Auswandern nach Sardinien, Leben am Mittelmeer … Das kommt wohl dem Traum vieler nahe, wenn sie befragt werden, wie es in ihrem Leben anders werden soll. So ungefähr formulierte es letztens mein Kollege. Hm. Da ist was dran.

Trotzdem. Wenn ich so nachdenke, hat das alles wenig mit Träumen zu tun (in den schwarzschafigen Neujahrsgrüssen steht, warum), sondern viel mit Wachsein und damit, Realitäten – speziell die einer anderen Landeskultur – anzuerkennen.

Mein »ausgewandertes Leben« ist ein gutes auf Sardinien. Ich hatte das Glück, dass sich mir mehrere Gelegenheiten boten, die ich einfach nur zu ergreifen brauchte. Das tägliche Leben aber stell immer wieder neue Aufgaben, die es zu lösen gilt. Und das mach ich nun im neunten Jahr auf Sardinien.

Zeit, ein paar Gedanken zur Auswanderung und die für mich – in der Retrospektive – hilfreichen Schritte zu teilen.

Wandern oder Auswandern? Das ist hier die Frage ...
Wandern oder Auswandern? Das ist hier die Frage …

Emigration, Immigration und Integration

Erstmal die Begriffsklärung. Was ist eigentlich Auswandern? Wir Auswanderer nennen uns ja gern Emigranten, Aussteiger, Lebenskünstler … raus aus Zwängen und Pflichten, weg mit allem was hemmt, alles hinter sich lassen! Und dann Sun, Beach, Surf, Cocktails – all day long!

Ach, wenn’s doch nur so wäre! Also, ich hab noch ziemlich viele Verpflichtungen – Rechnungen, Lebenshaltungskosten, Familie, Kunden, … das ist nicht wild, aber eben alles da.

Auswandern ist für mich die Aufgabe, sich selbst, den Alltag und die Realität in eine anderen Kulturkreis zu verpflanzen.

Denn, und das mag ich hier mal ganz deutlich sagen: Wir sind vor allem Immigranten.

Mit der Pflicht zur Integration in die neue, selbstgewählte Heimat. Auch wenn es »nur« ein Schritt innerhalb Europas ist – da gibt’s genug in Sachen Respekt und innerer Flexibilität zu lernen. Gerade auf Sardinien.

Und nein, wir D-A-CH-Auswanderer und Sardinien-Einwanderer sind nicht besser als die armen Leute, die ihr Leben riskieren, um nach Europa zu kommen (bereits bis heute, 09.01.2018, gab es 81 Todesfälle im Mittelmeer, in 2017 waren es ca. 3.000; Quelle IOM).

Ganz im Gegenteil.

Wir sind in ganz, ganz vielen Fällen Luxusimmigranten, auch Schmarotzer, Hedonisten und Egoisten genannt. Weil wir nämlich auswandern, damit es uns ganz allein besser geht.

Im Höchstfall zahlen wir in Italien unsere Haussteuer und Müllgebühren, manchmal versuchen wir sogar, die zu umgehen. Als Selbstständige melden wir unser Geschäft lieber in Deutschland an und zahlen dort unsere fröhlich optimierten Steuern – und nicht in dem Land, in dem wir leben. Als Surflehrer oder Handwerker vergessen wir oft, das wir uns trotzdem irgendwie mal irgendwo offiziell melden müssen, weil wir sonst schlicht illegal arbeiten.

Auf lange Sicht – und das beinhaltet ja das Auswandern – eine echte Gewissensfrage.

Auswandern = den ganzen Tag Kiten und Surfen und Faulenzen?
Auswandern = den ganzen Tag Kiten und den Alltag ignorieren? Auf Dauer nicht realistisch.

Als Immigranten könnten wir zu einem etwas sozialeren und aufgeschlosseneren Wesen werden. Wenn wir uns denn integrieren.

Auch wenn ich gestehen muss, dass Aus- bzw. Einwandern nicht immer der eigenen Toleranz förderlich ist. Denn Vollpfosten gibt es definitiv in jedem Land. Und wenn du dich tatsächlich integrierst, findest du früher oder später Dinge, die dir ganz furchtbar auf den Senkel gehen.

Ich hab echt viel Geduld und ein sonniges Gemüt. Aber hab mich mehr als einmal gefragt, was genau hier eigentlich besser ist, als im Ex-Zuhause. Zwischenmenschlich ist das manchmal das gleiche in Grün, bzw. Türkis.

Und das, obwohl alle Welt denkt, auf Sardinien sei alles toll und rosarot.

