehen. Raus, in die Sonne.

Für die einen hässlich, für die anderen schwarzschafig

So ein Stausee – für die einen hässlich, für die anderen schwarzschafig

Da, drei Schilder. Eine zum „Lago Santa Lucia“, zwei zum „Salto di Flumendosa“. Wir wundern uns noch, warum das da zweimal steht. Auf eins hat einer, der nichts fand, dazu geschrieben: „Dove? Brutto!“ (= „Wo? Hässlich!“)

Gerade das reizt uns. Das klingt verdächtig nach einem versteckten Ort für schwarzschafige Sardinien-Erkunder. Da wollen wir hin!

Also, rauf auf die kleine enge Straße, die sich gleich an einen Berghang schmiegt und langsam hinunter führt. An einer Kreuzung folgen wir dem Schild „2. Salto di Flumendosa“ noch weiter hinunter.

Im Flussbett

Im Flussbett

Warum eigentlich „Salto“? fragen wir uns. Und: Ist der Fluss Flumendosa eigentlich nicht weiter südwestlich? Das ist doch nicht das ausgetrocknete Flussbett, das wir da unten sehen? „Salto“bedeutet im geografischen Sinn „Verwerfung“ (z. B. ist das „Salto di Quirra“ ein Gebirge). Doch das ist hier nicht gemeint. Google hilft: Es handelt sich hier um drei hydrotechnische Anlagen der Enel, dem Stromlieferanten. Das Wasser wird in ihnen quasi „umgeworfen“ und die Kraft in Strom gewandelt (ganz einfach ausgedrückt). In der Nähe ist ein Stausee.

Die „Salti di Flumendosa“ an der SP 27 sind also Wasserkraftwerke. Nicht unbedingt das, was einen Naturliebhaber erstaunt. Aber wir kehren nicht um, denn das Panorama, das sich da vom Berg (die Provinzstraße liegt auf ca. 400 Metern) ins Tal ausbreitet ist ganz wunderbar. Ein See soll da noch sein, vielleicht hat der ein schönes Plätzchen für uns bereit.

Der Flusslauf von oben gesehen

Der Flusslauf von oben gesehen

Das hier ist das Sardinien, das entdeckt werden will. Das sich nicht anbiedert. Die, die nur kurz vorbeirasten, fanden es hässlich. Nicht mal Google kennt das Gebiet genau. All die versteckte Schönheit und Ruhe, die Natur und die Eindrücke werden allein denen offenbart, die wirklich wollen (Wolle! ;-)).

Unten am Flussbett angekommen, werden wir von einer himmlischen Ruhe umfangen. Wir fahren noch über eine kleine baufällige Brücke (zumindest heute hielt sie unseren Panda noch aus) und parken den Wagen.

Vor uns breitet sich der „Riu Sa Teula“ in die Ebene aus. Er führt kaum noch Wasser, schließlich ist es Anfang August. Die weißen Steine sind blankgeputzt und werden in der Sonne schön warm. Das Wasser läuft zum Teil unter ihnen, die Oberfläche ist glänzend hell. Wir folgen dem Lauf zu Fuß in Richtung Berg.

Er wird auch „Bau Sa Teula“ genannt – „Bau“ ist sardisch und bedeutet „Wurm“ oder „Raupe“. Das passt, es ist sehr hübsch, wie er sich durch die Landschaft schlängelt. „Teula“ heißt einem Wörterbuch zufolge Ziegel … Niemand da, den wir fragen könnten, warum der so heißt. Vielleicht wegen der roten Felsen zu beiden Seiten.

Der Oleander blüht

Der Oleander blüht

Jetzt würden wir gern einen Salto schlagen, so schön ist es hier! Der Oleander blüht langsam aus, wenige Wochen vorher dürfte hier ein hellrosa Blütenmeer die Szene noch verschönert haben. Zwischen den Steinen wächst wilde Minze. Wir knabbern dran und laufen dann im seichten Wasser weiter. Die Füße freuen sich. Nach kurzer Zeit erreichen wir einen Punkt, an dem es zu tief wird und wir gehen auf den Steinen weiter.

Allerlei Strandgut hat sich angesammelt. Während wir laufen, entdecken wir Reste von Jacken, Rucksäcken, Schuhen. Die Wände zu den Seiten des Flussbettes verengen sich langsam aber sicher und werden immer höher. Der Fluss hat sich im Laufe der Jahrmillionen einen kleinen Canyon (die Sarden nennen ihn „Codule“) gegraben. Einst so kraftvoll und heute so ein Rinnsal… kaum zu glauben.

„La felicità si trova nella semplicità, nel vivere le giornate a contatto con la natura intatta e selvaggia.“ Ungefähr übersetzt: Das Glück findet sich in der Einfachheit, im täglichen Leben in Kontakt mit der unberührten und wilden Natur. Ein Agriturismo in der Nähe (siehe unten) wirbt mit diesem Satz und wir finden ihn bestätigt.

Wegbeschreibung:

Fluss und Weg von oben

Fluss und Weg von oben

Die Abfahrt findet sich an der SP 27 auf dem Weg von Tortòli nach Villagrande und zur SS 389, die durchs Hinterland Richtung Nuoro führt. Etwa nach dreiviertel der Strecke geht es auf eine schmale Straße. Diese teilt sich noch einmal – Richtung 2. Salto (hinter zum Flusslauf) und zum 3. Salto (bleibt auf Hanghöhe und endet am Kraftwerk).

Wer nur im Flussbett laufen möchte, fahre hinunter zum 2. Salto, parke das Auto an der Brücke und laufe den Fluss in Richtung Berg solang wie man möchte – und wieder zurück.

Ein Rundkurs ist auch möglich: Richtung 3. Salto fahren, das Auto in der Kehre oben parken (nah am Rand, dass Ihr es von unten sehen könnt). Dann würden wir empfehlen, zunächst die Teerstraße Richtung 2. Salto hinunterzugehen, sich den Fluss erst von oben anzusehen. Dann an der Brücke den Flusslauf hochlaufen. Merkt Euch die Kehre (der Fluss beschreibt vorher ein deutliches „U“. In der nächsten Kurve gibt es dann einen Wanderweg nach oben. Alternativ könnt Ihr auch anders herum laufen, dann hat man allerdings den langen Anstieg auf Teer zum Schluss.

Die Strecke ist auch für „Weitwanderer“ geeignet: Wer sich an den Schildern an der SP 27 absetzen lassen kann (vom Busfahrer oder einem Auto), kann die Strecke one-way laufen: Der begehbare Flusslauf endet in Villagrande Strisaili, hier muss man am Ende allerdings zum Dorf hinaufklettern.

Unten am Fluss findet Ihr Hinweisschilder zum Agriturismo „Menhir“ (www.menhir.it). Außerdem ist der Agriturismo „Nuraghe Murtaba“ in der Nähe (www.nuraghemurtarba.it), die die Gegend mit dem obigen Satz beschrieben haben.

 

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