Auswandern nach Sardinien: von rosarot nach normalgrau

Wer schonmal auf Sardinien geurlaubt hat, kennt diese Faszination, die die Insel ohne Zweifel ausübt. Es ist so grandios, so wundervoll – man möchte unbedingt wieder kommen. Macht man dann auch.

Wie sehr taugt die Urlaubsinsel für den Alltag?
Wie sehr taugt die Urlaubsinsel für den Alltag?

Dummerweise sitzt man nach zwei, drei Wochen dann doch immer wieder im grauen D-A-CH-Alltag. Und schwupp ist er da, dieser Gedanke: Ich will für immer nach Sardinien!

Mit jedem Morgen, den man zuhause im Stau zur Arbeit steht, in der muffigen S-Bahn sitzt, sich mit einem Job quält, der sowieso nicht ganz so glücklich macht, und vor allem mit jedem Regentag wird Sardinien ein Stück mehr zum Himmel auf Erden.

Ist es ja auch ein bisschen. Aber eben nur ein bisschen.

Besonders empfänglich sind alle, die rosarote Vorstellungen von Sardinien haben und auch nur solche (auch langjährige!) Erfahrungen mit der Insel gemacht haben und ihre wahnsinnig große Sehnsucht mittels »Ich-liiiieeebeee-Sardinien«-Einträgen in Socials und Foren teilen.

Für die Sardinien aus Meer, Wärme und Sonne besteht (nein, dass es im Urlaub drei Tage am Stück geregnet hat, und man deswegen auch mal nach Cagliari gefahren ist, zählt nicht). Ach so, ja, man war auch mal Ostern da (»Das ist ja quasi Winter.«), aber sitzt doch seit Jahren im Lieblings-Ferienhaus, am Lieblings-Strand, in der Lieblings-Trattoria (»Hach, die Bottarga-Spaghetti bei Antonio sind doch die besten!«).

Und irgendwie glaubt man immer noch, so sei Sardinien. Und das sei vor allem täglich, überall und im ganzen Jahr so.

Kurze, schmerzvolle Antwort: Nein, ist es nicht.

Tatsächlich kann es an manchen Tagen auch bei Strahlesonne auf Sardinien ganz normal grau sein. Einfach, weil Alltag ist.

Alltag in vielen Dörfern: nix los, und wenn, dann nur normales Zeug
Alltag in vielen Dörfern: nix los, und wenn, dann nur normales Zeug

Ich muss in solchen Momenten an diese Auswanderer-Sendungen im TV denken. Gedreht direkt am emotionalen Abgrund zwischen Fremdschämen und Bewunderung. Was da alles passiert – mit Ansage! Einfach göttlich!

Gewiss, manchmal auch traurig anzuschauen, weil es sich auch nach hundertsiebeunddrölfzig Folgen irgendwie nicht rumgesprochen hat, dass Auswandern eine komplexe Angelegenheit ist.

So. Du bist also wild entschlossen?! Boh. Dann komm am besten erstmal wieder zur Ruhe.

Zum Auswandern brauchst du nämlich vor allem eins: Zeit.

Das schwarze Schaf plädiert sozusagen für »Slow Auswandering« …

Auswandern nach Sardinien in fünf Schritten

Am besten auch in dieser Reihenfolge. Viele fangen tatsächlich hinten beim letzen Schritt an, was dazu führt, dass sich auch auf der Insel immer mehr deutschsprachige Enklaven und Subkulturen mit organisierten Schwarzbrot- und Gewürzgurken-Schmuggel bilden.

Komisch eigentlich … Wir Deutschen, Schweizer, Österreicher sind doch sonst so gründlich in allem … beim Auswandern aber hört man so oft »klappt schon irgendwie« und dann wird auch »igendwie« gemacht. Das kann klappen, muss aber nicht. Und in so manchen Fällen tut’s das auch nicht.

In Teilen aber bewahre dir die Grundhaltung – denn tendenziell ist es richtig, in Italien und speziell Sardinien nicht alles durchorganisieren zu wollen.

Aber das sardische Auswander-Ross mag tatsächlich bitte von vorne aufgezäumt werden:

#1 Lerne die Landessprache!

Wenn dir Italienisch schon nach dem Grundkurs zu schwer ist, dann ist dies nicht dein Land. Es ist hingegen keine Schande, mit einem Basiskurs anzukommen und dann vor Ort, aus dem Geschehen, die Sprache zu lernen. Das ist sogar ausgesprochen schlau.

Seit Howard Carpendale nicht schwierig. Aber weißt du auch, was das unten lins heißt?
Seit Howard Carpendale nicht schwierig. Aber weißt du auch, was das unten links heißt?

Aber bitte, bitte – schaff dir die Basics drauf. Für eine nette Unterhaltung mit deinen neuen Nachbarn, im Supermarkt, auf Ämtern, in der Autowerkstatt, etc.

Small Talk ist für Einwanderer extrem wichtig. Auf Sardinien ist es zudem Teil der Landeskultur: miteinander zu sprechen, eher zu fragen als zu googeln, das informelle Gequatsche / chiacchierare … und falls du nicht weißt, wie man das Wort richtig ausspricht, ist jetzt und hier ein guter Moment, das herauszufinden. Deine erste Sprachübung.

Also, lerne Italienisch. Das ist schwer aber nicht unmöglich. Das muss auch nicht perfekt sein.

Ich mache jetzt erst, im 9. Jahr meiner Auswanderung, eeendlich einen Sprachkurs, um die schwierige Grammatik zu lernen. Also alles mit hätte / wäre / würde / werde / könnte / hätte gehabt gewesen gewollt sein …. Waaaah!!!

Mir graut davor und mein innerer Schweinehund jault schon. Aber es ist ja nur konsequent und richtig. Wer A sagt muss halt auch irgendwann mal Y sagen.

Wichtig ist, dass du überhaupt Italienisch sprichst. Nicht zwingend, wie.

Anders ist es, wenn du bei und mit Sarden bzw. in einem italienischsprachigen Umfeld arbeiten willst und musst. Da empfiehlt sich eine ganze Reihe an Sprachkursen, und zwar ziemlich schnell. Zur Not mach das parallel zum Job (wobei schon ein Bewerbungsgespräch schwer zu bekommen ist, wenn du nicht adäquat anfragen kannst).

Denn Höflichkeitsformeln und italienische Korrespondenz sind nicht ganz so einfach und man legt viel Wert darauf, korrekt zu sprechen und eine gewisse »Floskelei« einzuhalten. Das erleichtert dir das Berufsleben und die Integration ungemein. In manchen Regionen und Berufszweigen (Handwerk, Baugewerbe) wird sogar der jeweilige lokale Dialekt / die sardische Sprache bevorzugt.

Und alle, die kein Italienisch lernen und meinen, das geht schon so – in ihrem Heimatland aber verlangen, dass syrische, libanesische oder andere Einwanderer am besten schon an der Grenze perfektes Deutsch sprechen, dürfen einfach gern da bleiben, wo sie sind.

Oder wahlweise wo der Pfeffer wächst.

#2 Mache Urlaub in der Nebensaison!

Wenn dich Sardinien bislang nur im Sommer fasziniert, dann solltest du mal in den Randmonaten herkommen. Speziell empfehle ich den Februar – der hilft gegen den Sardinien-Virus und auch gegen rosarote Brillen.

Das Auswandern nach Sardinien ist ja nicht auf den Sommer und die Hauptsaison, in der es alles zu jeder Zeit in Hülle und Fülle gibt, beschränkt. Du bist 365 Tage im Jahr hier.

Schlechtwetter und Unwetter gehören im Winter zur Insel
Schlechtwetter und Unwetter gehören im Winter zur Insel

Richtig witzig wird es im Winter. Januar, Februar. Wenn auch die Sarden Urlaub machen und es heißt »gewusst, wo«, wenn es nur darum geht, essen zu gehen.

Oder wenn du an einem superschönen Tag im November mal schnell ein SUP oder ein Bike mieten möchtest. Exkursionen? Ja, gibt es, aber meistens nur am Wochenende und mit italienischsprachigen Guides (siehe oben). Und wie findet man die?

Alles gar nicht so einfach!

Und was für ein Rotzwetter es sein kann! Tagelange Kälte und Regen. Eine kalte Dusche nach der anderen. Und du sitzt vielleicht in einem lang ausgekühlten Ferienhaus von Freunden. Oder in einem Zimmer, das nur eine altersschwache Klimaanlage hat.

Und frierst dir drinnen wie draußen den Pöter ab, weil du dich einfach geweigert hast, Winterjacke und -stiefel mitzunehmen. Hallo? Sardinien? Jaaaa 🙂

Wenn du das alles durch hast – und dann wieder im Juli / August ankommst, kriegst du die zweite kalte Dusche (obwohl die sicher warm ist). Vielleicht, weil du erkennst, dass das viel eher deine Kragenweite ist (und du kannst in aller Ruhe weiter Urlauber sein). Oder es geht dir spätestens wenn die italienischen Touristenhorden die Straßen verstopfen so dermaßen auf den Zeiger, dass du dir wünschst, es sei wieder Nebensaison. Egal wie, das sind wichtige Erkenntnisse.

Ich fand und finde es aber einfach nur genial, in der Nebensaison durch Sardinien zu reisen. Diese Farben, diese Kontraste, diese überwältigende Ruhe!

Ruhig, schön, farbenfroh: Nuraghe bei Tamuli im Winter
Ruhig, schön, farbenfroh: Nuraghe bei Tamuli im Winter

Mit der Zeit lernst du, mit allen Monaten und mit allen Schrulligkeiten klar zu kommen. Und eben doch die dicke Jacke einzupacken.

Apropos Zeit … Wir wollten ja »Slow Auswandering« und so …

#3 Nimm dir Zeit für die Insel, reise herum, lerne die Kultur kennen!

Wer bist du und wenn ja, wie Insel? … Die schräge Frage meint: Wie gut kennst du die Insel und wie gut kennt sie dich?

Weißt du, warum Sardinien nicht Italien ist, und auch auf der Insel kein Ei dem anderen gleicht – und sie eigentlich gar keine Insel sein will? Und wie passt du da rein?

Die Fragen und Antworten waren mir jedenfalls wichtig. Ich wollt ja nicht in einer deutschen Gated Community wohnen, sondern hier mein Leben gestalten.

Für das Auswandern hab ich darum auch lang gebraucht. So fünf Jahre, unbewusst vielleicht auch sieben gingen ins Land … von der ersten Schnapsidee, über extrem viel Hin- und Her-Fliegerei und -Fahrerei, sowie mehrere Selbstversuche in der Nebensaison, bis zum tatsächlichen Umzug.

Sardinien: reich an Traditionen
Sardinien: reich an Traditionen

Mit meinem eigenen Lebenskonzept und vor allem mit dem schwarzen Schaf / pecora nera glaube ich, nicht voll daneben gegriffen zu haben, was das Kennenlernen der Kultur betrifft … aber da muss jeder seinen eigenen Weg finden.

Ich hab meinen jedenfalls gefunden: In nahezu jedem Sardinien-Urlaub bin ich schwarzschafig herumgereist, wollte immer alles genau wissen und sehen. Hab gefragt und den Einheimischen vertraut. Seit vielen Jahren blogge ich über Sardinien (falls es dich interessiert, hier die Entstehungsgeschichte).

Neugier macht es natürlich leicht, die Insel und ihre Bewohner kennenzulernen. Ihre Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit und Bodenständigkeit. Aber auch unterschwelligen bis offenen Rassismus, Homophobie, Missgunst und Rachsucht. Um nur die besten und die übelsten zu nennen.

Misch dich bei Festen unters Volk!
Misch dich bei Festen unters Volk!

Am besten aber lernst du die Leute und ihre Insel bei den Festen kennen. Und die besten Feste feiern sie … na, in der Nebensaison!

#4 Starte einen Selbstversuch im Inselalltag!

Wenn die Urlaubsinsel zum Alltag wird – ist sie dann noch schön? Das herauszufinden, hilft ein Testballon, ein Dry Run, eine Trockenübung – eben bevor du ins kalte Wasser springst. Das ist nicht zuviel für eine Lebensentscheidung. Nimm dir eine Auszeit, ein Sabbatical.

Und wenn das nicht geht: Nimm den Resturlaub des Vorjahres und den gesamten Urlaub des laufenden Jahres und fahre im Februar – März – April nach Sardinien, miete dir eine kleine Wohnung und dann stürze dich ins wirklich wahre Leben!

Versuche dann, im Alltag anzukommen. Geh nicht an den Strand. Geh nicht jeden Tag essen oder Prosecco schlürfen. Such dir Alltagsbeschäftigungen. Einen Mobilfunkvertrag finden, einen Brief oder ein Paket verschicken, einen kleinen Job suchen, sich an die Öffnungszeiten der Läden gewöhnen, mit all den anderen Normalos einkaufen, Dinge im Haus oder der Wohnung ausbessern, mit Handwerkern kommunizieren, Fußball gucken, Reifen wechseln, Kaffee in der Kanne auf dem Gasherd kochen … was man halt so macht im richtigen Leben.

Ein wenig lässt sich das vorfühlen. Viele Gemeinden freuen sich auch über freiwillige Helfer – einfach mal hingehen und fragen.

Für alle, die auf Sardinien einen Job oder Aufträge suchen, die Bitte: Versuche nicht, den Sarden immer zeigen zu wollen, wie man es besser macht. Im Zweifel arbeitet der Sarde vielleicht sogar besser als du – weil er weiß, wie er mit Leuten und Lieferanten umgehen muss. Und wie hier der Hase läuft.

Noch schlimmer ist: »In Deutschland machen wir das so …« Wenn du Pech hast, waren schon zehn andere vor dir da. Auswanderer gibt’s ja nicht erst seit 2018.

Der Sarde an sich hat ein dickes Fell, aber wenn du nicht einfach ein sensibler, weiser Mensch, sondern ein stronzo oder rompicoglioni bist, wäre es vielleicht doch besser gewesen, wenn du deinen alten Job in Deutschland behalten hättest …

Das Thema »Arbeiten auf Sardinien« ist aber insgesamt zu komplex, als dass ich hier mehr dazu sagen wollte.

Aber es ist ja eigentlich auch deine Aufgabe:

#5 Informiere dich und sei ehrlich zu dir selbst!

Auswandern nach Sardinien – dahin, wo man eigentlich nur Urlaub macht? Die Antwort darauf gibt dir vielleicht das Gänseblümchen: Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, … Ich lieb sie, ich lieb sie nicht, … Soll ich, soll ich nicht, …?

Eine leichte Entscheidung ist das nicht. Es lohnt sich auf jeden Fall, auch noch andere Quellen zu befragen und dabei auch durchaus kritisch mit sich selbst zu sein. Auch das ist ja alles themenabhängig und zu viel, um es hier auszubreiten.

Aber egal worüber: Informiere dich vorher und gründlich. Befrage auch italienischsprachige Quellen und die Einheimischen. Darum steht #1 – Italienisch lernen auch ganz vorne: Bei all dem ist extrem hilfreich, wenn du dich verständigen kannst.

Ob du nun ein Haus kaufen willst oder eine Mietwohnung suchst. Wenn du auf Sardinien leben und arbeiten willst, geh zur Comune deines Wahlortes und frag nach. Auch wenn du vielleicht noch mit einem Bein in deinem ehemaligen Heimatland stehen möchtest. Von Krankenversicherung über Schule bis Steuern gibt’s ne Menge Zeug zu klären.

Ist sie vielleicht deine neue Nachbarin?
Ist sie deine neue Nachbarin? Frag sie, wie der Hase hier im Ort läuft!

Frage Leute, die schon ausgewandert sind und ähnliche Fragestellungen zu bewältigen hatten. Für solche Anliegen ist Social Media extrem nützlich.

Wenn du alle Hürden kennst, sei ehrlich zu dir: Ob es dir wirklich gefällt. Ob du wirklich sardinienalltagstauglich bist.

Und dann … kurz bevor du die Wohnung und den Job kündigst, deine Habseligkeiten in einen Umzugswagen verfrachtest und deine Freunde zurück lässt, frage dich – frei nach Sesamstraße:

Wieso weshalb warum zum Geier will ich eigentlich weg? 🙂

16 Comments

  1. Boris

    9. Januar 2018 at 14:54

    Sehr schön geschrieben und vor allem nicht so verträumt wie andere. Bin seit 10 Jahren auf S. und kann jedem nicht Frührentner empfehlen, einen 3x besseren Businessplan als für Deutschland zu machen.
    Und…bitte versucht erst mal selber zurecht zu kommen bevor Ihr Hilfe ins leere schreit 😉

    Reply
  2. Michaela

    9. Januar 2018 at 18:53

    Wow und vielen Dank für die aufschlussreiche Darstellung…einfach Klasse!
    Werde dies alles weiter verfolgen …
    Gruss Michaela

    Reply
  3. Marco

    11. Januar 2018 at 10:02

    „per sempre“ – schätze ich.
    Als Halbsarde, der die Insel seit seiner Geburt zu jeder Jahreszeit bereist hat, habe ich mir natürlich auch schon oft die Frage gestellt, ob ich Lust hätte dorthin auszuwandern. Früher, ja, als ich noch jung war, also so vor 3-4 Jahren, da war mir klar, dass ich dort mein Leben verbringen möchte. Heute, mit 48, bin ich mir sicher, dass ich immer ein Bein hier in Deutschland lassen werde. Vielleicht wird es so sein dass ich mit der Rente einen größeren Teil meines Daseins auf der Insel verbringen werde. Wer weiß schon, was noch kommt.
    Deinen Beitrag, liebes Schaf, kann ich nur jedem wärmstens ans Herz legen, der tatsächlich mit dem Gedanken schwanger geht, auszuwandern. Vor allem sprachlich sollte man, wie Du es auch schreibst, halbwegs sattelfest sein – es erleichtert das Leben doch ungemein. Wie oft habe ich mich schon darüber geärgert, doch nicht alles verstanden zu haben und damit nicht immer so ganz dazuzugehören. Wobei mir meine Freunden und Bekannten entsprechendes nie vermittelt haben. Es kam eher von mir selbst. Vom Behördlichen möchte ich erst gar nicht anfangen 🙂
    Wie dem auch sei: Mal wieder ein toller Artikel mit einer, wie immer, sehr lesenswerten Schreibe. Vielen Dank dafür und beste Grüße aus Köln,
    Marco

    Reply
  4. Fleana Jaeger

    6. August 2018 at 19:07

    Das (be)schreibst du wirklich sehr gut! Das tiefes Gefühl vom Alltag fliehen zu wollen, durch all die verträumte Visionen der Insel bis zu einer bodenständige (aber nie entmutigend) Vorstellung der tägliche Realität.
    Wir (mein Mann, 2 Kinder und ich) machen dort Urlaub seit 3 Jahre, an der Südwestküste wo noch keine touristische Infrastruktur gibt, noch wird die Landschaft „verschönt“, wir mieten eine Wohnung bei Freunde (die dort wohnen und seit 6 Jahre aus Rom dort gezogen sind)… dort ist alles sehr wild, und das kochen, einkaufen, bist auf schleppwagen organisieren nach einer Platte Reife, wilde Strände suchen und sich über die reglementierten Naturschutzgebiete bei den Einwohnern zu erkunden, die pädiatrische notfallklinik mitten in der Nacht besuchen müssen haben wir alles erlebt… jedoch, waren wir Touristen, Besuchern der Hochsaison und nicht die italienischen Gesundheitssystem zugewiesen, Sonderbeitrag unserer Schweizer Krankenkasse… wir planen dort auszuwandern, ein langfristiges Projekt welches aber in maximal 2 Jahre anfangen muss. Wir haben Kontakte mit Heimischen Leute und auch mit aus der penisola eingewanderten… unser Vorteil im ganzem Prozedere ist, dass Italienisch meine Muttersprache ist (obwohl ich ein Schweizer pass habe) und meine beide Kinder die Sprache reden und verstehen… jedoch, war dein Text sehr hilfreich, löst einige intime Fragen die uns zwingen jenseits der initiale Begeisterung uns ernsthaft zu befragen… wir werden im kommendes Jahr in den zwischensaison hinreisen, aber trotz die Tatsache dass „Alltag doch überall Alltag ist“, bringt uns unser Herz dorthin…

    Reply
    • Mag

      1. April 2019 at 09:30

      Hallo Fleana,
      wow, Kompliment zu Eurem Projekt…
      Würdest Du mir Deine Emailadresse vielleicht geben?
      Wir sind auch eine Familie mit 2 Kleinkindern und wollen auch den großen Schritt wagen…
      Vielleicht können wir uns in der Vorbereitung austauschen?
      Viele Grüße,
      Mag

      Reply
  5. Tamara

    13. Januar 2020 at 08:53

    Gut.
    Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
    Auswandern ist schwer, nach Sardinien noch mehr…
    Wer blauäugig vom süßen Leben träumt, wird bitter enttäuscht sein.

    Leider lesen und verstehen gerade Diejenigen, die es betrifft, diese Zeilen eher nicht.
    In Foren sind es immer die gleichen 08/15-Zeilen „wer hat Infos?“. Man fragt, anstelle sich selbst zu informieren. Man will lieber einzeilige Tipps (mit Piktogramm), anstelle ein Buch lesen zu müssen.

    Manche Frühjahrs-Auswanderer sind schon nach 6 Monaten wieder im bruttosozialen Netz zurück. Wer im Herbst auswandert, oft schon früher…

    Ein Punkt fehlt oben:
    das Finanzielle!
    Egal ob vertraglich gesicherter Job oder gar eine Geschäftsidee (die meist gar nicht so gut ist). Man sollte für mindestens 12 Monate abgesichert sein. Besser für länger. Sonst wird das nichts…
    Denn mancher Arbeitgeber zahlt nicht pünktlich oder weniger als gedacht…

    Reply
  6. Marc Tomaszewski

    20. Januar 2020 at 21:37

    Wir überlegen einen Umzug nach Sardinien ab Renteneintritt. Italienisch klappt gut nach 7 Jahren Imperia und einigen CD-Kursen und Vokabellernen.

    Aber Eure Hinweise und Ratschläge sind sehr hilfreich. Für Land und Leute interessieren und mit den Leuten auf italienisch ins Gespräch kommen.

    Aber klimatisch ist Sardinien sicher angenehmer als Süddeutschland im Spätherbst und Winter (bin kein Skifahrer).

    Marc

    Reply
    • pecora nera

      21. Januar 2020 at 09:34

      Das freut mich 🙂
      Klimatisch ist jetzt die spannende Zeit … heute stürmt und regnet es, und es ist bei 11 Grad ziemlich kalt. Wenn man länger hier ist, dann relativiert sich der Vergleich mit der alten Heimat. Die nasse Kälte hängt in den Häusern – insofern ist auch wichtig, wo und wie du wohnst. Es gibt keine richtige „Wärmekultur“ auf Sardinien. Tatsächlich war für mich meine kuschlige Wohnung in Hamburg wärmer, als das Haus, in dem mein Freund lebt oder das B&B in dem ich zuletzt genächtigt habe. Aber da findet jeder seine Möglichkeit, sich zu wärmen … ich koche gerade Tee – auch nicht richtig sardisch, aber notwendig 😉

      Reply
  7. Siegfried Rauter

    2. Juli 2021 at 22:29

    Sehr intelligent und realistisch geschrieben. Danke für Deine Zusammenfassung. Ich bin am Auswandern interessiert und lese so manche Blogs. Derzeit tendiere ich für Paraguay, ist aber halt schon wirklich weit von Österreich und somit von meinem Sohn (26) und meiner Zwillingsschwester entfernt. 😂 Arbeit suchen bräuchte und will ich auch nicht mehr, ich zähle da zu den Egoisten 😂, die mal für den Rest des Lebens ans Leben denken. Für mich zählen andere Werte, als nach immer mehr zu streben. Mir genügt das einfachere Leben und halbwegs Freiheit zu haben. Mich hat es nie interessiert, bis 65 arbeiten zu gehen. Musste bei vielen Deiner sehr realistischen Darstellungen schmunzeln, perfekt geschrieben. Man liest raus, dass Dir zumindest klar ist, worauf Du Dich eingelassen hast. Der Mensch ist einfach der Mensch, man wird egal wo weder bessere noch schlechtere treffen. Bin nur der Meinung, dass der Stress und Druck durchs Streben nach MEHR Zentraleuropas Gift für die Entwicklung des Menschen ist.
    Danke für Deinen Beitrag. Einfach top und sicher sehr hilfreich für Interessenten. Lg Sigi aus Wien

    Reply
    • pecora nera

      3. Juli 2021 at 09:24

      Ganz lieben Dank für dein Feedback! Ich hab grad erst gestern wieder gedacht, wieviel Arbeit es eigentlich ist, sich auf einen anderen Kulturkreis einzulassen und wie sehr es einen als Mensch doch festigt und formt. Ich glaube das geht auch andersrum – also für das langsamere Grundtempo der Südländer ist ein bisschen mehr Streben sicher auch eine Bereicherung. Schön ist, wenn man seine eigene Mitte findet und das richtige Maß. Das geht hier wie dort. Ein bisschen Realismus ist fein, vielleicht ein kleiner Plan B und dann aber auch einfach mal loslegen und nicht zuviele Gedanken machen. Hauptsache machen – sonst ärgert man sich ewig, es nicht getan zu haben :))) Alles Gute für deinen Weg, wohin er dich auch führt!

      Reply
  8. Nicole

    4. Februar 2023 at 12:42

    Hallo, ganz toll geschrieben! Und wer nicht weis das Sonne Meer nicht aus dem Leben in Sardinien besteht , ist noch nicht erwachsen!
    Ich habe eher das Gefühl keine Information zu bekommen, eher eine Abschreckung, das Sardinien nicht ein Mallorca wird!
    Aber das wäre dann sehr richtig ✅
    Ich denke seit Drei Jahren darüber nach und genau deswegen bin ich wahrscheinlich noch in Deutschland!
    Lg Viel Erfolg an alle

    Reply
    • pecora nera

      5. Februar 2023 at 08:42

      Vielen Dank!

      Das mit „keine Informationen“ kann ich bestätigen. Beziehungsweise es gibt sie. Aber das ist an zwei Dinge gebunden:
      1. Sprache. Die relevanten Informationen sind in Italienisch. Auf viele Fragen, die so gestellt werden, findet man Wer nicht ansatzweise die Sprache spricht, um sich mit Behörden, Maklern oder sonstwem verständigen zu können, sollte vielleicht erstmal mehrere Sprachkurse machen, bevor es ans Auswandern geht.
      2. Vor-Ort-Sein. Selbst, wenn man im Internet allgemeine Informationen findet, dann sind sie vermutlich nicht vollständig (sind sie bei deutschen Behörden auch selten) oder von Comune zu Comune verschieden oder passen nicht zu dem speziellen Einzelfall. Da hilft wirklich nur, sich vor Ort schlau zu machen, Kontakte zu knüpfen und sich dann selbst ins Getümmel aus Behördengängen etc. werfen.
      Und erst dann weiß man, wie schön es wirklich ist und ob man sich das den Rest seines Lebens antun möchte 😉

      Alles Gute und nochmal danke für deinen Kommentar.

      Reply
  9. Robert Baumann

    15. Februar 2024 at 22:39

    Alles sehr treffend be/geschrieben. Was mir in einem der Posts aufgefallen ist, war das Wort „Wärmekultur“. Tatsächlich kennt man die wohlige, kuschlige Wärme die man in DACH hat, hier auf Sardinien nicht. Die Winter sind Sche…kalt. Ich wohne jetzt zwei Jahre hier (nähe Bosa) in einem kleinen Kaff. Im Winter mausetot und im Sommer nur tot. Passt aber für mich. Jedenfalls werde ich vor dem nächsten Winter eine vernünftige Heizung einbauen in meiner Hütte.
    Ich liebe die Italiener (speziell die Sarden), die Kultur, das Essen, der Wein und und und.
    Weniger erfreulich, der Strassenverkehr. Die pure Anarchie, jeder fährt, parkiert und tut was er lustig findet. Wer damit nicht umgehen kann hat hier wohl so seine Probleme. Da ich aber 5 Jahre in Thailand gelebt habe, beeindruckt mich das nicht so wahnsinnig. Habe mich daran gewöhnt, dass Sicherheitslinien nur Strassendekoration sind, Verkehrssignale als Zielscheiben „verbraucht“ werden und Fussgänger potentionelle Selbstmörder sind. Ist hier wie in Thailand, dort hat man aber x-mal mehr Verkehrstote…. So schlimm ist es hier also doch nicht. Wer genauer wissen will was Sache ist, liest die „www.l’unione sarda“. Gibt’s sogar mit deutscher (absolut lächerlicher Google) Übersetzung. Jeden Tag die neusten Unfälle, Sex and Crime and Rock’n’Roll.

    Reply
    • Nicole Raukamp

      16. Februar 2024 at 08:30

      Hallo und vielen Dank für deinen Kommentar! Ich finde ja, die anarchische Grundhaltung, wie du es beschreibst, ist nur oberflächlich. Das liegt liegt aber vielleicht auch daran, dass zerschossene Schilder, Raser und Wildparker eher auffallen, als die 95 % Prozent der Bevölkerung, die ganz ordentlich durch den Verkehr gondelt. Was aber nicht heißen soll, dass es nicht richtig und definitiv auffällig ist. Im Detail des täglichen Lebens ist da ein ziemlich großer Anteil an Leuten, die es sehr genau nehmen. Mein sardischer Freund (Handwerker) ist manchmal deutscher als ich … „pignolo“ 🙂 Ich lese übrigens lieber die Nuova Sardegna, das nur der Vollständigkeit halber. Aber so Provinzjournaillen nehmen sich ja nicht viel. War schon bei den Kieler Nachrichten so … 😉
      Hab noch eine gute Zeit in / bei Bosa!

      Reply
  10. Thilo

    21. Februar 2024 at 13:08

    Wunderbarer Artikel, herzlichen Dank! Im Grunde jedoch mit einer gewissen Allgemeingültigkeit, oder?

    Wie dem auch sei, ich plane in diesem Jahr einen ersten Langzeitaufenthalt auf dieser scheinbar ganz normalen Insel. 😉 Da ich erst Ende April ankommen kann, jetzt jedoch bereits Ende Februar ist, konzentriere ich mich zunächst auf die empfohlenen #3 und #4 – ja, ich weiß.

    Mein komplettes Leben in D aufzugeben bin ich jedoch sowieso (noch?) nicht bereit. Sehe mich eher als Dauergast, der die Menschen und Ihre Kultur intimer kennenlernen und gleichzeitig den Stressfaktoren daheim eine Zeit lang entkommen möchte. Sozusagen eine persönliche Langzeit-Reha. Aber auch dafür sind die Tipps auf Deiner Seite sehr hilfreich.

    So werde ich dann das Oldtimer-Wohnmobil wieder einmal Richtung Süden kutschieren. Und wer weiß, vielleicht benötigt diese „Perle“ anschließend zumindest ein Winterquartier, um 2025 dann den empfohlenen Hinweisen #1 und #2 zu frönen . 🙂

    Reply
    • Nicole Raukamp

      21. Februar 2024 at 14:54

      Hallo Thilo! Allgemein gültig natürlich – aus einer sardischen Brille betrachtet. Ich kann in vielen Fragen auch gar nicht viel spezielles sagen (Beispiel: Schule, da ich keine Kinder habe). Und außerdem kommt es wirklich immer immer immer auf den Einzelfall und die Ausgangssituation an. Da muss im Zweifel zwischen Behörden, Beruf und Privatleben auch jede/r den eigenen Weg finden 🙂

      Ich wünsche dir auf jeden Fall für deine „Langzeit-Reha“ 😁 unfassbar eine gute Zeit auf der Insel und gute Erholung von all dem, wovon du dich erholen willst!

      Reply

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